Half-Life

(Artikel)
Rian Voß, 15. Februar 2017

Half-Life

Blah, blah, blah, Mr. Freeman

Half-Life. Die Wiege der Ego-Shooter-Zivilisation. Wir alle kennen es, wir alle haben es gespielt, wir alle lieben es. Wir alle? Nein! Ein von unbeugsamer Dickköpfigkeit bewohnter Rian hörte nicht auf, dieser Legende Widerstand zu leisten. Der fröhliche und Halo-lustige Rian fürchtet sich eigentlich nur vor einem - dass ihm ein mit Sprengstoff beladener Klavierflügel auf den Kopf fällt. Den Half-Life-Fans hassen blasphemische Halo-Spieler. Das ist Fakt.

Dieser Beitrag wurde erstmals am 24.9.2008 veröffentlicht.

Mit dieser Last schon einmal in einem angemessen dramatischen Maße von meinen Schultern gesprochen, muss ich natürlich sagen: Ich habe Half-Life schon gespielt. Allerdings habe ich als sehr langsam zum PC-Gamer parallel-evolvierter Konsolero (wenn man da überhaupt von Evolution sprechen kann, hust) die Sternstunde dieses berüchtigten Genre-Meilensteins nicht mitbekommen und erst vor etwa drei Jahren einmal das Bedürfnis verspürt, der Lust zum Lückenfüllen nachzugeben. Also Half-Life für zehn Euro (damals noch ohne diesen ganzen Anthology-Schnickschnack) gekauft, ins Regal gestellt, fertig.

Ein oder zwei Jahre vergingen und ich entdeckte bei einem aus Langeweile entstandenen Anfall aus Aufräumwut dieses alte Juwel in meiner Kollektion. "Cool", dachte ich mir. ...Joa. Mehr dachte ich mir eigentlich nicht. Steam installiert, Half-Life installiert, die ganze Anthology gratis dazu bekommen mit Opposing Force, Blue Shift und dem ganzen Kram. Nice. Dann das Ding für ein Stündchen oder zwei gespielt, habe mich gelangweilt und habe dann doch wieder Halo angemacht. Nun aber, etwa ein, zwei oder drei Jahre später (!), habe ich mich dazu entschlossen, diesem Ding noch einmal eine neue Chance zu geben - unter anderem, weil ich vom uber-awesome Atreyu Half-Life 2 geschenkt bekommen habe. Aus irgendeinem Grund müssen das ja so viele Leute toll finden.


Der legendäre Auftakt und eins der stimmigsten Intros der Videospielgeschichte.
Ich beginne also erneut damit, als Gordon Freeman mit dem stylischen Black-Mesa-Zug Richtung Ground Zero zu fahren (diesmal auf Englisch, weil ich mich schon auf den G-Man gefreut habe. "Rrrise and shiiine, Mr. Freeman!") und nach guter alter Doom-Manier die Hölle auf Erden loszulassen. Sehr positiv sind mir dabei diesmal vor allem die Script-Sequenzen aufgefallen, mit denen Valve zu Beginn des Spiels ja nur so um sich geschlagen hat und die damals eine richtige Neuheit waren. Unglaublich, wenn man sich heutige Shooter wie Bioshock oder Gears of War anguckt. Ich habe mich bei einigen Dingen sogar richtig stark erschrocken. Headcrab im Lüftungsschacht, brrr. Crab Battle!

Die meisten Leute mögen ja die Scriptsequenzen zu Beginn des Spiels, aber mir hat eine andere das Herz erwärmt: Typischer Half-Life-Forschungskomplex. Ich gehe durch die Gänge, sehe links ein großes Fenster und einen greisen Wissenschaftler dahinter. Ohne Vorwarnung kommt dieser Kittelträger mit Karacho in einem unglaublichen Sprung durch die Glasscheibe gehechtet, rollt sich auf dem Boden ab, steht auf und sagt: "Greetings."

Als ob nichts wäre! Da war nicht mal ein Feind in dem Raum! Mann. Respekt, Alter. Was für ein Badass.
Wie dem auch sei, nachdem ich mich durch eine Horde für damalige Verhältnisse sehr eindrucksvoller Sequenzen geboxt habe, dämmerte es mir, warum ich das Spiel irgendwann Spiel habe sein lassen: Es nervt. Man merkt tierisch, dass es früher in keinster Weise ein Casual-Publikum gab, was in gewisser Hinsicht gar nicht so schlecht ist, aber man hat sich nun einmal damit abgefunden, ein paar herbe Gameplayschnitzer für den stämmigen Gamer einfach mal drin zu lassen - gar nicht mal der ständige Schusswechsel mit ausgebildeten Marines, die sich von einem Wissenschaftler mit Kinnbärtchen niedermähen lassen, auch wenn er bei jedem Kampf ordentlich auf's Maul bekommt und eigentlich nur überlebt, weil Gordon seinen jähen Brecheisen-Zorrrrrrn an seinen Erzfeinde, den Kisten, loslässt. Die Kisten planen nämlich insgeheim die Weltunterwerfung und es ist Gordons heilige Pflicht, jede noch so verdächtig aussehende Kiste zu zerstören! ...Oder zumindest ist es das, was sein Therapeut in Gordons Akte unter "Diagnose: Wahnvorstellungen" geschrieben hat.

