FlatOut 3: Chaos and Destruction

(Artikel)
Haris Odobašic, 25. Januar 2012

FlatOut 3: Chaos and Destruction

Ein Autounfall zum Wegschauen

Wenn ich als kleiner Junge Autoscooter auf dem Rummel gefahren bin, bestand - scheinbar um mich später auf die Realität im Straßenverkehr vorzubereiten - mein Vater darauf, dass ich bloß keine Unfälle baue, sondern stattdessen brav eine Runde nach der anderen drehe. Die anderen rund 20 Leute, die auch Autoscooter gefahren sind, hielten von solch einer Interpretation des beliebten Fahrgeschäfts natürlich nichts, weswegen für mich jedes Mal Scooter fahren ziemlich höllisch verlief: Ich, in meinem Versuch einen halbwegs unfallfreien Kreis zu fahren, und alle anderen, bemüht mich möglichst oft zu crashen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wer mehr Erfolg hatte.
Als ich nun FlatOut 3: Chaos & Destruction spielte, hatte ich schnell ein déjà vu: denn während ich dachte, dass es im Race-Modus darum geht, ein Rennen zu fahren, schienen alle anderen Fahrer davon überzeugt zu sein, dass das Spielziel eher darin liegt, mich an meinem Vorhaben zu hindern. Und wir reden hier nicht von irgendwelchen Online-Trollen, sondern der eingebauten Fahrer-KI!

Aber halt, machen wir erst einmal einen kurzen Stop und fragen uns: wie konnte das überhaupt passieren? Wir erinnern uns an FlatOut 1 und 2, sowie Ultimate Carnage, gerade auf LANs als Geheimtipp geltende Spiele, die den Zerstörungsspaß der Burnout-Serie mit einem etwas realistischeren Gameplay verbanden. Nach 2007 wurde es aber still um die Serie, der einstige Publisher ging pleite und neue Leute kamen an die FlatOut-Rechte. Diese setzten prompt neue Entwickler an: Team6 Game Studios aus den Niederlanden. Leider gab man diesen Leuten aber nicht Zugriff auf den bisherigen Code der FlatOut-Serie, weswegen sie bei Null anfangen mussten. Und wenn man sich Spiele von Team6 angeschaut hat, Titel mit so illustren Namen wie Super Taxi Driver 2006 oder Scooter War3z, hätte man sich schon denken können, was uns Spieler erwartet.

Ein Bild aus dem Trailer: der schäbige Vin-Diesel-Klon fällt durch sein Auto.

Nur auf den ersten Blick ähnelt FlatOut 3 seinen Vorgängern, aber schon bei der Grafik wird klar, dass durch den Neubeginn und dem wohl mageren Budget Abstriche gemacht werden mussten. Von dem Augenschmaus eines Ultimate Carnage keine Spur, stattdessen hat man Automodelle auf dem Niveau des zweiten Teils, der immerhin vor gut sechs Jahren erschienen ist. Das wäre vielleicht noch gar nicht so schlimm, immerhin sehen die Rennstrecken ansprechend aus und eine große Menge an Objekten in der Umgebung lassen sich effektvoll zerstören. Leider schwächelt dann aber ausgerechnet das Schadensmodell: Ein Großteil der 47 verschiedenen Fahrzeuge geht nämlich auf genau die gleiche Art und Weise kaputt: die Türen und die Stoßhaube gehen nicht mehr zu sondern flattern, teilweise die Sicht verdeckend, herum, der Lack wird etwas angekratzt und die Heckstoßstange lockert sich und schleift etwas über den Boden. Früher wurden die Autos vollkommen deformiert, bis hin zu dem Punkt, dass man anhand der Karosserie nicht mehr erahnen konnte, welches Fahrzeug das nun war.

Das Herzstück eines jeden ordentlichen Rennspiels mit Zerstörungsfokus ist wohl die Physikengine. Das Auto muss sich richtig anfühlen, man muss den Eindruck haben, mit seiner Bolide ordentlich Kraft auf die Piste zu bringen. Jeder kennt das befriedigende Gefühl, wenn man in Burnout aber auch den alten FlatOut-Teilen den perfekten Crash hinkriegt, bei dem man eben im richtigen Winkel schön in seinen Gegner kracht - mit dem entsprechenden Resultat. Dieser Aspekt wurde bei FlatOut 3 vollkommen vermasselt.
Euer Wagen fühlt sich stattdessen öfter eher wie eine Seifenkiste an, selbst am Steuer eines etwas schwereren Gefährts habt ihr nie das Gefühl, dass euer Auto ein richtiges Gewicht hat, was sich auch im Spiel bemerkbar macht. Teilweise reichen schon leichteste Berührungen, um euch vollkommen aus der Bahn zu werfen, gekoppelt mit einer gewissen Unberechenbarkeit der Crash-Physik. Manchmal führen leichte Remmler zu spektakulären Überschlägen, während ihr in anderen Fällen mit viel Gewalt seitlich in ein anderes Fahrzeug kracht - die Marke Crash die in fast jedem Spiel verheerend ist - und mit einem minimalen Rums nur wenig Schaden beim Auto verursacht. Auch bei der Interaktion mit der Umgebung kann man sich nie sicher sein, ob man von den Umgebungsobjekten, seien es Hydranten, Zäune oder Kieselsteine, vollkommen aus der Bahn geworfen wird oder nicht.

