Hunted: The Demon's Forge

(Artikel)
Rian Voß, 12. Juni 2011

Hunted: The Demon's Forge

Sexy Elfe und Glatzenopa

Es ist eigentlich eine Super-Idee, die total im Geiste unserer Videospiele-Zeit steht: in Hunted: The Demon Forge übernimmt man einen Charakter des Duos bestehend aus einer Schützen-Elfin und einem Menschenkrieger, slasht sich mit Teamattacken und deckungsbasiertem Schießen à la Wears of Gar durch Horden von hässlichen Gegnern und lootet die Level bis auf die Unterhose leer. Aber geht das auf lange Sicht gut? Die überraschende Antwort: Ja. Leider hapert es bei Hunted an ganz anderen Stellen.

Atmosphäre gilt ja heutzutage als effizienter Story-Ersatz und ist als solcher gerne gesehen (hey, auch ich kann mich da nicht gegen wehren!) und Hunted spielt dem Trend in die offene Hand. Die Hintergrundgeschichte - irgendein magisches Mädchen ploppt aus einem Dimensionstor und verspricht unseren Antihelden Caddoc und E'lara tolle Sachen im Gegenzug für einen Gefallen - ist relativ überschaubar, gibt aber unseren ungleichen Söldnern genug Grund, um den bösen Warga ordentlich auf's Maul zu hauen. So billig das jetzt klingt, das Ganze ist dann doch noch ziemlich gut inszeniert, da der alte Mann Caddoc und die junge E'lara ein schönes, wenn auch bissiges Team abgeben, sich gegenseitig immer wieder aufziehen, in ernsten Situationen aber doch zusammenarbeiten und allgemein eine schönere Dynamik aufbauen als viele andere gekünstelte Co-Op-Helden wie etwa Kane & Lynch oder Salem & Rios aus Army of Two.
Wenn man aber Hunted atmosphärisch irgendwas abgewinnen will, muss man auf Dark Fantasy stehen. Und damit meine ich nicht Andrzej Sapkowskis herrliche Witcher-Welt, in der doch mal ein Sonnenstrahl den Boden erhellt und alles ansonsten einfach nur nicht so beschissen bunt ist wie in World of Warcraft, sondern ich meine im wahrsten Sinne des Wortes DARK FANTASY: es gibt Menschen mit spitzen Ohren und ansonsten ist alles braun, dunkel, matschig und kaputt. Das stärkt zwar das Gefühl, dass man sich wirklich in einem Dungeoncrawler befindet und sich nicht der Illusion hinzugeben braucht, dass hier noch großartig andere Dinge von einem gefordert werden als Köppe einzuhauen.

Kommen wir nun zu dem Teil, wo ich euch sage, was weiterhin an diesem Spiel funktioniert und wo die Entwickler ihm die Beine gebrochen haben.

Erst einmal ist die Basis des Spiels auf sicherem Standbein, das ist schon mal etwas, denn das Gameplay sitzt und macht Spaß. Wenn man sich mit seinem Teamkollegen im Ko-Op gut verständigt und einigermaßen fähig den Schlägen der Gegner entgehen kann, kommt man in ein Spiel, in dem man alleine oder auch zusammen massive Combos herausschleudert - etwa kann E'lara mit Eispfeilen Gegner einfrieren und Caddoc zerschlägt sie dann, oder Caddoc lässt alle Warga um sich herum in die Luft schweben und E'lara pickt die herumzappelnden Monster eins nach dem anderen herunter. Dann schnappt man sich eine herumstehende Balliste und testet aus, wie sehr die USK denn Splatter in diesem Spiel erlaubt hat (gar nicht so wenig!), oder man durchschießt Seile, die eine Brücke halten, während irgendwelche Möchtegerns da draufstehen und meinen, sie müssten mit ihren Bögen.
Das Doofe ist nur, dass da vor allem im Zweispieler-Modus auch ordentlich was verkehrt laufen kann. Nex und ich zum Beispiel hatten ernsthafte Probleme, auf dem normalen Schwierigkeitsgrad überhaupt durch das erste Kapitel zu kommen. Ständig habe ich mir als Caddoc Schläge eingefangen (eine vollständige Gegnerkombo führt dabei meist schon zum Ableben), irgendjemand ist mir in den Rücken gefallen und trotzdem sind Warga häufig schnurstracks an mir vorbeigelaufen, um auf die arme Elfin in der hinteren Reihe einzuprügeln. Der winzige Bildschirm beim Lachnummer-Splitscreen-Modus (da fällt gefühlt ein Drittel der Bildschirmhorizontalen aus) hat da auch nicht geholfen, da kann man wirklich nur darauf bauen, dass jemand anderes dieses Spiel gekauft hat und es online zocken. Außerdem sind die weit auseinandergezogenen Checkpoints und das Fakt, dass man durch taktische Distanz voneinander ungünstige Script-Ereignisse auslöst, auch der reinste Terror.