Nun ja, und wir alle wissen ja von den Rollenspielen: In jedem Feind sind Items versteckt, deswegen fallen da überall Erste-Hilfe-Kits und Akkus für Gordons Hazard Suit raus (mal ehrlich: Mit wie vielen Unfällen rechnen die da, dass man an jeder zweiten Ecke einem Ärztekoffer über den Weg läuft? Das wäre mir als Angestellter schon mal sehr suspekt). Nein, das Frustrierende sind diese ewig langen Szenen, in denen storymäßig so rein überhaupt nichts passiert. Oder diese Sprungslevel. Gawd. Meine linke Hand konnte, neben dem durchaus angebrachten Waffenwechseltraining über die Zahlentasten, den Quicksave-Quickload-Griff aus dem Eff-Eff. Ich habe bald vollkommen unbewusst jede Minute gespeichert, weil man so verdammt oft zu Tode stürzt oder hinterrücks von spawnenden Gegnern attackiert wird. SPAWNENDE GEGNER. Das darf seit Doom keiner mehr. Keiner! Nur Serious Sam und selbst da sind diese aus dem Nichts auftauchenden Feinde eher eine Parodie auf jenes "Feature" als ein Feature an sich.

Ich habe mich also mit einigem Frust durch die folternde Mitte des Spiels gekämpft und geduckjumpt (eigentlich keine offizielle Bewegung, dieses Im-Springen-Ducken-Drücken, aber es hat mir das Leben SEHR vereinfacht) und habe mit einiger Erleichterung den infamen Lambda-Komplex erreicht, wo endlich wieder ein bisschen Story und Hintergrund durchfloss. Und dann ging's ab nach Xen, was mich auf wundervolle Weise an meinen Lieblings-Solo-Shooter Breakdown erinnerte, und auch wenn der Endkampf irgendwie doof war (Instant-Kill-Homing-Geschosse, hallo?), so habe ich dann doch nach ein paar erzwungenen Stunden mein Ziel erreicht und bin dem G-Man von Angesicht zu Angesicht entgegen getreten! "My, errrr, employerssss..." Wundervoll, dafür hatte sich das alles schon gelohnt. Ehrlich jetzt.

Ich würde ja lügen, wenn ich sagen würde, dass ich bei Half-Life nicht auch Spaß hatte, aber es gab wirklich viele quälende Momente, wo ich mir dachte: "Ne, jetzt hör' auf. Spiel Halo. Oder Baldur's Gate." Und was diese Halo-Half-Life-Fanboy-Diskussion betrifft... Gordon und der Master Chief sind doch beides viel zu coole Säue, um sich von so was provozieren zu lassen. Die würden das auch ganz gelassen sehen. Gordon würde sogar gar nichts dazu sagen. Nehmt euch mal ein Beispiel an denen! Rian

Kommentare

Talis
16. Februar 2017 um 11:28 Uhr (#1)
Sehr viele alte Spiele haben für mich oft lediglich einen nostalgischen Wiederspielwert. Half-Life und selbst Half-Life 2 machen da keine Ausnahme. Es fehlt einfach die damalige Faszination, entstanden aus den bahnbrechende Neuerungen. Aus heutiger Sicht sind die Spiele längst in Sachen Gameplay und natürlich Grafik überholt.
Hat man es damals nicht gespielt wird man kaum verstehen wieso es heute noch diese Fanbase gibt.
Allerdings habe ich vom Halo-Hass nie etwas mitbekommen und ich bin großer Half-Life Fan.
Zugegeben, ich habe eigentlich gar nichts von Halo mitbekommen. :P :D
Rian
16. Februar 2017 um 23:24 Uhr (#2)
Ich bekomme heute von Halo auch nichts mehr mit. Haris, Ben, Jozu und ich haben die Serie quasi kollektiv aufgegeben. Ich habe Halo 5 nicht mal durchgespielt und wenn nicht gerade irgendwas Grandioses passiert, werde ich mir Halo 6 vermutlich nicht mal kaufen.
Ben
17. Februar 2017 um 10:27 Uhr (#3)
Warte, wir haben Halo 5 alle zusammen durchgespielt als ein Wochenende Free to Play war. Hier der Beweis:

Rian
18. Februar 2017 um 00:00 Uhr (#4)
Wow, ich habe das total vergessen. SO GUT war Halo 5. xD
Gast
20. April 2024 um 14:25 Uhr
GASTNAME
E-MAIL (nicht öffentlich)
      
SICHERHEITSFRAGE
Mit wie vielen "d" schreibt sich "dailydpad"?
ANTWORT

Themen

Nostalgie
Sparte - Wir schwelgen in Erinnerungen. Hach, die guten alten Zeiten... Wer auf alt gemachte Dinge sucht, denkt an Retro.
Review
Sparte - Wenn es nicht bei drei auf dem Baum ist, testen wir es.

Gefällt dir unser Artikel?

Ähnliche Artikel