The Walking Dead

(Artikel)
Benjamin Strobel, 17. Mai 2012

The Walking Dead

Das Point-and-Click-Action-Spiel

In der Masse zahlreicher Zombie-Produkte sticht die Comic-Reihe The Walking Dead als besonders erfolgreich und beliebt hervor. Über die letzten beiden Jahre brachte der US-Fernsehsender AMC sogar zwei Staffeln einer Serienumsetzung hervor - eine Dritte wurde bereits angekündigt. Zuletzt brachte die Serie jedoch Unruhe unter selbst die geduldigen Fans: die Story kommt einfach nicht voran. Da haben wir wirklich Glück, dass das The Walking Dead: The Game auf dem Comic und nicht der Serie basiert.

Telltales Mischung aus Point & Click-Adventure und Action-Spiel wird in fünf Episoden erzählt. Wir kennen diese Herangehensweise bereits von Telltales Back to the Future, aber auch von Segas Sonic the Hedgehog 4. Während Sonic-Fans aber lange auf den kürzlichen Release von Episode 2 warten mussten, ist man bei Telltale Games deutlich zuverlässiger. Zudem muss man sagen, dass sich dieses Format wirklich anzubieten scheint, da Comic wie Serie ja ebenfalls als regelmäßige Häppchen erscheinen. Ein großer Unterschied zur Vorlage ist aber die Truppe von Überlebenden und ihre Geschichte: Die Ereignisse des Spiels laufen parallel zur Main-Story des The Walking Dead-Universum und drehen um sich um Lee, der als schuldiger oder unschuldiger Mörder (man weiß es nicht!) im Polizeiwagen aus Atlanta eskortiert wird. Genau dann kommt es zum Ausbruch der Zombie-Apokalypse, die für ihn zur Freikarte aus dem Gefängnis wird. Schnell lernt Lee die Erstklässlerin Clementine kennen, die er rettet, beschützt und mit sich nimmt.

Als Adventure ist das Walking Dead-Spiel alles andere als das übliche Gemetzel. Es ist sehr storylastig und durch die vielen Dialoge bestimmt sich auch die Spieler-Zielgruppe: Wer blind zugreift und einen Shooter erwartet, wird enttäuscht sein; wer aber eine gute Erzählung und Atmosphäre zu schätzen weiß, wird sich in die erste Episode von The Walking Dead schnell verlieben.


Dabei lässt sich das Spiel schwer in ein einzelnes Genre zwängen. Man möchte die Point & Click-Schublade nach unten bis zum Action-Schuber durchbrechen und schreien: so ist es schon viel besser! Obwohl es völlig in das Gewand des Adventures gekleidet ist, bricht es an vielen Stellen mit seiner Geburtsgattung und traut sich überraschend weit in andere Gebiete.
Wie bei den allermeisten Adventures steuert ihr einen Cursor über das Bild. Diesen benutzt man dann, um mit Objekten und Personen zu interagieren, um mit ihnen zu reden oder einen neuen Raum zu betreten. Das ist bei The Walking Dead nicht anders. Zusätzlich kann man in den meisten Szenen auch Lee selbst steuern - aber nur über vorgesehene Pfade. Man ist also völlig im Adventure-Modus, WENN PLÖTZLICH EIN ZOMBIE AUS DEM BUSCH SPRINGT. JUMP, GIPSY, JUMP! PRESS A, PRESS A!. In solchen Momenten wechselt die Pespektive häufig in die Ego-Ansicht und das Spiel braucht keinen Balken, um einem zu sagen, dass man sich beeilen muss. Schnell, schau dich nach einer Waffe um! Mit dem richtigen Instrument kann man sich dann zu Wehr setzen. Gut auf den Kopf zielen! Mit Präzision und Geschwindigkeit, wie man sie sonst nur in Shootern braucht, muss man einen Zombie schließlich erschießen. An Blut haben Telltale Games nicht gespart - das wäre für dieses Szenario auch nicht gut gewesen. Da das Spiel im Comic-Look daherkommt, brauchen sich auch deutsche Spieler keine Sorgen machen: USK 18, aber kein Schnitt und auch kein Eintrag auf dem Index.