Da spielt man dann doch lieber mal alleine, denn bei Hunted herrscht verkehrte Welt: während normalerweise jeder CPU-Compadre in jedem Ko-Op-Spiel das absolute Grauen darstellt, gibt der Gehilfe hier ein sehr vorzeigbares Exemplar für einen virtuellen Kumpel ab: er steht nicht im Weg, im Falle von Caddoc (ich spiele lieber E'lara, da der Nahkampf ein wenig stumpf daherkommt) zieht er Gegner auf sich, stirbt kaum, tötet kaum etwas und lässt E'lara fast alle Kills zukommen, wenn nicht gerade Team-Attacken am laufen sind. So soll's sein! Ok, der Computer nimmt gerne mal Loot an sich, das ich auch gebraucht hätte und es gibt keine Möglichkeit, zwischen den Spielern zu tauschen, aber es könnte schlimmer sein. Caddoc könnte in Wänden hängen bleiben. Aber immerhin bin ich hier im Vergleich zum Ko-Op kein einziges mal im ersten Kapitel gestorben.

Aber dann gibt es noch ein paar Dinge, die wirklich unschön sind. Etwa die Sache mit den Waffenhaltern: im Spiel gibt es für einen Dungeoncrawler wirklich nur sehr wenig zu erbeuten. Man findet immer mal wieder Gold, mit dem man neue Spieleigenschaften freischalten kann, aber ansonsten gibt es neben den ganzen Heil- und Regenerations- und Manna-Tränken und den Level-Up-Edelsteinen nur Waffen, die sich sammeln lassen. Diese Waffen werden in Waffenhaltern gelagert und es springt entweder ein Bogen oder eine Nahkampfwaffe heraus, je nachdem ob E'lara oder Caddoc ihn kaputt macht. Diese Waffen sind leider stark zufällig in ihren Eigenschaften und dadurch zumeist sehr nutzlos, wenn man schon eine gute, noch halbwegs magisch aufgeladene Waffe an der Hand hat.
Dann sind da die lustlos integrierten Finishing-Manöver, mit denen man am Boden liegenden Gegnern den Gnadenstoß geben kann und welche sehr cool aussehen, allerdings so drei bis vier Sekunden an Zeit beanspruchen, in welchen euer Teamkollege locker über den Haufen gerapet werden kann. Besser die Finger davon lassen, auch wenn der große Button, der auf dem Bildschirm aufploppt, noch so laut "DRÜCK MICH JETZT UND ETWAS TOLLES PASSIERT!" schreit.
Dazu kommt, dass man ständig das Gefühl hat, dass einem die Entwickler stark vorschreiben, was jetzt zu tun ist. Manchmal möchte ich hinter einem Stück Mauer Deckung suchen. Sorry, dieses Stück wurde nicht als Deckung designiert und du musst dich jetzt von Pfeilen beschießen lassen. Manchmal möchte ich ein Feuer nutzen, um meine Pfeile in Brand zu stecken, um gewisse Rätsel zu lösen. Sorry, dieses Feuer ist nicht zum Anzünden gedacht, das ist nur Deko, bitte benutze dieses Feuer da hinten, am anderen Ende des Tunnels, und komm dann zurück. Manchmal sieht man durch ein ziemlich dickes Loch in der Wand auf der anderen Seite Loot. Sorry, ihr müsst jetzt außen rumgehen, für dieses Loch haben wir kein Action-Kommando eingebaut, aber keine fünf Minuten später müsst ihr durch ein Loch derselben Größe kriechen, um im Level weiterzukommen. Reine Verarsche, die den Spieler an manchen Stellen einfach nicht wissen lässt, was er jetzt eigentlich darf oder nicht. "Hey, ich könnte da hinten zu der hüfthohen Palisade rennen, aber wer weiß, ob ich mich dahinter ducken darf..."


Letztendlich habe ich dann nur noch ein Problem mit der Synchronisation, die auf deutsch zwar tatsächlich sehr verträglich ist (wenn auch nicht herausragend), aber unter sehr schäbigen Umständen aufgenommen wurde, denn unsere guten Lokalisatoren haben sich nicht die geringste Mühe gemacht, irgendwie auf Lippensynchronität zu achten. Ganz schlimm wurde es in einer Szene des ersten Kapitels, wo Caddoc und E'lara auf den Bürgermeister der Stadt treffen und einfach mal eine ganze Soundfile fehlt, so dass der Bürgermeister zwar den Mund bewegt und umherläuft, aber für gut zehn Sekunden kein Ton aus seinem Mund kommt. Fällt sowas denn nicht auf? Ganz schwach. Man hat kann nicht mal wirklich auf andere Sprachen ausweichen, denn wenn man seine Konsole (PC-Nutzer haben es hier vielleicht besser) auf englisch umstellt, wird man durch die französische Synchro beschallt.

Hunted: The Demon Forge ist ein lustiges Spiel, welches im Ko-Op, aber tatsächlich auch alleine, Spaß macht, allerdings auch an vielen kleinen Fehlern krepelt, die anderen Entwicklern garantiert nicht passiert wären, wobei inXile Entertainment ein durchdringendes Grundverständnis von spaßmachendem Grund-Gameplay in Hunted verarbeiten. Rian

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