Ys Chronicles

(Artikel)
Haris Odobašic, 09. Mai 2012

Ys Chronicles

Frühe Zelda-Konkurrenz im Doppelpack

Das erste Zelda für den NES: legendär. Als einer der ersten richtigen kommerziellen Erfolge für Nintendos Heimkonsole, war es klar, dass das Konzept so manch einen Nachahmer anlocken würde. Damals wie heute funktioniert die Spielebranche, wenn es um finanzielle Erfolge geht, überraschend simpel. Doch während man von den meisten der Zelda-Klone heutzutage nicht mehr viel hören sollte, schaffte es eine Reihe sich seine eigene Nische im Action-Adventure-Genre zu finden und in gewissen Aspekten Nintendos Vorzeigeserie sogar zu übertreffen. Die Rede ist natürlich von Ys. Knapp ein Jahr nach Zelda feierte die Reihe um Rotschopf Adol Christin ihr Debüt auf einer Vielzahl von Plattformen ehe schon ein Jahr später gleich ein zweiter Teil folgte. Der Grund für den frühen Erfolg lässt sich dabei leicht identifizieren, denn die Entwickler trauten sich, ein eigentlich integral erscheinendes Element aus dem Gameplay wegzurationalisieren: den Schlagknopf.

Was im ersten Moment vollkommen absurd erscheint, funktioniert in der Praxis hervorragend. Um die Feinde mit Adols Schwert zu schädigen, muss man, ganz konträr zum üblichen Zocker-Reflex, direkt in sie reinstürmen. Hier entscheiden dann Pixel: trefft ihr genau mittig auf das Monster, werdet ihr verletzt, trefft ihr sie ein bisschen nach links oder rechts versetzt, teilt ihr Schaden aus. Im Verlaufe des Spiels werden eure Gegner agiler, was es dementsprechend schwerer macht, sie richtig zu treffen. Ys-typisch sind die Bosse noch mal eine Klasse für sich, die meist eine ganz eigene Strategie erfordern und euch das Allerletzte abfordern werden.

Aber auch sonst zählt Ys I zu den Spielen der härteren Sorte. Ganz wie man es aus den 80ern gewohnt ist, wird der Spieler auch im Remake nicht an die Hand genommen. Besonders ersichtlich ist dies in den labyrinthartige Dungeons, wie beispielsweise der mächtige Darm Tower, der durch seine schier unendliche Länge sowie bräunlich-grüne Farbgebung in der Originalversion suggestiert, dass die Entwickler genau wussten, was der Name bedeutet. Mit seinen gut 25 Stockwerke und verwirrenden Wegen, über die ihr oder Übersichtskarte den Überblick behalten sollt, dürftem selbst die härtesten Klosettgamer schnell an ihre Ausdauergrenzen stoßen und resigniert beschließen, dass man Ys nicht in einer Sitzung durchspielen kann. Im zweiten Teil wird das dann noch eine Spur schlimmer, da schäme ich mich auch nicht zuzugeben, dass ich ein paar Mal in den Walkthrough schauen musste, um herauszufinden, wo ich jetzt überhaupt hingehen soll.

Doch das ist nicht alles, was die zwei Spiele teilen. Storymäßig gehören sie direkt zusammen. In Ys I, bzw. "Ancient Ys Vanished", wie es auch manchmal genannt wird, landet Adol auf der Suche nach dem verschollenen Land Ys auf einer Insel, während der zweite Teil direkt ansetzt, nachdem Adol das Mysterium um das Verschwinden aufgeklärt hat.

Wie man es aber erwarten würde, ist Ys II in eigentlich allen Aspekten seinem Vorgänger überlegen. Nicht nur das Gameplay wurde etwas verfeinert dadurch, dass man nun ein paar Zaubersprüche zur Verfügung hat und nicht mehr nur darauf angewiesen ist, präzise in die Feinde reinzulaufen -- auch der Anspruch der Rätsel wurde etwas hochgeschraubt. Folgt Ys I noch dem etwas sehr langweiligen Muster, dass man einen Gegenstand kriegt, diesen irgendwann später an einer wichtigen Stelle benutzen muss und ihn danach vergessen kann, haben solche Items in Ys II generell ein etwas längeres Haltbarkeitsdatum und kommen öfter zum Einsatz. So erhaltet ihr beispielsweise im zweiten Teil Ohrringe, die es euch ermöglichen, auch leiseste Geräusche wahrzunehmen, was im Spiel immer mal wieder nützlich ist.

Und ein besonders cooles Feature im zweiten Ys ist, dass ihr euch im späteren Verlauf sogar in einen putzigen Dämon verwandeln könnt. Als solcher seid ihr zwar nicht in der Lage zu kämpfen, aber die zahlreichen Monster greifen euch auch nicht an. Stattdessen könnt ihr euch mit ihnen unterhalten, was manchmal lustig ist, wenn ihr hört wie sie über Adol reden, oder euch von ihnen Tipps geben lassen, die im späteren Verlauf für den Spielfortschritt schließlich unerlässlich ist.

Das JDK Sound Team, die Hausband von Falcom, spielt nicht nur regelmäßig Konzerte mit Ys-Musik, sondern versucht sich auch sonst gerne als Pseudo-Rockstar-Truppe, wie in diesem Musikvideo.
Auch wenn der Doppelpack die Anfänge der Ys-Serie präsentiert und so manches Element unausgegoren wirkt -- über alle Zweifel erhaben ist die Musik. Wie schon in Oath in Felghana haben die Entwickler gleich mehrere Varianten des Soundtracks reingepackt, damit man die zeitlosen Melodien entweder in ihrer piepsigen 8-Bit-Blüte oder in etwas zeitgemäßeren Varianten mit ordentlicher Instrumentalisierung genießen kann.

Ys I ist ein Appetitanreger. Ys II ein echter Klassiker des Genres. Beide Spiele können sich in der Chronicles-Variante sehen lassen und sind gerade durch ihr ungewöhnliches Gameplay mehr als nur einen Blick wert. Auch dieser Titel ist, wie ein Großteil des XSEED-Arsenals im PSN-Store, für 9,99€ zu haben und auch wenn man nicht an Oath in Felghana oder Ys Seven herankommt, können Besitzer der vorher genannten Titel, Action-RPG-Fans und Retro-Fanatiker sehr gerne zuschlagen. Evil

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