Schade: Einmal gehörte Dialoge lassen sich nicht überspringen.
Beeindruckend daran ist, dass einem die Action-Szenen nicht einmal unangemessen erscheinen. Sie fügen sich in das Szenario perfekt ein und schaffen es, den Spieler von jetzt auf gleich mit Adrenalin zu versorgen. Im nächsten Moment findet man sich schon wieder inmitten streitender und fluchender Charaktere wieder (und fragt sich, ob es bei den Zombies nicht netter war). Das apokalyptische Szenario öffnet Tor und Pforten für die üblichen Sorgen: Woher kommen diese Leute? Wem kann ich trauen? Und: verdammt, du wurdest gebissen, wir müssen dich erschießen! Die zahlreichen Figuren des Spiels liefern sich gerne mal einen hitzigen Schlagabtausch darüber, was jetzt gut ist und was man wohl tun sollte oder auch nicht. Mittendrin sitzt man als Spieler und muss immer wieder unter Zeitdruck Entscheidungen treffen. Dabei kann es darum gehen, ob man jemandem die Wahrheit sagt, auf wessen Seite man sich schlägt oder wen man rettet und wen man sterben lässt. Die hervorragenden Sprecher tragen einen guten Teil dazu bei, dass man die Dialoge so dynamisch und real wahrnimmt. Und ehe man sich versieht klopft wieder ein Zombie an die Scheibe. So schafft das Spiel es, eine gelungene Abwechslung aus ruhigen und hastigen Abschnitten zu bieten. Einzig die Rätsel-Komponente kommt etwas zu kurz; hier und da muss man das richtige Objekt in der Tasche haben, aber so arg ins Grübeln kommt man nicht. Und ich verstehe, wenn Adventure-Fans sich jetzt eine kleine Träne wegdrücken müssen - unterm Strich ist das aber Kritik auf hohem Niveau. Das Spiel ist hervorragend so wie es ist und macht sehr gut, was es macht.


Nettes Gimmick: Am Ende der Episode kann man sehen, welcher Anteil der Spieler dieselben Entscheidungen getroffen hat wie man selbst und wie viele sich anders entschieden haben.
Seine Entscheidungen im Spiel sollte man keinesfalls unterschätzen. Allein in der ersten Episode muss man sich zweimal zwischen Menschenleben entscheiden, lügen oder die Wahrheit sprechen und sich überlegen, wem man traut und wem man die Stirn bietet. Das Spiel hat es geschafft, mich ernsthaft an den Entwicklungen teilhaben zu lassen. Einmal log ich und hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Hoffentlich kommt es nicht heraus. Was soll Clementine von mir denken? Und wenn man einen Charakter sterben lässt, um einen anderen zu retten, spürt man das Dilemma - wie man es macht, ist es falsch. Über die drei Stunden Spielzeit der ersten Episode gewinnt man jedoch zunehmend an Identifikation mit seinen Handlungen und bildet seine persönliche Bindung an die Geschichte und Charaktere aus. Es bleibt nur immer die Frage: Was, wenn meine Lügen herauskommen? Was, wenn ich den falschen Leuten traue? Da sich die Konsequenzen durch alle fünf Episoden ziehen werden, wird das wohl auch einen hohen Wiederspielwert mit sich bringen.

The Walking Dead: The Game legt mit Episode 1 einen guten Start hin. Die Steuerung ist einfach und auch auf der Konsole sehr präzise. Die Synchronsprecher hauchen den Charakteren eine wahre Seele ein und unterhalten den Spieler mit guten Dialogen. Dieses untypische Adventure wird sowohl Freunde des Genres als auch alle anderen mit Abwechslung und emotionaler Tiefe begeistern. Nex

Auf dem PC und Mac erhält man die komplette Staffel für 24,99 Euro. Auf der PS3 gibt es den Season Pass sogar für 19,99 Euro, während einzelne Episoden für einen Fünfer angeboten werden. Für die Xbox 360 werden nur die Einzel-Downloads angeboten, hier berechnet man 400 Punkte pro Episode.

Kommentare

Rian
30. Dezember 2012 um 07:12 Uhr (#1)
Mit The Walking Dead wurde die Gut-/Böse-Leiste aus Bioware- und anderen Spielen endlich als die unbeholfene Metagame-Komponente vorgeführt, die sie ist; hier zeigen sich alle unsere Entscheidungen nicht daran, wie rot oder blau unser Status ist, sondern sind ausschließlich von dem Gedanken geprägt, was Clementine von uns hält und was wir ihr mit auf den Weg geben wollen. Auf diese Weise sind auch die unscheinbareren Entscheidungen für uns als Spieler nicht konsequenzenlos oder werden nur später mit einem Gastauftritt und einem "Hey, übrigens danke, dass du X getan hast" belohnt, sondern haben sofort und nachhaltig einen wichtigen Effekt - nicht nur auf die wichtigste Figur des Spiels, sondern auch auf uns selbst.
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25. April 2012
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Plattform - Apples Betriebssystem für Mobilgeräte.
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OUYA
Plattform - Durch Crowdfunding finanzierte Open-Source-Konsole mit Android-Betriebssystem. Ihr Herz schlägt mit einem Tegra 3 T33 Quad-Core und einer NVIDIA ULP GeForce GPU. Sie kommt mit 8GB internem Flash-Speicher und einem Wireless-Controller. Schnittstellen: HDMI, Wi-Fi (802.11 b/g/n), Bluetooth (LE 4.0), Ethernet-Port, USB-2.0-Port. Der Verkauftstart ist für den 25. Juni 2013 geplant.
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Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
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Playstation 4
Plattform - Die Playstation 4 (PS4) von Sony ist eine Spielkonsole der 8. Generation. Sie erschien am 29. November 2013 europaweit als Nachfolger der Playstation 3.
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