Metro 2033

(Artikel)
Rian Voß, 11. August 2011

Metro 2033

Die schöneren Seiten Moskaus

Für gewöhnlich mache ich einen großen Bogen um alle Spiele, die mir Angst machen könnten. Ich steigere mich einfach viel zu sehr in solche Spiele rein und kriege sonst tagelang Wahnvorstellungen und kann nicht mehr ordentlich schlafen. Metro 2033 jedoch lockte mich trotz Warnung vor dunklen Gängen und Munitionsarmut mit Versprechen ausladender Atmosphäre auch jenseits des Horror-Genres.


Erste Handlung des Tages: Kopfhörer aufsetzen! Das mache ich in der Regel nur bei Spielen, bei denen ich Untertitel ausschalte, englische Sprache an (Alternative ist Russisch, haha. Ich kann mir vorstellen, dass einige Puristen auch in dieser Einstellung mit aktivierten Untertiteln spielen mögen, aber ich wollte mich durch die Schrift am unteren Bildschirmrand nicht von den optischen Eindrücken ablenken lassen) und mir ansonsten eine räumlich greifbare Geräuschkulisse erhoffe. Da wurde ich schon einmal nicht enttäuscht.
Man beginnt das Spiel als zwanzigjähriger Artyoum, der seit dem Eintreten des Atomkrieges im Kleinkindsalter in einer U-Bahn-Station unter Moskau wohnt. Das Leben ist nicht leicht, aber machbar. Ab und zu muss man sich um Nahrung Gedanken machen und jeder kommt auf gut anderthalb Quadratmetern Privatwohnraum im Wellblechstil zurecht, aber ansonsten Verfallen die tapferen Russen auch zwanzig Jahre nach dem Fallout nicht in Depressionen, sondern durchsuchen die Schächte nach Verwertbarem, sitzen an Lagerfeuern und erzählen sich Geschichten der alten Welt oder kümmern sich um zwischenmenschliche Probleme. Bevor Artyoum überhaupt zum ersten Mal eine Waffe abfeuert, kann man mit ihm schon sehr viele Gespräche belauschen, die einen in die richtige Endzeit-Stimmung bringen. Das Leben könnte so erträglich sein, wenn man in den Tunneln nicht den üblichen U-Bahngästen begegnen würde, also Mutanten, Monstern, Kommunisten, Faschisten und Banditen. Eine Begegnung mit zumindest einer der aufgezählten Gruppen soll Artyoums weiteres Handeln maßgeblich beeinflussen, denn bei einem Gespräch mit dem Freund des "Statthalters" der Station, genannt Hunter, greifen plötzlich rattenartige Biester die eigentlich sichere Festung an. Hunter und noch ein paar andere machen mit den Viechern kurzen Prozess, aber der ruppige Ranger nimmt sich keine Verschnaufspause, sondern zieht sofort aus, um die ungewöhnlichen Monsterbewegungen auszukundschaften. Er trägt davor Artyoum auf, dass, falls Hunter nicht zurückkehren sollte, er nach Polis Station gehen und da jemandem mit Autorität Bericht erstatten soll. Natürlich kehrt Hunter nicht zurück, also macht sich unser junger Held unter falschem Vorwand auf nach Riga Station, um von dort weiter nach Polis zu kommen.

Um im moskauer U-Bahnnetz - und an einigen Stellen auch darüber - überhaupt überleben zu können, muss sich Artyoum irgendwie mit Vorräten eindecken. Das ist aber gar nicht so leicht, denn während es zwar an jeder Station Märkte gibt, so ist die gültige Währung, nämlich MG-Kugeln von Militärqualität, nicht leicht zu kriegen. Und selbst wenn man genug davon hat, um sie gegen bessere Ausrüstung oder schlechte, dafür in größeren Mengen vorhandene Munition einzutauschen, muss man sich überlegen, ob man sich das patronenförmige Gold nicht lieber doch für kritische Stellen aufsparen möchte, denn diese Kugeln bringen Feinde wesentlich schneller um die Ecke als der Kram, der in Manufaktur unter der Erde fabriziert wird. Oder vielleicht doch lieber die Pistole mit Zielvisier, einem Griff und Schalldämpfer einstecken?


