Gun Bros

(Artikel)
Haris Odobašic, 18. Juli 2012

Gun Bros

Waffenparty, Brüder!

Es ist irgendwann in der Zukunft und T.O.O.L., die Tyrannical Oppressors of Life, drohen das ganze Universum zu versklaven. Die einzige Hoffnung? Die Organisation F.R.A.G.G.E.D., kurz für Freakishly Rugged Advanced Genetics Galactic Enforcement Division, die darin spezialisiert ist, übermenschliche Agenten zu erschaffen und sie in den Kampf gegen T.O.O.L. zu schicken. Ihr schlüpft in die Rolle... ich kann das nicht mehr. Ich kann nicht so tun, wie als wenn Gun Bros eine Story hätte. Machen wir's kurz: es ist genau wie im ersten Gears of War. Ihr seid fette, muskelbepackte Waffennarren und schießt auf eurem Handy/Tablet auf alles, was sich bewegt.

Die Aufmachung ist dabei bewusst jingoistisch gehalten. Weibliche Charaktere lassen sich nur auf Ladebildschirmen blicken, wo sie meist unrealistische Körperproportionen und für den Krieg ungeeignete Kleidungswahl zur Schau stellen. Dafür packt das Spiel hier und dort Militärbegriffe in die Beschreibungen und versucht sich immer wieder an etwas, was wohl bei derzeitiger Verdummungsrate der Menschheit in der fernen Zukunft, in der Gun Bros spielt, wohl wirklich als Humor durchgehen dürfte. Was es über die Intelligenz des Autors aussagt, dass er bei der Beschreibung der Kamikazes -- Selbstmordattentäter, die "durch einen Helm, der romantische Komödien mit starken weiblichen Hauptcharakteren in der Dauerschleife zeigt, in den Wahnsinn getrieben wurden" - selbst ziemlich schmunzeln musste, darf jeder Leser für sich entscheiden.

Macht ihr euch schließlich auf, einen der Planeten im Spiel zu erforschen, erwartet euch handelsübliche Shooter-Kost. Die linke und rechte Ecke eures Smartphones/Tablets fungiert als virtueller Analogstick und mit links bewegt ihr euren Charakter, während der rechte Stick die Richtung bestimmt, in die ihr feuert. Zwischendrin habt ihr auch die Möglichkeit Items wie Health Packs oder Granaten zu kaufen, die per Druck auf Buttons über den Sticks eingesetzt werden können.
Eure Feinde, die von stinknormalen Zombies über Spinnenroboter bis hin zu riesigen Muskelbergen mit Raketenwerfern reichen, greifen euch dabei in Wellen an. Nach jeder Welle wird automatisch gespeichert und wenn ihr endlich sterbt, erhaltet ihr Erfahrungspunkte für euren Charakter, der mit jedem Level-Up mehr Lebensenergie kriegt, und eure Waffe, die dadurch beispielsweise schneller schießt oder kritische Treffer verursacht. Außerdem gibt es noch Xplodium, die Währung des Spiels.

Diese könnt ihr im Store einsetzen, um neue Waffen zu kaufen. Dabei gibt es gut und gerne an die 100 Schießeisen in unterschiedlichen Kategorien, von gewöhnlichen Gewehren bis hin zu Wummen, die Schüsse in mehrere Richtungen abfeuern können. Außerdem könnt ihr auch euren Charakter einkleiden, wobei das nicht nur einen optischen Effekt hat, sondern auch die Angriffs-, Verteidigungs- und Geschwindigkeitswerte eures Bros positiv oder negativ beeinflussen kann. Doch für manche Items wird alles Xplodium auf der Welt nicht ausreichen und Gun Bros wäre kein Freemium-Spiel ohne eine Form von Micro-Transactions. Gewisse Items lassen sich nur mit War Bucks erwerben und di erhält man natürlich bequem im Austausch für Euro.

Dabei ist Gun Bros. aber überraschend fair zum Spieler: die War Bucks erhält man nicht nur für eine monetäre Gegenleistung. Ist man ein besonders treuer Spieler oder spielt mit aktiven Freunden zusammen, kriegt man die Moneten nämlich auch immer mal wieder zugeschoben. Das ist dann zwar zeitaufwändiger, aber kein Fitzelchen Spielinhalt wird euch verwehrt bleiben, weil ihr nicht bereit seid, Geld zu investieren. Selbst die allerbeste Waffe im Spiel, The Kraken, die euch in realen Talern gerade mal mehrere hundert Euro kostet, kann so mit viel Geduld und täglichem Spielen erworben werden. Das war bei manch anderen Freemium-Titeln von Glu Mobile, wie Bug Village, noch anders.

