Metal Gear Solid HD Collection

(Artikel)
Rian Voß, 31. Mai 2012

Metal Gear Solid HD Collection

Snake? Snake?! SNAAAAKE!

Collections sind ganz groß im Kommen. Für manche stellt das die reinste Form von purer Geldmacherei dar, schlimmer noch als das jährliche Fußballspiel, aber da mir aufgrund meines inzwischen fast abgeklungenen Sony-Hasses (Dreamcast forever!) gerade viele Klassiker der PS2-Ära durch die Lappen gegangen sind und ich Nachholbedarf empfinde, kommen mir die Bündel mit Anti-Augenkrebs-Update, wie etwa die Silent Hill Collection, gerade recht. Oder eben die Metal Gear Solid HD Collection.

Während die Silent Hill Collection mit nur zwei von vier möglichen Haupteinträgen der Serie ziemlich knausrig bleibt, ist die MGS-Collection schon großzügiger: Metal Gear Solid 2, Metal Gear Solid 3 und Metal Gear Solid: Peace Walker finden hier ihren Platz, die ersten beiden natürlich in den erweiterten Versionen namens Substance, respektive Subsistence mit all ihren Bonus-Features und Zusatzmissionen. Gerade MGS2: Substance lädt wegen des enorm großen Virtual-Mission-Angebot zu wochenlanger Rückkehr ein und das einst für die PSP exklusive Peace Walker lockt mit Online-Ko-Op und -Versus.
Da wir bislang über noch kein Review zu irgendeinem der Spiele der Serie verfügen, abgesehen vom kürzlich erst verschlungenen MGS3, werde ich ein bisschen mehr ins Detail gehen als es die Collection wohl erfordern würde, aber vorher noch ein paar allgemeine Dinge, die auf alle Titel zutreffen: Bei der Collection handelt es sich natürlich nur um ein Grafik-Update und kein Quasi-Remake wie seinerzeit Metal Gear Solid: Twin Snakes. Das ändert trotzdem nicht, dass alle drei Spiele, die für eine Plattform mit grafischem Niveau unter der alten Xbox entwickelt worden sind, den Sprung ins HD-Gefilde gelungen hinter sich gebracht haben. Scharfe Ecken und Kanten bleiben bestehen, aber die Textur-Kur hat den Spielen gut getan. Selbst von Peace Walker ist mein optischer Anspruch nicht gestorben.


Ansonsten gibt es aber leider keine Neuerungen - wer die drei Titel schon besitzt, der sollte stark überlegen, ob er für die höhere Auflösung und 2000 Gamerscore (Achievements auf der Xbox 360 werden in MGS2/MGS3 und Peace Walker aufgesplittet) tatsächlich noch einmal das Geld für einen Vollpreistitel berappen möchte. Wer aber, wie ich, zwei Drittel der Collection noch nie im Leben angefasst hat und Erfahrungslücken nachholen möchte, der findet hier genau das, was er erwartet - nicht mehr und nicht weniger. Okay, ein bisschen weniger: In der japanischen Version fehlt Peace Walker, dafür liegt ein Download-Code für den ersten Teil bei. Es wäre wirklich schön gewesen, wenn die Sammlung, Metal Gear Solid 4 verständlicherweise ausgenommen, irgendwo auf der Welt komplett gewesen wäre.


Metal Gear Solid 2
Die langersehnte Weiterführung des in höchsten Tönen gelobten Schleich-Spiels auf Shadow Moses - und wahrscheinlich auch der Titel, den ich am meisten in meinem Leben gespielt habe. Viele Markenzeichen, wie etwa die endlangen, cineastischen, epischen Cutscenes, die Musik und eine verwirrende Geschichte voller Verrat und Intrigen, finden hier ihren Anfang. Metal Gear Solid 2 wollte so sein wie der erste, nur besser, schneller, härter: Viel Variation zum Serien-Debüt ließ sich nicht finden, dafür wurden Emotionen aufgeladen mit Fortunes ungewollter Unsterblichkeit, Vamps unglaublich nerviger Unsterblichkeit, Olgas entführtem Baby und der Rückkehr von Liquid Snake.
Der einzige Dorn im Auge der Fans war der Wechsel des Hauptcharakters nach dem kurzen Anfangskapitel: den Einstand des weinerlichen Milchbubis Raiden, der sich über Codec ständig was von seiner Freundin Rose anhören muss, nehmen viele Hideo Kojima selbst nach fast schon lächerlich erzwungener Coolifizierung durch Ninjaisierung in MGS4 immer noch übel.

Und selbst wenn hier schon der Grundstein dafür gesetzt wurde, dem Spieler immer mehr Gameplay wegzunehmen und durch Dialoge zu ersetzen, so macht das Herumlaufen und -sneaken im sterilen Plant-Kapitel, wo ein neuer Metal-Gear-Typ entwickelt wird, doch sehr viel Spaß und enttäuscht gerade während der Bosskämpfe nicht.


