The Binding of Isaac

(Artikel)
Rian Voß, 27. Dezember 2011

The Binding of Isaac

Besser als es aussieht. Viel besser.

Edmund McMillen und Florian Himsl von Team Meat sind schon komische Vögel. Sie entwickeln Super Meat Boy, eines der besten und populärsten Indie-Spiele von 2010, und ich dachte mir, als ich von The Binding of Isaac hörte: "Na, das geht ja schnell." Ich war skeptisch, sah mir Videos von diesem simpel aussehenden Action-Adventure-Shoot-'em-Up an und befand, dass ich später dafür noch Zeit haben würde. ...Gut, dass ich mir The Binding of Isaac erst im Zuge der Steam-Weihnachtsaktion gekauft habe, denn schlaflos durchzockten Nächte wären außerhalb der Feiertage echt lästig gewesen.

The Binding of Isaac ist im Grunde wie Cursed Loot, nur mit schießen anstelle von hauen. Da ich aber mal davon ausgehe, dass der Großteil unserer Leser nicht Jozus unbedingter Kaufempfehlung nachgegangen ist, rolle ich das Spiel mal von vorne auf:


Isaac hat eine ziemlich schlechte Kindheit, denn seine Mutter hat ihn nicht lieb. Naja, doch, so'n bisschen. Aber die gottesfürchtige Christin hört natürlich auf ihren Herrn, wenn er ihr befiehlt, sie soll als Beweis ihres Glaubens ihren guten Isaac um die Ecke bringen. Da wird auch nicht lange gezögert und sofort das Küchenmesser gegriffen. Isaac kriegt das mit und versteckt sich unter Todesängsten in den Kellergewölben, die, wie er erschrocken feststellen musste, mit allerlei Blut kotzenden Föten, sich selbstständig machenden Gehirnen und aggressiven Organansammlungen gefüllt sind. Isaacs einzige Waffe gegen die Heerscharen an Iehbah!-Kreaturen sind seine Tränen. Und er kann sie upgraden!

Team Meat macht sich bei der Untersuchung der zufallsgenerierten, auf einem 2D-Zelda-Dungeon-Gitter angeordneten Level schamlos die Neugier des Spielers zu Nutze, indem ihm einfach mal bis auf die kinderleichte Steuerung nichts erklärt wird, aber man durch Ausprobieren sehr leicht hinter die verschiedenen, unter dem oberflächlichen Shooter liegenden Systeme kommt. Irgendwann kriegt man mit, welche Items effektiv welche Fähigkeiten boosten, welche Upgrades toll sind und wovon man lieber die Finger lassen sollte. Durch die ersten Areale kommt man mit einfachem Running & Gunning noch recht schnell durch, aber die späteren Level erfordern es, dass man aus seiner Ausrüstung das Beste rausgeholt hat. Doof nur: Welche Items man bekommt, ist vollkommen dem Zufall überlassen.

Aber irgendwann rafft man, dass es anfänglich in jedem Stockwerk einen separaten Raum für ein tolles Item gibt, das man nicht verpassen und sich einen Einweg-Schlüssel aufsparen sollte, und dass auf jeder Ebene ein Händler herumgümmelt, der meist mindestens ein teures, aber richtig gutes Objekt im Angebot hat. So kommt ein bisschen Handlungsfreiheit ins ansonsten stark nach Willkür schreiende Gameplay, allerdings letztendlich immer noch nicht genug, um nicht einen Versuch, Isaacs Mutter ins Grab zu befördern, vollkommen anders als den nächsten wirken zu lassen. Ob das Bürschchen nun die Chance bekommt, seine ganz normalen, stupiden Tränen aufzuwerten, Laseraugen bekommt oder bei der Waffenwahl nicht so viel Glück hat, dafür aber mächtigere Sonderobjekte erhält, macht aus jedem neuen Durchgang eine ganz andere Erfahrung. Und diese neuen Durchgänge werden kommen, oh ja. Davon werden viele kommen.


