Tastenspasten und Steuerkrüppel

(Artikel)
Benjamin Strobel, 11. März 2011

Tastenspasten und Steuerkrüppel

Probleme mit der Steuerung

Wenn wir über Videospiele sprechen, reden wir häufig von der Grafik, einer guten Story und natürlich dem Gameplay. Viel zu selten gerät die Steuerung eines Spiels in den Mittelpunkt. Das ist eigentlich gut, weil das zumindest bedeutet, dass es nichts auszusetzen gibt. Ich schreibe in meinen Tests daher selten von der Steuerung, es sei denn sie ist außergewöhnlich (schlecht). Letzteres kommt leider immer noch vor.

Dabei ist die Steuerung doch besonders wichtig! Neben dem audiovisellen Kanal ist dies ein zentraler Verbindungspunkt zum Spiel. Und der einzige Weg, über den wir interaktiv mit dem Spiel in Verbindung treten. Ohne Steuerung geht also nichts - alles andere wäre Filmegucken. Wie kann es also sein, dass einige Entwickler es schaffen, die Steuerung total zu verkacken? Ich meine: das merkt man doch! Man setzt sich vor das Spiel, nimmt den Controller (oder Maus und Tastatur) in die Hand und sollte eigentlich direkt darauf stoßen, wenn etwas nicht stimmt. Da gibt es schlecht erreichbare Tasten für wichtige Aktionen, komplizierte Eingaben für einfache Handlungen, schlechte Reaktionszeiten oder auch den totale Mangel an adäquater Kontrolle.

Da haben wir zum Beispiel Capcom. Eine Entwicklerschmiede, von der ich persönlich einiges halte - hier werden gute Spiele produziert! Aber irgendwie sollten die Jungs mal mehr achtgeben auf ihre PC-Ports. Ich erinnere mich daran, dass bei Devil May Cry 3 gewaltig was mit dem Controller-Support schiefging. Irgendwie lag die Kamera-Steuerung standarmäßig auf dem linken Stick, während man auf dem rechten laufen konnte. Vielleicht ist da ja was für Linkshänder? Umstellen konnte man das dann aber nicht. Die Lösung war am Ende ein kompliziertes Mapping der Tastureingaben auf den Controller, um das Spiel zu überlisten.

Ein anderes, technisches Problem sind Reaktionszeiten. Bei den ganzen kabellosen Übertragungen ist das Thema inzwischen deutlich relevanter, da hierbei nochmal ein paar Millisekunden draufgehen. Aber irgendwie gibt es auch Spielem, bei denen die Reaktionszeit unabhängig vom Controller einfach nur mies ist. Ich kann mir das auch nicht erklären. Kürzlich habe ich das bei The Impossible Game auf der Xbox 360 festgestellt und hier ist die Reaktionszeit verdammt wichtig! Auf dem iPhone klappt das auch super, doch auf der Box kommt der Sprung immer einen Bruchteil zu spät.

Auf dem iPhone gibt es dafür andere Probleme. Der AppStore wird mit täglich neuen Spielen überschwemmt, einige kostenlos, andere erdreisten sich trotz mieser Qualität zu einer kleinen Gebühr. Das Schlimmste sind hier die Onscreen-Steuerelemente. Leider gibt es nur wenige Entwickler, die dieses Feature gut umsetzen (es ist aber machbar, siehe Dead Space). Allein die Anordnung ist häufig so ungünstig gewählt, dass man sein iDevice schon komisch halten muss. Und dann sind sie manchmal viel zu klein, sodass man zwei Tasten auf einmal drückt und am Ende gar nichts passiert. Da müssen die Entwickler noch viel lernen.

Man kann aber auch mit dem richtigen technischen Know-How immer noch eine schlechte Steuerung verzapfen. Am besten tut man das, indem man die Komplexität völlig verkackt. Das kann man sogar in verschiedene Richtungen tun. Ich erinnere mich da zum Beispiel an Spider-Man 2 auf dem PC. Es gab einen Button für alles. Springen, Schwingen, Sprechen, Klettern, Aktion, Bestätigen... Ich bin nicht mal mehr sicher, ob Schlagen eine eigene Taste hatte. Auf der anderen Seite kann man es auch unnötig kompliziert machen. Namco-Bandais Dragonball-Spiele sind besonders gut darin. Wenn die Controller mehr Tasten hätten, würden sich die Jungs auch dafür noch Aktionen ausdenken. Das Ki-Aufladen musste sogar auf Steuerkreuz-Unten ausgelagert werden, weil andere Tasten schon belegt sind. Pfui!