Positiv fällt auf, dass die Planeten nicht nur optische Unterschiede bieten, sondern euch auch jeweils andere Gegner vor die Füße knallen und die jeweiligen Umgebungen ihre Eigenheiten haben. Auf einem Himmelskörper sind beispielsweise rote Fässer verstreut die, selbstverständlich, bei Beschuss explodieren, auf einem anderen kann man alle paar Wellen eine Selbstschussanlage aktivieren, die euch unterstützt. Teilweise wird sogar das Spielprinzip je nach Planet leicht abgeändert. Außerdem kommen durch kostenlose Updates regelmäßig neue Level hinzu, was das Spiel auch mit den vielen unerforschten Planeten, die im Hintergrund nur darauf warten endlich freigeschaltet zu werden, deutlich macht.

Was aber Gun Bros ausmacht, ist der asynchrone Coop-Modus. Ihr seid nämlich immer zu zweit unterwegs, euer eigener Bro und ein anderer, der vom Computer gesteuert wird. Dieser zweite Bro kann dabei von euch selbst aus den Charakteren eurer Freunde ausgesucht werden, was nicht nur den Vorteil hat, dass dieser in der Regel etwas besser ausgestattet sein wird als der Standard-Bro, sondern bringt auch noch dem Besitzer Extra-Erfahrungspunkte. Genauso profitiert ihr davon, wenn ihr mal nicht spielt, aber eure Freunde im Coop euren Charakter dabei haben.
Passend zu diesem Ansatz gibt es im Spiel auch Herausforderungen, die Belohnungen bringen. Löst ihr als einziger diese Aufgabe, ist euer Lohn mickrig, aber schaffen auch eure Freunde diese täglich wechselnden Missionen, gibt es bessere Items oder manchmal sogar War Bucks.

Proportional zur Bildschirmgröße ist die Qualität der Steuerung. Mit kleineren Durchmessern könnt ihr euch darauf einstellen, dass euer Charakter erst langsam, dann schnell und dann gar nicht mehr läuft, weil euer Daumen mal wieder zu weit gerutscht ist, während das bei einer angemessenen Diagonale nur noch selten passiert. Doch selbst in den Momenten, in denen die Steuerung perfekt funktioniert, schafft es Gun Bros nie euch so in den Bann zu ziehen wie beispielsweise ein Geometry Wars, bei dem ja der Flow-Effekt mit schöner Regelmäßigkeit auftritt, insbesondere wenn ihr einen Feind nach dem anderen um Pixelbreite ausweicht und das Adrenalin nur so pumpt. Am Ende fehlt einfach das direkte, haptische Feedback, das Smartphones nicht in dem nötigen Maße bieten können.

Unterschiede zeigen die Versionen für die drei großen Mobilplattformen nur in sehr geringem Maße. Die WP7-Version hat allgemein ein paar Features weniger -- ein Planet fehlt, zudem der Echtzeit-Multiplayer -- bietet dafür aber Achievements und Xbox-Live-Integration. Android und iOS-Variante ähneln sich hingegen wie ein Ei dem anderen, letztere hat aber durch Voice-Chat übers Game Center hauchfein die Nase vorn.

Wenn ihr militante Smartphone-Gaming-Hasser seid, liefert euch Gun Bros alle Munition, die ihr braucht, um das Zocken auf dem Handy ins Nirvana zu pusten. Es ist gut, es macht Spaß, es bietet einige lustige Ideen und es steuert sich grütziger als Ego-Shooter auf dem Nintendo 64. Könnt ihr aber damit leben, dass ihr gelegentliche Frustmomente haben werdet, ist Gun Bros definitiv einen Download wert. Als kostenloser Zeitvertreib erfüllt es seine Aufgabe mit Bravour, motiviert durch den Community-Aspekt immer wieder zum Anschmeißen und wird dank regelmäßigen Updates von Glu Mobile immer wieder frisch gehalten. Also packt euren Androiden, angebissenen Apfel oder Windows-3.1-Fernsprecher aus und wagt euch -- bitte nur im WLAN, das Spiel ist mehrere hundert MB groß -- in die Welt der Waffenbrüder. Evil

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