Brütal Legend

(Artikel)
Rian Voß, 15. Oktober 2009

Brütal Legend

Frage: Warum ist Metal überlegen?

Antwort: Weil nur der Metal Götter hat.

Gut, so viel zum Pathos. Ich bin zwar selbst kein Metallkopf, bin gewissen Untergenre und Band aber nicht abgeneigt, vor allem wenn man den Rock-Hintergrund noch irgendwo spürt. Genauso wenig bin ich Jack Black abgeneigt, der mit Tenacious D viele epische Lieder in den Äther jagte. Und am allerwenigsten bin ich Tim Schafer abgeneigt, der mit Psychonauts und Grim Fandango zwei meiner absoluten Lieblingsspiele anfertigte. Tut man diese einzelnen Unabneigungen erhält man Brütal Legend, auf das ich mich schon seit (mindestens) Monaten wie bekloppt freue und exakt zu meinem Geburtstag hat EA das Spiel in unseren Briefkasten geschoben. Kann das Zufall sein? Da sind doch die Mächte der Titanen im Spiel!


Andere Spiele HÖREN SO AUF!

Double Fine hat sehr viel Wert darauf gelegt, dem Spieler von Anfang an einen konstanten Level an Awesomeness zu bieten, der nicht absackt. Die geschrienen/gesungenen Firmenlogos, ein Intro mit Jack Black, der die Brütal Legend-LP aus einer geheimen Ecke eines Plattenladens zieht, und die In-Game-Einleitung, in der Eddie Riggs als Roadie schon so eine Art Übermensch darstellt, der im Schatten der Stage Leben rettet und absolut alles bauen oder reparieren kann. Kaum wird der gute Bandmechaniker vom zusammenbrechenden Bühnenbild erschlagen, wacht er auch gleich auf einem riesigen Knochenberg auf, findet die göttliche Axt und seine Gitarre, die plötzlich durch bloßes Spielen Blitze und Feuer hervorrufen kann, metzelt alles kurz und klein, flieht mit einem schnell zusammengebastelten Hot Rod und seinem offensichtlichen Love Interest Ophelia auf einem explodierenden Highway vor dem sicheren Tod und trommelt kurz darauf eine Revolution der unterdrückten Metaller unter dem Banner der Ironheades gegen die oppressiven Tyrannen des verheißenen Landes an. Das alles passiert in weniger als zehn Minuten und während man sich von der Masse der sich überschlagenen Ereignisse und des zuweilen bissigen, zuweilen herzhaft albernen Humors, der in diesem Mix aus Parodie und Homage immer seinen unterschwelligen bis offensichtlichen Sarkasmus beibehält, überrennen lässt, erstarrt ein zufriedenes Grinsen auf dem Gesicht des Spielers, weil sich in diesem Momennt ein absolut klarer Gedanke in sein Hirn brennt: Die nächsten paar Stunden werden RICHTIG geil.

Nun will ich aber keine Panik veranlassen: Man bleibt nicht allzu lange im Stress. Da Brütal Legend zum größten Teil ein Open World-Game ist, kann man in Ruhe viel herumlaufen oder -fahren und die Gegend erkunden, denn es gibt viel zu entdecken. Neue Gitarrensolos, neue Lieder, die im Autoradio auf rockige Weise vor sich hin dudeln, einen ganzen Haufen abwechslungsreicher Nebenmissionen (die sich zwar so ziemlich alle auf das Töten von Gegnern beschränken, allerdings jedes mal auf andere Weise!) und natürlich die Metal Forge, wo man beim Hüter des Metal - der eine verblüffende Ähnlichkeit mit Ozzy Osborne hat - eine Vielzahl verschiedener Upgrades kaufen kann. Die zu 90% darauf ausgelegt sind, Eddie Riggs besser töten zu lassen.


Ein bisschen Fanservice muss natürlich auch sein.

Und das Töten zu Fuß oder zu Wagen geht auch flugs von der Hand: Eine Taste zum Hauen, die andere um auf der Gitarre zu schreddern. In verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten ergibt das dann unterschiedliche Manöver. Der dritte Knopf ist dann dafür da, um mit verschiedenen Einheiten der Armee, die man aufbaut, Double Team-Attacken auszuführen. Das sind meistens die verstärkten Grundangriffe dieser Einheit. Im Auto kann man Gegner zwar erst mal nur überfahren, was auch ziemlich gut geht, wenn man zur rechten Zeit Nitro "beschwört", allerdings gibt's später natürlich noch die üblichen Extras wie Gatling-Gewehre und Minenwerfer. Alles kein Ding. Auch kann man sich, wenn man nicht immer auf vier Rädern durch die Welt streifen möchte, Tiere durch gezielte Blitzschläge betäuben und sich auf ihren Rücken schwingen. Ist schon ulkig, auf einem Elch oder einem Motorradschwein durch die Gegend zu brausen. Aber meistens überbrückt man Distanzen dann doch eher im gemütlichen Ledersitz.


Ohne Karre kann man schließlich keine Chicas aufreißen.