Die Steuerung ist zentral für den Genuss eines Videospiels. Ich kann nur an alle Entwicklerschmieden apellieren, dieses heilige Gebiet mit Sorgfalt zu betreten und dem Spieler am Ende heil zu übergeben. Eine kaputte Steuerung wird selbst die beste Atmo, die schönste Grafik und die verzwickteste Story zunichte machen. Wenn man keine ordentliche Kontrolle darüber hat, was man tut, verliert man auch schnell den Spaß daran. Und jeder Entwickler, der sich da zu Herzen nimmt, macht die Spielelandschaft ein kleines Stückchen besser.

Außer für unfähige Gamer mit zwei linken Daumen, da hilft nichts mehr. Nex

Kommentare

Haris
12. März 2011 um 00:12 Uhr (#1)
Bevor der 360-Kabelcontroller das etablierte Standardkontrollinstrument wurde für Controller-Spiele auf dem PC gab es ja tatsächlich Games, beispielsweise die Fifa-Serie, die das Ding einfach nicht ordentlich unterstützt haben. Frechheit. Ist sowieso unverständlich, wieso Entwickler es nicht hinkriegen, da einen ordentlichen Controllersupport teilweise einzubauen. Die APIs sind doch verfügbar und selbst wenn sie es nicht wären, da die Möglichkeit einzubauen, dass man jeden Controller benutzen und frei belegen kann ist echt kein Aufwand.
Jozu
12. März 2011 um 01:02 Uhr (#2)
Du musst mal EVE-Online spielen Nex, da würde dir die Steuerung gefallen!
KenDeep
12. März 2011 um 12:45 Uhr (#3)
Dragon Ball ist für mich ein unglücklich gewähltes Beispiel, da die Steuerung da nicht schlecht, sondern nur komplex ist. Was heißt das? Es ist kein Spiel, dass man eben so einleigen kann und losprügeln kann(wobei das für mich persönlich nie ein Problem war...)
Bei verzögerten Angriffen muss man übrigens auch immer beachten, ob das am Spiel oder am Fernseher liegt. Flachbildschirme/HD-Fernseher haben den Ruf sehr häufig Lag zu haben, die meistens in den 2-er Frames bereich gehen.
Sobald es aber wirklich vom Spiel kommt oder so ein Fall wie PC Port von DMC is, dann habt ihr meine Bestätigung - sofern ersteres echt in den Extremen Bereich geht. Gibt nämlich auch paar ausnahmen, wo das zur Atmo beiträgt, siehe Castlevania.
Rian
12. März 2011 um 13:17 Uhr (#4)
Ken, du schimpfst mal wieder gegen den Artikel, obwohl du dieselbe Meinung wie der Autor hast. Im Falle von Dragonball geht es hauptsächlich um die Komplexität, was auch hervorgehoben wurde. Du musst beachten, dass die Kernaussage "Wenn eine Steuerung komplexer ist als sie sein müsste, ist sie schlecht" ist, was natürlich eine subjektive Definition darstellt. Es gibt Leute, die stehen auf komplexe Steuerung, weil dann nicht jeder Hans und Franz buttonmashen kann. Es gibt Spiele, die absichtlich die Steuerungskomplexität vollkommen ausreizen (bestes Beispiel ist da wohl Steel Battalion). Allerdings sollte man sich von dieser Subjektivität nicht fehlleiten lassen, dass die Aussage falsch wäre, denn jeder von uns hat diese Komplexitätsschwelle und ich schätze mal, dass jeder von uns mindestens ein Spiel kennt, bei dem man die Tastenbelegung als redundant oder frustrierend unintuitiv belegt empfand. Wo diese Schwelle liegt, das entscheidet natürlich jeder für sich, aber ich denke, dass Dragonball in seinen letzten Iterationen ein gutes Beispiel dafür ist, wie man das Controllermapping derart vollstopft, dass man von intuitiver Handhabung (was das Ziel der meisten Spiele ist) keineswegs mehr reden kann.
KenDeep
12. März 2011 um 15:48 Uhr (#5)
Ich habe keineswegs gegen den Artikel geschimpft: Sogar im Gegenteil. Viele der im Artikel benannten Sachen habe ich gar nicht mal erwähnt, da sie meine Zustimmung fanden. Ich fande nur in den expliziten Beispielen Ausnahmen zu erwähnen, da sie nicht 100% korrekt, zumindest meiner Meinung nach, sind. Dass ich vollends dagegen war, kann ich nirgendswo lesen.
Die verzögerten Eingabenbuffer habe ich ebenso bestätigt, sofern sie wirklich vom Spiel selbst kommen - habe aber auch angefügt dass jemand auch beachten sollte immer das Richtige Bild-Medium zu benutzen, da das Spiel sonst unberechtigter Weise beschimpft wird, was ich übrigens schon oft genug erleben durfte.
Die Aussage "wenn eine Steuerung komplexer ist als sie sein müsste, ist sie schlecht" ist übrigens in der Tat sehr subjektiv. Ob sie für ein Redaktionsartikel wirklich korrekt ist lassen wir mal aussen vor, aber die Aussage an sich ist nicht wirklich in Ordnung. Solche Aussagen sind gleichzusetzen mit "Ist ein Spiel linearer als es sein sollte, ist es schlecht" oder auch beim gegenpendant, was ja BS ist. Sie trifft nämlich nur zu bestimmten Geschmäcker zu, und alles, was Subjektiv beschmückt ist, darf nicht als "korrekte" Kernaussage gelten. Das alles hast du, Rian, nicht gesagt, von daher ist deine Aussage auch korrekt. Aber wenn man das so liest dann bekommt man das Gefühl "also ist das, was er schreibt, korrekt!". Ob das jetzt deine Intention war bezweifle ich jetzt an dem Punkt.
Wie gesagt, dieser Artikel hat meine größteilige Zustimmung, und der kleine Teil, in dem es diese 100% zustimmung nicht gibt, existiert auch eine Zustimmung mit Ausnahmen.
Ben
12. März 2011 um 18:38 Uhr (#6)
Zur Reaktionszeit: In meinem Beispiel hat das nichts mit dem Bildschirm zu tun, da beispielsweise Super Meat Boy, das eine ähnlich hohe Reaktion erfordert, keinen spürbaren Delay nach der Eingabe aufweist. Von daher wundere ich mich, warum das bei The Impossible Game der Fall ist.

