Schon komisch. Der urtypische Core-Gamer ist ein in sich zurückgezogenes Individuum, ein Kellerkind, das selbst bei schönem Wetter die Außenwelt meidet und sich lieber auf virtuelle Welten stürzt, die es zu retten gilt. Da greift auch gerade das Online-Gaming zu, denn so kann man mit anderen Menschen spielen ohne dass man sie wirklich SEHEN oder bei sich herumsitzen und DURCHFÜTTERN muss. Eigentlich eine perfekte Lösung, um introvertierten Menschen die Illusion zu geben, sie wären doch nicht so abgekapselt wie alle immer meinen! Doch eine schöne Sache bekommt man mit Online-Gaming niemals hin: den puren Rage.


Viele wollen es nicht zugeben und die meisten verschleiern es auch vollkommen unmerklich, aber in allen Gamern steckt ein explosives Bündel aus Aggression, Schimpfwörtern, Dummheit und Lautstärke. Die normalen Menschen da draußen lassen diesem heißen Kern immer mal wieder Luft, indem sie mit Gleichgesinnten auf Sauftour gehen und so tun, als würden sie nichts für ihr bescheuertes Benehmen können. "Jaja, das macht der Alkohol! Da kann ich nichts für!" Klar, aber Spaß machen tut's trotzdem, sonst würde man es nicht immer wiederholen!
Gamer haben jedoch für sich noch eine andere Methode, um dem inneren Trashtalker Auslauf zu gewähren, nämlich ihre Spiele. Und wenn eine Person unsere eloquente, intellektuelle und charmante Redaktion gemeinsam vor dem Bildschirm wiederfände, dann würde sich diese Person fragen, warum es ihr damals eigentlich wie eine gute Idee vorkam mit uns abzuhängen. Ob nun Halo, Dead or Alive, Soul Calibur, Smash Bros. oder sonstige Spiele, wo man sich gegenseitig ans Leder muss:

Es wird geflucht
Wir fluchen so lange auf deutsch, bis uns die deutschen Beleidigungen ausgehen. Wenn "Penis", "Penner" und "verdammte Hurennase!" nicht ausreichen, dann muss eben die "Bitch" herhalten. Wobei das natürlich nur unsere Grundbeleidigungen sind. Wenn wir zocken, dann ist "Bitch" eigentlich keine verbale Attacke mehr, sondern eher sowas wie ein Satzzeichen - das wird halt immer dazwischen geworfen, um zwei Beleidigungen zusammen zu fügen.

Es wird dumm rumgelabert
Da bedient man sich an allem: Vorurteilen, Klischees, idiotische Geschichten, "Deine Mudda"-Anekdoten bis zum Gehtnichtmehr. Es darf keine sprachliche Pause geben, denn wer nicht dumm rumlabert, verpasst die Chance, den oder die Gegner zum Lachen zu bringen und damit verspielt man den psychischen Vorteil.

Es wird gebrüllt
Brüllen macht deinem Feind Angst und stärkt dein Ego! Johlen, Gröhlen oder ein lautes "FFFFFFUUUUUUUUCK!" befreit. Außerdem freut man sich hinterher noch viel mehr, wenn man vor dem Tod des Feindes schon lauthals gefeiert hat!

Es wird noch mehr geflucht!
Weil wir natürlich keine physische Aggression einsetzen (außer gegen schlecht spielende Teampartner), machen wir einfach das Nächstbeste: Wir fluchen noch ein bisschen härter, länger, ausgiebiger. Dann hat man auch genug für die Woche geflucht und kann an Werktagen sein Image des Moralapostel aufrecht erhalten.

Ich will mit diesem Text in keinster Weise sagen, dass Spiele wutfördernd sind, das wäre falsch interpretiert. Es ist nicht so, dass Gamer mit anderen Gamern spielen und dann wütend werden, nein. Man hat eigentlich nur Lust, sich mal wieder gegenseitig anzubrüllen ohne dass etwas dahinter steckt und dafür benutzt man dann Spiele, weil man's dort darf. Und das ist auch verdammt noch mal gut so. Rian