Mein Tipp: scheiß auf die gute Munition, ich kaufe mir lieber bessere Waffen.
Natürlich kommt man nur auf Umwegen nach Polis und bei weitem nicht so einfach, wie man sich das gedacht hat. Hier mal mit einer Lore fahren, da einen unerwünschten Weg gehen und, ach ja, irgendwie muss man ja auch noch die Front des Krieges zwischen den Roten und den russischen Neo-Neo-Nazis überwinden. Die lernen aber auch nie dazu. Oft ist es auch so, dass man erst mal ein paar Hände waschen muss, bevor jemandem wieder einfällt, wie man weiterkommt, aber Artyoum hat, das muss man auch mal sagen, häufig großes Schwein und rettet Leuten notgedrungen das Leben und die revanchieren sich dann gerne einmal durch einen Geleitschutz. Oder es will ohnehin jemand in dieselbe Richtung und zu Fuß bestreitet man die Schächte lieber mit so vielen Kalashnikovs wie nur irgend möglich. Insgesamt geben sich Story und Gameplay als enorm abwechslungsreich, man begegnet vielen unterschiedlichen, interessanten Menschen, denen man ihr armseliges Leben unter der Erde ohne weiteres abnimmt, und man wird mit genug unterschiedlichen Situationen konfrontiert, um ständig den Spannungsbogen vollständig aufgezogen zu haben. An vielen Stellen wird die Umwelt durch ein paar Gimmicks noch glaubwürdiger gemacht, zum Beispiel nimmt sich Artyoum sein Journal wirklich in die rechte Hand, während man in der linken ein Feuerzeug anzünden kann, um das Ding auch im Dunkeln lesen zu können. Oder man kurbelt an einem Handgenerator, um ein Nachtsichtgerät mit Strom zu versorgen.

Im übrigen haben mir, auch wenn es nicht viele unterschiedliche Gegnerarten gibt, doch die Feinde sehr gut gefallen. Auf der Mutantenseite gibt es vor allem rattenartige Wesen, die einen gerne umzingeln, aber sich ansonsten relativ straight-forward verhalten. Allerdings treiben die einen durch ihr Gejaule in Nebengängen schon mal gehörig in die Paranoia. Die fliegenden Dämonen, die man in der Regel nur an der Oberfläche trifft, an der man eine Gasmaske tragen muss und ständig etwas unter Zeitdruck leidet, wenn man sich schlecht vorbereitet und zu wenige Filter gekauft hat, sind da schon erschreckend hart im Nehmen und sollten lieber umgangen werden. Ansonsten gibt es dann noch die Menschen und hier kann man sich wirklich in Sachen Strategie ziemlich austoben. Wenn die Möglichkeit besteht, kann es häufig besser sein, im Dunkeln zu agieren. Entweder gar nicht konfrontieren, Lichter heimlich ausschießen Marke Splinter Cell, oder leise mit Pfeilen, Wurfmessern oder schallgedämpften Waffen umbringen. Problem bei dieser Vorgehensweise ist nur, das vor allem im späteren Spiel Messer und Kopfschüsse immer schwieriger anzubringen sind, da so eine geworfene Klinge durch leichte Körperpanzerung nicht mehr sonderlich gut durchgeht und viele Feinde (aber bei weitem nicht alle, gnihihi) Helm und Schutzmaske tragen. Glücklicherweise ist das Schadensmodell immer noch dermaßen verfeinert, dass man den Schergen in den ungeschützten, kahlrasierten Nacken oder die Kehle ballern kann, aber da ist wesentlich mehr Geschick gefragt als beim üblichen Rüben-Zertrümmern. Aber Achtung, denn die Kerle lassen nicht gerne Leute rumschleichen. Überall sind Stolperdrähte versteckt, die von harmlosen Blechdosen bis zu gemeinen Selbstschussanlagen immer doch eine Eigenschaft teilen: nach dem Auslösen weiß jeder, dass Artyoum da ist.


Ist die Kacke einmal am dampfen, kann sich unser Lieblingsrusse verschiedener Schießeisen bedienen, je nachdem, was er sich leisten und was er geschlachteten Feinden abnehmen konnte. In der Regel sind das aber ein Messer, eine Pistole, ein Maschinengewehr, eine Schrotflinte und Dynamitstangen. Dabei ist es durchaus möglich, dass sich unterschiedliche Waffenmodelle auch anders spielen, denn eine doppelläufige Schrotflinte feuert auf der alternativen Schusstaste die zweite Ladung ab, während man mit der automatischen einen Schlag ausführt.
Die Feinde sind allgemein recht schlau, haben bei mir eine ordentliche Flanke zwar nie hinbekommen, halten sich aber gerne auf Distanz, schießen ordentlich und werfen auch gerne mal eine Dynamitstange direkt vor die Füße. FFFFFF--------

Metro 2033 macht selbst einem Angsthasen wie mir deutlich Spaß und ich freue mich schon auf den Nachfolger, den wir auch demnächst auf der Gamescom vorgestellt bekommen werden. Wenn ihr Lust habt auf eine bedrückende, atmosphärische und leicht mystische (ich habe die ganze Anomalie-Geschichte mal wohlweislich ausgespart :D) Single-Player-Erfahrung habt, dann ist Metro genau das Richtige für euch und es heißt "zugreifen"! Rian

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