Zudem habe ich hiermit weniger Anspruch auf Korrektheit als viel eher auf Meinungsfreiheit. Ich habe mal ordentlich meine Meinung gesagt! Man darf gern anderer sein. Aber ich finde tatsächlich: Wenn man mit einer einfacheren Tastenbelegung das Gleiche umsetzen kann wie mit einer komplizierten, warum dann nicht die einfache Variante nehmen? Das heißt nicht, dass ich Komplexität per se als schlecht empfinde. Womöglich kann man nur mit einer komplexen Steuerung all das umsetzen, was man sich vorstellet (siehe Steel Battalion). Bei einigen Dragonball-Spielen hatte ich aber das Gefühl, man hätte dasselbe auch einfacher haben können, zumal die hohe Komplexität der Steuerung sich überhaupt nicht im Gameplay widerspiegelt.
Rian
12. März 2011 um 19:21 Uhr (#7)
Man darf sich nicht zu sehr darin flüchten, dass subjektive Aussagen gleich trivial sein müssen, denn wenn es danach ginge wären Meinungen irrelevant. Verzeih mir, wenn ich ins ranten gerate, aber uns ist bei unseren Artikeln immer eine gewisse Subjektivität bewusst, da wir es beim DPad für heuchlerisch halten, Meinungen durch objektives Getue zu verschleiern. Mich stößt nur deine Behauptung an, dass Dragonball als Beispiel unglücklich gewählt ist, was seinerseits wieder danach klingt, dass es eine scharfe Kante zwischen guten und schlechten Beispielen gibt. Mir fallen zumindest kaum anschaulichere Beispiele ein (Steel Battalion ist eher ein Ausnahmefall) und ich glaube nicht, dass Beispiele, die von dir genannt werden könnten, glücklicher zu wählen sind, was bedeuten würde, dass Beispiele eigentlich ganz aus dem Komplexitätsargument zu entfernen wären. Das wäre aber auch wieder Unsinn, weil "Es gibt keine Beispiele für komplexe Spielesteuerung" nach "Ich behaupte das jetzt einfach mal, vertraut mir einfach mal!" klingt. Komplexität ist in diesem Fall nicht wirklich messbar.

Um wirklich korrekt zu sein, müssten wir unter jeden Artikel schreiben, dass dies die Meinung des Autoren widerspiegelt und auf jeden Fall debattierbar ist. Da wir das nicht wollen, haben wir eben so einen Disclaimer ins Impressum ausgelagert.

PS: Verzeih mir, dass ich dich des Meckerns bezichtigt habe, da gingen die Pferde mit mir durch.
Gast
29. März 2024 um 09:01 Uhr
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