Modern Warfare 2

(Artikel)
Haris Odobašic, 12. November 2009

Modern Warfare 2

Der König ist tot...

Der Release von Call of Duty 4: Modern Warfare 2007 markierte einen wichtigen Punkt in der Geschichte Call of Dutys. Zum ersten Mal legte man die verstaubten Kluften des zweiten Weltkriegs ab und schwang sich in ein schickes Gegenwartsgewand. Daher war die Enttäuschung durchaus groß, als im letzten Jahr mit Call of Duty 5: World at War der zweite Weltkrieg seine Rückkehr feierte und allgemein einfach nicht mit dem hohen Standard mithalten konnte. Sieht man auch daran, dass mehr Leute Modern Warfare 1 im Multiplayer spielen als World at War. Darum hat Activison das wohl einzig richtige getan und frühzeitig Call of Duty: Modern Warfare 2 angekündigt, welches diesen Monat erscheint.

Modern Warfare hatte euch in ein einen nicht näher benannten, arabischen Staat geschickt in dem ihr einem Militärführer das Handwerk legen musstet, bevor es dem Drahtzieher Imran Zakhaev an die Gurgel geht. Für Modern Warfare 2 müsst ihr nicht weit reisen: der Krieg kommt diesmal zu euch. Vorrausgesetzt ihr seid Amerikaner, denn nach einem Ereignis zu Anfang der Kampagne nehmen die Russen den Trip quer über den Pazifik auf sich um ihren amerikanischen Brüdern einen Besuch abzustatten -- inklusive Sight-Seeing im weißen Haus!

Wie in der Serie typisch wird die Geschichte, die die übliche Mixtur aus haarsträubender Unlogik, unglaublichen Plottwists und einem Schuß Hurra-Patriotismus bietet, aus mehreren Perspektiven parallel erzählt. So schlüpft ihr in die Haut von Pfc. Allen, der sich als CIA-Agent in einer russischen Terrorzelle einschleust und gerne Zivilisten metzelt, James Ramirez, der den Russen in den USA zeigt, dass man nicht einfach so gegen die Wände des weißen Hauses pinkeln darf und Sergeant Gary "Roach" Sanderson. Er ist Mitglied der Taskforce 141, die von keinem anderen geführt wird als "Soap" MacTavish, dem schottischen Protagonisten aus MW1, und gerade auf einer Weltreise auf Staatskosten.

Trotz der leichten Dämlichkeit der Story ist die Kampagne dennoch eine großartige Achterbahnfahrt. Mal reist ihr mit Dauerfeuer auf einem Jeep durch Afghanistan, dann hetzt ihr quer durch die Favelas in Rio de Janeiro oder macht intensive Bekanntschaft mit einem russischen Gulag. Wenige Verschnaufpausen, viel Abwechslung und vor allem eine Extraportion Action, getragen von dem starken Modern Warfare-Gameplay, das einen guten Mix aus Herausforderung und Spielbarkeit bietet und inklusive einer Gegner-KI, die darauf verzichtet dumm in der Gegend rum zu stehen und Taktik einsetzt, um euch zu vernichten.
Kurzer Exkurs(und kleiner Spoiler): Die dritte Mission in Modern Warfare 2 hat für eine gewisse Kontroverse gesorgt. Ihr steuert dort einen Undercoveragenten der CIA, eingeschleust in eine russische Terrorzelle. Die Mission sieht vor, dass ihr in einem Moskauer Flughafen ein Massaker an der Zivilbevölkerung verursacht. Zusammen mit euren Kollegen, darunter Makarov -- einem der Oberschurken -- lauft ihr durch die Hallen und schießt auf Zivilisten, wenn ihr wollt. Zivilisten, die vor euch wegrennen, Zivilisten, die durch eine Kugel getroffen nur noch über den Boden kriechen können, Zivilisten, die verzweifelt versuchen Verletzte aus dem Schußfeld zu ziehen. Das ist selbstverständlich ein problematischer Inhalt, aber hier muss der Hintergrund bedacht werden. Das Spiel stellt die durchaus komplexe Moralfrage, ob das Leben einzelner geopfert werden darf, um womöglich Tausende oder Millionen zu retten. Man darf nicht die Hintergrundgeschichte vergessen, denn im ersten Modern Warfare hat Imran Zakhaev eine Atombombe gezündet. Der Führer der Terrorzelle, Vladimir Makarov, war ein enger Vertrauer Zakhaevs. Es ist klar, wozu er in der Lage ist -- kann man dieses Risiko eingehen?
Aber wenn die Medien schreien, werden, neben der Tatsache, dass es sich hier um Fiktion handelt, all diese Faktoren scheinbar ignoriert. Es ist eben einfacher nur Anhand eines kurzen Videos das Spiel vorzuverurteilen anstelle sich näher mit dem Thema zu beschäftigen und zu verstehen, was genau diese Szene im Kontext des Spiels bedeutet.