Irgendwann gehen einem dann aber doch mal die Nebenmissionen aus und man muss sich um die Hauptquests kümmern. Also: Armee aufstellen, Leute rekrutieren, Metal-Tyrannen töten. Letztere haben wieder auffällige Ähnlichkeiten mit bekannten Musik-Ikonen. Ich könnte schwören, dass der erste Bösewicht mit David Bowie verwandt ist! Egal. Hat man seine ersten Truppen, bekommt man Befehle gestiftet, mit denen man Leute entweder wegschicken, angreifen, verteidigen oder folgen lassen kann. Also die üblichen Taktik-Standards. Die nächste Ebene ist dann der Stage-Kampf, der auch den Multiplayer-Modus darstellt: Zwei Bühnen stehen sich auf der Karte gegenüber und beide Parteien versuchen Fan-Geysire zu erobern, welche die gültigen Ressourcen darstellen, mit denen man Einheiten bauen kann. Hat man genug Truppen zusammengescharrt, probiert man natürlich die gegnerische Stage kurz und klein zu prügeln. Und der Sieger hat gewonnen. Noch eine taktisch höhere Stufe ist dann der Flugmodus, wo Eddie schmerzhaft Schwingen aus dem Rücken schießen. Nun kann man Truppen von oben befehligen und herumschicken und man muss nur noch persönlich eingreifen, wenn's irgendwo kritisch wird. Die einzelnen Phasen gehen in einem ansprechenden Tempo ineinander über, so dass man vom Gameplaywechsel nicht überfordert wird.


Ozzys Nebenjob: Gott auf Erden.

Negatives muss ich leider zur Grafik fallen lassen. Während Charakteranimationen vor allem in Sequenzen überaus gut dargestellt sind und mich in erster Linie die hervorragend ausdrucksvolle Mimik beeindruckt hat, ist die Welt des Metal doch stellenweise recht karg und, äh, simpel gestrickt. Außerdem tauchen ständig Objekte in nur ein paar Metern Entfernung vor einem auf. Ich dachte eigentlich, dass solche Nachlade-Reduzierer inzwischen nur noch PC-Spielern mit schwächeren Systemen vorbehalten sind. Und auch wenn Figuren und einige Locations recht absurd sind, so hätte ich mir doch bereits zum Anfang eine noch viel bizarrere Welt gewünscht. Gut, die Tiere haben alle irgendwo Metall am Körper und es gucken Chrom-Bauten aus dem Boden und hier und da ist eine riesige Statue, aber so umwerfend ist das nun noch nicht. Doch das ist nur ein kleiner Dorn im Auge. Wir reden hier schließlich von einem Spiel von ehemaligen Adventure-Machern, wir sind nicht wegen der Grafik hier.


Fans - was wäre man nur ohne sie? Und wie Methan kommt die stinkende Meute direkt aus dem Erdboden.

Allerdings - und ich weiß wie albern das klingt, doch das ist wirklich eine schlechte Auffälligkeit für mich - hat das Spiel einfach... zu viel Metal. Wie gesagt: ALLES hat mit Metal zu tun. Die Einheiten sind Headbanger mit riesigen Nacken, Groupies, Roadies und Altrocker. Musik ist natürlich ausschließlich Rock und harter Metal, alle Gebäude und die meisten Bäume bestehen aus Metall, die Titanen der Welt sind verdammte Wikinger und alles ist episch und alles ist awesome und alles ist hardcore. Es klingt merkwürdig, aber Brütal Legend erschafft eine Welt, in der es so etwas wie... Metal-Kitsch gibt. Lasst euch das noch mal auf der Zunge zergehen: Metal-Kitsch. Ich weiß ganz genau, dass ich da nicht für alle spreche, aber ich weiß auch, dass es Leute geben wird, die genau wie ich denken und denen das ganze Metall einfach beim Spielen irgendwann zu viel wird und man aus machen muss, ganz egal wie witzig oder spannend es gerade wurde. Aber man soll ja sowieso einmal in der Stunde eine Zocker-Pause einlegen, von daher kann man da nun auch nicht wirklich drüber meckern. Wenn man die Konsole wieder einschaltet, dann ist ja auch alles so witzig wie zuvor.


Die haben keine Stiernacken - Stiere haben SOLCHE Nacken!

Ich kann noch nicht behaupten, ich hätte Brütal Legend schon komplett durchgespielt, allerdings kann ich auch noch nicht abschätzen, wann ich denn die Credits vorbeirollen sehen werde. Open World-Spiele sind da immer so schwer zu durchschauen. Ich weiß jedoch, dass ich bisher trotz der kleinen Schnitzer viel Spaß hatte, viel zu lachen hatte und mehr als nur einmal die Devil's Horns gen Bildschirm erhob. Brütal Legend ist definitiv das, was alle erwartet haben. Rian

Kommentare

Ben
17. Oktober 2009 um 00:03 Uhr (#1)
Also ich finde allein die Idee ganz großartig und werde mir das auch nochmal genauer ansehen!
Phno
18. Oktober 2009 um 19:15 Uhr (#2)
Ich brauche dringend Geld diesen Monat, um mir das noch zu geben. Da wartet man schon seit einem Jahr darauf und kann es sich nicht leisten - der Metalhimmel ist ungerecht as hell.
Gast
28. März 2024 um 23:55 Uhr
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