Ich habe um die fünf Stunden gebraucht, um Isaacs Mutter ihre verdiente Ruhe zu schenken. Das war also ein Ende. Von zehn. Mit jedem Bestehen des finalen Bosskampfes erweitert sich das Spiel, es kommen neue Gegner und neue Dungeons hinzu, die für eine gewisse Balance sorgen, denn glücklicherweise wird The Binding of Isaac mit jedem Versuch leichter. Das liegt allein daran, dass man sich mit den Gegnern und Objekten auskennt und vor allem am laufenden Band Pillen ausprobiert. Von denen gibt es gute, die einem Leben spenden oder Attribute erhöhen, oder natürlich schlechte, die das Gegenteil wie etwa explosiven Durchfall herbeiführen. Zuerst ist jede Pille, deren Effekt man nicht kennt, mit einem ominösen '???' gekennzeichnet, aber Naschen gibt dem Drops seinen echten Namen, welcher sich auch in andere Spiele überträgt. Den "Bad Trip" kann man in Zukunft also im voraus erkennen. Weitere Annehmlichkeiten sind stärkere Gegenstände, die durch das Überwinden von Meilensteinen ihren Weg in den Keller finden.

Dieser Mechanismus ist genial. Der Spieler erforscht auf eigene Faust, lernt aus seinen Fehlern, fühlt sich mit der Zeit bewusst verstärkt, merkt seine eigenen Fortschritte und wird zudem noch mit vielen freischaltbaren Goodies, Charakteren und Enden belohnt. Ein grandioser Soundtrack, der von aufregend über Keller-Party bis okkult-unheimlich geht, rundet das Ganze ab.
Das einzig Doofe ist, wie ich finde, dass das interne Lexikon der bereits bekannten Objekte über keinerlei Gegenstandsbeschreibung verfügt. Wenn man beispielsweise eine der Tarotkarten (auch so eine Art von Pillen) benutzt, aber in diesem Moment keinen Effekt bemerkt, weil irgendwelche Voraussetzungen nicht erfüllt wurden (Karte dieses Dungeons aufdecken, wenn sie schon aufgedeckt ist), dann hätte ich gerne mal nachgelesen, was das Ding nun eigentlich macht, anstatt dass ich im Isaac-Wiki recherchieren muss. Man könnte sich natürlich auch merken, welches Item nun keine offensichtliche Funktion hatte, aber es gibt so viele von denen, dass man dafür ein riesiges Hirn bräuchte. Oder Stift und Papier. Aber wer macht sich heutzutage noch handschriftliche Notizen? Pffff.

The Binding of Isaac ist ein überraschend gutes Action-Adventure, welches einen stunden- und tagelang vor den Bildschirm fesseln kann, immer darauf erpicht, die nächste Stufe des Wahnsinns zu erreichen. Sehr empfehlenswert und zu einem anständigen Preis für alle großen Betriebssysteme zu erhalten. Rian

Kommentare

AsgarZigel
27. Dezember 2011 um 23:21 Uhr (#1)
Eindeutige Zustimmung, Binding of Isaac ist einfach nur Klasse. Afaik meinte Edmung McMillen in nem Blog oder so, dass das Spiel auf seiner christlichen Erziehung basiere. Ich hoffe ja für ihn dass das nur ein scherz war D:
Rian
28. Dezember 2011 um 00:15 Uhr (#2)
Du hast mich auch noch darauf hingewiesen, dass die Pillennamen nicht in andere Spiele übernommen werden. Ich muss dir da leider zustimmen, da habe ich wohl Unsinn geschrieben. Liegt daran, dass die ganzen Versuche zu einem großen Klumpen verschwimmen. xD
Blackioo
Gast
19. Februar 2012 um 23:48 Uhr (#3)
Ich google grade um herauszufinden wie viele LvL es gibt, da ich nach 2Tagen grade mal das Herz gekillt hab und Judas freigeschaltet habe, und jetzt erfahre ich das es noch 8 andere Enden gibt?
Cu Reallife!!^^
Rian
21. Februar 2012 um 16:13 Uhr (#4)
Ich bin auch immer noch nicht ganz durch, hnnnng.
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28. November 2011
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