Metal Gear Solid: Peace Walker
Peace Walker dagegen ist ein sehr untypischer Schritt in der Serie, insofern dass die Sequenzen tatsächlich einmal dem Gameplay weichen müssen. Da hatte Hideo wohl gerade Urlaub. Das Spiel spinnt die Geschichte von Big Boss kurz nach Metal Gear Solid 3 weiter: Snake hat genug von Regierungen und gründet mit seinem Kumpel Miller die Soldaten Ohne Grenzen (Militaires Sans Frontières, MSF). Was im Deutschen fast nach Barrikadenfreiheit für Behinderte beim Militär klingt, bezeichnet aber in Wirklichkeit eine Söldnerorganisation, die ihre Basis auf einer Ölbohrinsel irgendwo in internationalen Gewässern hat. Das MSF wird angeheuert, um in Südamerika das CIA zu vertreiben, welches da offensichtlich nicht hingehört. Schnell stellt sich aber heraus, dass sich da nicht nur amerikanische Agenten, sondern auch gleich ein paar Atombomben tummeln. Und wo Atombomben sind, da ist auch ein Metal-Gear-Prototyp nicht weit.


Trotz Steuerung auf Basis des einen PSP-Analogknüppels spielt sich Peace Walker sehr angenehm und stellt eine echte Verbesserung zu den überladenen Controllerbelegungen der "großen Brüder" dar - wenn man mit seiner Waffe zielt, gibt es sogar eine echte Shooter-Steuerung! Nichtsdestotrotz gibt es in den vielen Missionen, die die Hauptgeschichte in mundgerechte Häppchen unterteilt, viele Momente, in denen man sich fragt, warum das oder dieses jetzt anders ist als früher. Einerseits hat Snake etwa endlich mal das geduckte Laufen gelernt. Super! Andererseits kann er nicht mehr über den Boden kriechen. Nicht so doll. Am schwersten wiegt noch die Kontrolle, wenn man den ruppigen Commando gegen eine Wand lehnt: Einerseits ist es toll, dass man das jetzt auf Knopfdruck auslösen kann, so dass man nicht wie doof immer dieselbe Richtungstaste durchzudrücken hat, andererseits kann Snake sich an der Wand null in irgendeine Richtung bewegen, dadurch auch nicht mehr wirklich um Ecken spähen und der Scout-Button, mit dem man herumstreifende Soldaten automatisch ausmachen soll, ist auch nur ein hakeliger Ersatz.

Ansonsten gibt es einige nette Ideen, die das Spiel originell machen - so wird das Radar durch einen ständig aktiven Soundempfänger ersetzt. Dieser wirkte auf mich erst mal ziemlich nutzlos, aber mit der Zeit lernt man, die kleinen Schwingungen in den Randbereichen des kreisrunden Feldes zu interpretieren und kann so tatsächlich intuitiver Soldaten entgehen als noch bei MGS3. Eine anderes, schönes Feature ist das Fulton-System - damit kann man bewusstlose Feinde oder Kriegsgefangene per Ballon einfach in die Luft befördern und per Helikopter zur Basis zurücktransportieren lassen. Dies dient der Verstärkung der eigenen Streitkräfte, um etwa an Geld für Waffenentwicklung zu kommen, andererseits ist das eine schöne Lösung für die Momente, in denen man sich fragt: Wohin mit dem Kadaver? Ballon dran, schwupp, ab in die Atmosphäre! Aus den Augen, aus dem Sinn! Und mit seinen Rekruten kann man dann auch wie bei aktuellen Fußballspielen mit anderen Spielern handeln und tauschen.

Peace Walker unterstützt neben einer unterhaltsamen Singleplayer-Kampagne und einigen Zusatzmissionen die Gelegenheit zum Ko-Op- und Versus-Spiel. Ich würde wirklich gerne darauf eingehen, weil ich hörte, dass beide sehr gelungen sein sollen, aber leider scheint schon wenige Wochen nach dem Release der Collection auf der Xbox 360 niemand dieses Spiel online zu spielen, sodass mir ein Ausprobieren leider verwehrt blieb. Die beste Methode, mit jemandem Missionen zusammen zu bestehen, ist wohl einen Freund dazu zu nötigen, es sich ebenfalls zu besorgen.

Und da habt ihr's: Drei gute Spiele zum Preis von einem. Ich frage mich nur, wer nun direkt die Zielgruppe stellen soll, denn Neulinge werden durch das Fehlen des ersten Teils wohl doch ein wenig abgeschreckt und die MGS-Veteranen werden doch schon den Großteil der Serie besitzen. Andererseits habe ich mir das Ding ja auch gekauft. Nun ja. Rian

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