Es sieht einfach nicht gut aus, da helfen auch 16 Autos gleichzeitig nicht.

Wenn das Gameplay nicht stimmt, dann kann auch eine große Menge an Inhalt nicht weiterhelfen. Bei FlatOut 3 wird dieses Problem zusätzlich noch verschlimmert, weil die meisten der neun Spielmodi sich um die Beschreibungen "vollkommen unspielbar" sowie "spielbar, aber spaßfrei" streiten. Der Nightshift-Modus substituiert das unkontrollierbare Chaos des Race-Modus mit einem 1-gegen-1-Nachtrennen, das aber durch eine viel zu starke KI zunichte gemacht wird. Im Speed-Modus fahrt ihr eine Art Formel-1-Wagen über langweilige Strecken, was vollkommen deplatziert wirkt. Der Challenge-Modus ist eine schlechte Ausrede für einen Karrieremodus, bei dem ihr wild zusammengemischte Rennen aus allen anderen Modi fahren sollt. Nicht, dass ihr das wollt, denn freischalten könnt ihr so nichts. Zudem sind die Rennbedingungen unfair: ihr müsst immer Erster werden beziehungsweise bei den Stuntaufgaben die volle Punktzahl erreichen, sonst kommt ihr nicht weiter und dürft das Rennen neustarten.
Einzig und alleine der Offroad-Modus, bei dem ihr auf etwas weitläufigeren Karten nicht nur Punkte für eure Rennplatzierung kriegt, sondern auch für spektakuläre Sprünge und wie viel ihr von der Umgebung zerstört, bietet etwas Potenzial. Leider gibt es in diesem Modus sehr wenig Auswahl bei den Strecken, die entsprechend schnell langweilig werden.

Hier kracht es richtig: der um Generationen bessere Vorgänger zu FlatOut 3

Wenn ein Spiel in der ersten Dezemberwoche angekündigt wird und in der zweiten erscheint, völlig ohne jegliches Marketing, dann ist das kein gutes Zeichen. FlatOut 3 ist der Versuch mit einem guten Namen ein schlechtes Spiel zu verkaufen. An vielen Ecken und Enden hat man den Eindruck eine Beta-Version zu spielen, die der Publisher unbedingt noch vor Weihnachten auf dem Markt haben wollte. Das einen Monat nach Release nun schon vier Patches erschienen sind, ist in diesem Fall als eine Art Schuldeingeständnis zu sehen. Und auch wenn die Patches gewisse Aspekte verbessert haben -- der Online-Multiplayer ist nun halbwegs spielbar während der extreme Blureffekt, der das fehlende Geschwindigkeitsgefühl kaschieren sollte, zurückgeschraubt wurde, damit man nun auch sehen kann, was einem im Weg steht -- ist FlatOut 3 noch immer weit davon entfernt, auch nur annäherend empfehlenswert zu sein. Dass in einem Trailer vollmundig davon gesprochen wird, dass es sich bei dem Spiel um eines der besten Rennspiele des Jahres handelt, ist pure Frechheit und grenzt an Kundenverarsche.

Ob noch eine Reihe weiterer Patches irgendwann aus FlatOut 3 mehr machen als ein Produkt für den Grabbeltisch, wird wohl erst die Zukunft zeigen, aber zurzeit lohnt sich der Kauf nur, wenn ihr es verbilligt zu einem Preis von unter 5€ seht, damit ihr das Spiel dann irgendeinem Freund schenken könnt, der sich mächtig ärgern wird. Wer FlatOut will, sollte auf Ridge Racer Unbounded warten, das neue Spiel von den alten FlatOut-Entwicklern. Evil

Kommentare

Ben
26. Januar 2012 um 00:51 Uhr (#1)
Keine Chance für FailOut 3. Das ist ja eine Frechheit.
Gast
19. März 2024 um 05:43 Uhr
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