Phantasy Star IV

(Artikel)
Haris Odobašic, 04. Februar 2011

Phantasy Star IV

The End of the Millenium

Wenn es um Rollenspiele geht, fallen viele Zocker auf den Mythos rein, dass Final Fantasy der ultimative Genre-Pionier wäre, dem wir im Endeffekt alle guten Rollenspiele, die danach kamen, zu verdanken haben. Oftmals wird dabei die Rolle der Phantasy Star-Serie übersehen, welche ihren Anfang nur zwei Tage nach dem Release Final Fantasys findet und schon früh Elemente enthielt, die das damalige Sakaguchi-Werk ziemlich alt aussehen ließen. Mit einer komplexeren Story und Charakteren, die Persönlichkeit besaßen, war nämlich Phantasy Star das um einiges bessere Produkt. Dass die Serie heutzutage abseits der Online-Ableger trotzdem kaum noch gekannt wird, hat wahrscheinlich damit zu tun, dass es einfach ein Sega-Spiel war. Wenn es um gute 16-Bit-Rollenspiele geht, wandern die Gedanken ja schon fast automatisch zum Super Nintendo. Doch wer hierbei den Mega Drive mit Phantasy Star II und Phantasy Star IV vernachlässigt, verpasst wohl eines der besten Rollenspiele der vierten Konsolengeneration.


Doch bevor man überhaupt Phantasy Star IV: The End of the Millenium richtig genießen kann, gibt es eine Hürde. Für Leute, die schon von SNES-Titeln wie Final Fantasy VI oder Chrono Trigger verwöhnt sind, ist der endgültige, traditionelle Phantasy Star-Teil erstmal ein Graus. Als eines der letzten Mega Drive-Spiele wurde nämlich der Unterschied zum SNES immer merkbarer, weswegen das Spiel einerseits arg unappetitlich aussieht und andererseits musikalisch nicht ganz die Eingängigkeit der Uematsu-Melodien erreicht. Die Stücke, die gut gelungen sind, klingen aber dank des schwächeren Soundchips in Segas Maschine leider auch nicht so toll, wie man es sich wünschen würde.

Hat man allerdings diese Barriere überwunden, erwartet einen Ambrosia. Zum Einen ist Phantasy Star IV nämlich ein anspruchsvolles Rollenspiel, dessen Gameplay einem teilweise alles abverlangt. Obwohl das Spiel im Vergleich zu den Vorgängern etwas entschärft wurde, ist der Schwierigkeitsgrad bockschwer. Die Gegner, die einem so im Feld begegnen, stellen nämlich meist schon eine Herausforderung dar, so dass man ohne den Einsatz der limitierten Skills nur schwer ohne Verluste auskommt. Da auch Items zur Wiederbelebung stark beschränkt und nicht zu kaufen sind, passiert es ein ums andere Mal, dass man mit seinen bis zu fünf Charakteren einen Rückzug aus dem Dungeon beordert. Hier verdient das Spiel besonderes Lob, denn Magie-Fähigkeiten, im Spiel Techs genannt, die es ermöglichen zu fliehen oder sich zu jeder schon besuchten Stadt zu teleportieren, erhält man früh, weswegen frustrierendes Laufen mit dutzenden Zufallenskämpfen auf der Weltkarte, wenn man nur schnell die Belohnung für einen Auftrag abholen möchte, entfällt.

Um es einem dann doch etwas einfacher zu gestalten, gibt es ein Combo-System im Spiel. Führt man beispielsweise in einer Kampfrunde den Feuerzauber Foi, den Donnerzauber Tsu und den Wasserzauber Wat aus, kombinieren die Charaktere stattdessen ihre Kräfte und es gibt den Triblaster zu sehen - eine Combo, die alle Feinde ordentlich beschädigt. Um sich das Ausführen dieser Kombinationen zu erleichtern, kennt PSIV ausserdem auch ein Makro-System, mit dem man festlegen und speichern kann, was jeder Charakter in einer Kampfrunde machen soll. Man kann dies aber auch beispielsweise nutzen, um Makros für Buffs oder Heilung zu erstellen, was das Gameplay etwas verschnellert und die Kämpfe angenehmer gestaltet, als wenn man zehn Mal pro Runde auf A drücken muss, wenn man nur mit allen Charakteren schnell angreifen will.

Eine der Combos heißt übrigens Holocaust ...

Die andere Stärke von Phantasy Star IV ist die Story, die zum Allerbesten der 16-Bit-Ära gehört. Fängt es langsam an in der Rolle von zwei Huntern, die einen Monsterausbruch in einer Forschungsakademie untersuchen, kommt ihr schnell einer Vertuschung auf die Spur, die jahrhundertealte Artefakte einer längst verschollenen Zivilisation beinhaltet und euch schließlich sogar zu den Sternen schickt, um eine dunkle Macht zu bekämpfen. Doch auf dem Weg erwarten euch viele Wendungen und, was gerade Nostalgikern gefallen wird, hier und da werden sogar Storybögen aus den Vorgängern aufgegriffen, da, anders als bei Final Fantasy, in Phantasy Star die Spiele zusammenhängen, wenn auch durch große Zeitabstände getrennt.
Gepaart mit humorvollen Dialogen und einem knappen Dutzend spielbarer Charaktere, die unterschiedliche Persönlichkeiten haben, welche in den Gesprächen gut entfaltet werden, ergibt das eine der besten Rollenspielgeschichten überhaupt.

Auch wenn ich die Grafik eingangs schlechtgeredet habe, gibt es doch ein paar visuelle Highlights. Einerseits sind die Sprites während der Kämpfe gut gelungen und verzichten auf die standardmäßige Seitenansicht zugunsten einer Art Von-Hinten-Perspektive, die euch so euren Gegnern gegenüberstellt. Andererseits werden größere Storyereignisse mit gemalten Mangabildern begleitet, was so wohl ein Novum für 16-Bit-RPGs darstellt, aber der Atmosphäre sehr hilft. Emotionen lassen sich eben von verpixelten Sprites nicht so gut übertragen wie von richtigen Bildern.


Als Phantasy Star IV damals erschien, kostete es in den USA annährend 100$. Nach dem Spielen kann ich den Preis sogar ansatzweise verstehen, denn die Qualität war, zumindest auf dem Mega Drive, unerreicht, und auf dem SNES zumindest nicht übertroffen. Und auch wenn zumindest Phantasy Star Online ganz großes Kino war, ist es durchaus verständlich, wieso noch heute eine Fangemeinde existiert, die sich ein traditionelles Rollenspiel im Phantasy Star-Setting wünscht. Aber ob Sega diesen Wunsch jemals erfüllen wird? Ich behaupte: ein Phantasy Star V würde mit Final Fantasy XIII aber so was von locker den Boden aufwischen. Also los, Sega, an die Arbeit! Evil

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