Battlefield 3

(Artikel)
Haris Odobašic, 02. November 2011

Battlefield 3

Gefangen auf dem Schlauchfeld

Es ist ein grauer Abend in New York, als ihr auf der Flucht durch eine dunkle Gasse lauft. Die heranrollende U-Bahn, die vor euren Füßen in einen Tunnel fährt, scheint der einzige Ausweg zu sein. Aber diese Bahn ist nicht das, was sie scheint: Terroristen haben sie gekapert. Also kämpft ihr euch durch, ehe euch der Anführer der Bande entwaffnet und mit der Pistole auf euch gerichtet fragt, ob ihr alleine seid.

Zeitsprung knapp einen halben Tag zurück und ihr seht euren Charakter zum ersten Mal: Sergeant Henry "Black" Blackburn, der gerade von zwei Polizisten verhört wird. Scheinbar habt ihr nämlich nicht nur eure Vorgesetzten erschossen, sondern es droht auch noch unmittelbar ein Atomanschlag auf New York... und ihr habt als einziger wichtige Informationen, um diese Katastrophe zu verhindern.

Schon in den ersten Minuten ist klar, dass Battlefield 3 neue Standards setzen will. Die geniale Grafik und die brachiale Präsentation offenbaren den Frontalangriff auf den bisherigen Kriegsshooter-Primus Call of Duty. Dabei spielt sich Battlefield 3, trotz der oberflächlichen Ähnlichkeiten, durchaus anders als der Konkurrent aus dem Haus Activision. Manche würden es realistischer nennen, denn die Waffen führen sich schwerer und Kopftreffer wollen nicht so einfach gelingen. Zudem ist es überlebenswichtig, jeden Zentimeter Deckung - dank des Schadensmodells der Frostbite2-Engine selten ein Ort, an dem man zu lange verweilen sollte - maximal auszunutzen, will man denn nicht frühzeitig das Game Over sehen. So fühlt sich Battlefield 3 mit wenigen Kniffen um einiges taktischer an als vergleichbare Spiele.


Die Story von Battlefield 3 ist gut gemacht. Besonders die Erzählweise - Blackburn wird in der Gegenwart verhört und erzählt aus vorherigen Einsätzen, die ihr dann spielen könnt - erzeugt viel Spannung. Wobei ihr nicht nur Sergeant Blackburn spielt, teilweise dürft ihr auch in die Rolle einiger anderer Charaktere für ein oder zwei Missionen schlüpfen, was euch beispielsweise ermöglicht in der Haut einer Jetpilotin den Himmel unsicher zu machen oder als Panzerfahrer das Umgebungsschadensmodell auszutesten.

Ein ziemlicher Kontrast zu den zwei letzten Battlefield-Spielen auf Konsolen, Bad Company 1 & 2, ist die extreme Linearität von Battlefield 3. EAs neuester Shooter ist nämlich nicht mehr und nicht weniger als der wohl engste Shooter-Schlauch, durch den ihr euch in den letzten paar Jahren gequetscht habt. Glaubt mir, im Vergleich dazu wirkt Modern Warfare 2 unheimlich frei, während Gears of War 3 schon eine Art Shooter-Skyrim ist.
DICE war sehr bedacht darauf, dem Spieler wenig Freiheiten zu lassen, hinzu kommt, dass das Spiel teilweise bis aufs allerkleinste Detail durchgeskriptet ist. Deswegen passiert es auch öfter mal, dass ihr euch nichtsahnend vor der gegnerischen Bulettenbarrage in Deckung bringt, nur um dann von eurem eigenen Teamkameraden ins Kreuzfeuer genommen und damit in euren Tod geschubst zu werden. Selbst Schuld, wenn ihr seinen Platz belegt!

Andere kuriose Momente entstehen, wenn ihr mal ein Stückchen zu weit vorlauft und damit auslöst, dass euch euer Team schnurstracks hinterherläuft. In solchen Momenten ignorieren die Jungs nämlich alles und laufen auch mal gerne 2 cm an wild-ballernden Gegnern vorbei. Noch absurder wird es, wenn die versammelten Feinde euch hinterherhetzen und man einen Gänsemarsch beobachten kann -- die aber beim nächsten Checkpoint verschwindet.

Keine Sorge, im Gegensatz zu vielen anderen FPS ist das nicht die dominierende Farbgebung

Doch solch ungewöhnliche Verhaltensweisen der KI sind nicht die einzigen Male, bei denen das Spiel eine etwas unfertige Figur abgibt. Grafische Bugs, insbesondere im Bezug auf die Kollisionsabfrage, häufen sich gerne -- bis hin zu Geister-Gegnern, die durch die Wand kommen, um euch zu messern. Das ist mir sogar mehrmals im Spiel passiert.
Zu dem Eindruck passt dann auch, dass viele Speicherpunkte etwas unglücklich platziert sind und man so öfter unwichtige Abschnitte wiederholen darf, um zu der Stelle zu kommen, an der man gescheitert ist. Beispielsweise gibt es später eine Situation, in der man mit einem Kameraden ein Haus hochklettert. Ist man drin, erwartet einen ein Gegner, der in einem Quick Time Event ausgeschaltet werden muss. Scheitert man beim QTE, darf man aber nicht etwa kurz vorm Gegner wieder ins Spiel, sondern muss frustrierenderweise nochmals das Haus besteigen.

Wie man schon von den Trailern erahnen konnte, ist Battlefield 3 grafisch dieses Jahr wohl außer Konkurrenz. Die Zwischensequenzen, aber auch das In-Game-Geschehen können in diesem Bereich vor allem mit starken Effekten und grandioser Beleuchtung punkten, zudem sorgt das altbekannte Schadensmodell der Frostbite-Engine dafür, dass man eine große Anzahl an Objekten spektakulär in ihre Einzelteile zerlegen kann. Was mich persönlich überrascht hat, ist, dass die Konsolenvarianten der PC-Version von der grafischen Qualität nicht so weit hinterherhinken. Der visuelle Eindruck ist auf allen drei Plattformen ähnlich, auch wenn der PC mit stärkerer Auflösung, ordentlicher Kantenglättung und keinen aufpoppenden Texturen protzen kann -- falls euer System stark genug ist.


DICE und EA haben sich beim neuesten Battlefield extrem am Genre-König von Activision orientiert. Sei es das Wechseln von Charakteren in der Story, das knebelnde Leveldesign oder die Integration der Fahrzeuge -- alles erinnert an Call of Duty, insbesondere die zwei Modern-Warfare-Ableger. Dass Battlefield 3 im direkten Vergleich zu diesen Spielen den kürzeren zieht, liegt vor allem an den mangelnden Highlights in der Einzelspielerkampagne. Call of Duty hat die minimal anspruchsvollere Story, dafür verdient Battlefield einen Bonus für den gelungen Erzählstil -- was aber den wirklichen Unterschied zwischen den beiden Spielen macht, sind die Wow-Momente, die einem insbesondere in Modern Warfare im Gedächtnis blieben. Der EMP-Anschlag auf die USA, die Atombomben-Explosion oder auch die Castro-Exekution -- Activision versteht es einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Genau das gelingt DICE bei Battlefield 3 nicht.Evil

...aber seien wir mal ehrlich, wer, außer mir *hust*, spielt Shooter schon für den Singleplayer? Bei Battlefield geht es doch um die Mehrspielergefechte und der ist ein ganz anderes Kaliber! Mehr dazu am Mittwoch im Multiplayer-Review.

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