Und in Film oder Fernsehen ist sowas längst nicht so verpöhnt. Jack Bauer, Hauptcharakter von 24, ist dafür bekannt Unschuldige auf allerlei Arten psychisch und physisch zu foltern bzw. sogar zu töten, wenn es die letzte Möglichkeit ist Schlimmeres zu verhindern. Und in diesen Fällen gibt es auch keine große mediale Diskussion, denn immerhin ist es ein fiktives Werk und solche Taten werden nicht verherrlicht dargestellt.
Modern Warfare 2 ist auch nur ein Spiegel der Realität, einer Realität in der durchaus auch ein "Kollateralschaden", sprich unschuldige Zivilistenopfer, in Kauf genommen wird. Und genau wie andere Medien haben auch Videospiele das Recht, sich mit so etwas auszusetzen.


Grafisch baut das Spiel auf der Engine des Vorgängers auf, was in hübschen Animationen und gut aufgelösten Texturen resultiert, aber dennoch sieht das Spiel teilweise etwas alt aus. Dafür wurde der Sound aber gehörig aufgebohrt, da man Hans Zimmer, Komponist der Soundtracks von unzähligen Hollywoodfilmen wie The Dark Knight, The Rock oder Der König der Löwen, für diese Aufgabe gewinnen konnte und er mit seinen gewohnt-hymnischen Melodien das Spielgeschehen aufwertet.

Der ganze Spaß ist aber leider etwas kurz. Ich habe auf dem zweitschwersten Schwierigkeitsgrad knapp unter sechs Stunden gebraucht. Doch diese sechs Stunden waren dafür von exquisiter Videospielqualität und dank des Multiplayers dürfte sich niemand beschweren, zu wenig für sein Geld bekommen zu haben.
Doch neben der Möglichkeit mit mehreren online zu zocken, die sicherlich die Spielerschar, die sich zur Zeit auf Modern Warfare 1 und CoD5 aufteilt, vereinen wird, ist dieses Jahr der Spec-Ops-Modus dazugekommen. Quasi als Ersatz für den fehlenden Co-Op gibt es in diesem Modus die Möglichkeit kleinere Missionen alleine oder zu zweit zu absolvieren. Diese dauern wenige Minuten und manche davon sind fast so verflixt schwer wie das Mile High Club-Achievement aus Modern Warfare 1.

Solltet ihr keiner dieser Rollenspielsoftis sein, die jetzt Dragon Age: Origins spielen und euch auch Borderlands nicht juckt, da euch der Diablo-meets-FPS-Charme kalt lässt, kann ich euch Modern Warfare 2 wärmstens ans Herz legen. Es ist nicht nur das Spiel, was für die nächsten Jahre den Multiplayer aller Plattformen beherrschen wird, sondern auch ein würdiger Nachfolger eines der besten Ego-Shooters aller Zeiten.Evil

Kommentare

Lostelei
12. November 2009 um 11:57 Uhr (#1)
Ich hab das Video von der "No Russian" Mission gesehen - ich war schon wtf'd über die gnadenlose Gewaltdarstellung. Ich mein das ist was sowieso alle mal machen bei Shootern, wenn sie Gelegenheit haben, aber wie das da sogar Missionsziel ist mutet schon hart an.

Mich wundert, dass das nicht sofort am Index landete. Viel übler kam's in einem Videospiel bisher eigentlich noch nicht als in dieser Sequenz.
Dreed
12. November 2009 um 16:50 Uhr (#2)
ich installier das spiel grad...zu der mission "NO RUSSIAN" kann ioch mich nur Evil anschliessen
wenn das spiel so gut ist wie der vorgänger bin ich schon zufrieden^^
bin mal gespannt
Rian
12. November 2009 um 16:50 Uhr (#3)
Naja, es gab da mal ein Vietnam-Spiel, von dem ich gelesen habe, wo man Unschuldige töten und Frauen vergewaltigen musste, sonst ging es nicht weiter...
Gast
20. April 2024 um 01:27 Uhr
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10. November 2009
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Playstation 3
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Xbox 360
Plattform

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