Batman: Arkham Asylum

(Artikel)
Rian Voß, 03. September 2009

Batman: Arkham Asylum

Ein Wahnsinniger fängt den anderen

Batman ist der Trend-Superheld dieses Jahrzehnts: Erst stößt er für viele Menschen mit Christian Bale DEN Batman, Michael Keaton, vom Thron, hebt Heath Ledger als Joker auf das Podest eines der am besten dargestellten und vielschichtigsten Bösewichter seit Anbeginn des Kinos, bringt damit nicht nur einen, sondern gleich zwei Filme auf die Leinwand, die alles, was Marvel in der Zeit aus der Cinematik-Kanone gehustet hat, mal locker vor Neid erblassen lässt, und jetzt soll Batman: Arkham Asylum mit seinen, zwar hauptsächlich an den Comics angelehnten, doch merklich von der dunklen Atmosphäre der Filme beeinflussten, Zügen auch noch nicht nur neuer Einwohner des karg besetzten Himmels der guten Kino-Comic-Spiele, sondern gleichzeitig auch noch möglicher Anwärter auf das Spiel des Jahres sein? Hätte ich diesen Satz noch länger machen können? Die Antwort auf beide Fragen lautet: Ja.

Eins ist klar: Bei kaum einem anderen populären Helden ist Stimmung so wichtig wie beim guten, alten Flattermann. Wenn man sich nicht aus luftiger Höhe hinabgleiten kann, die Hosenvollheit der Gegner kein gestrichenes Maß erreicht und Batarangs keine aberwitzigen Ninja-Flugbahnen einlegen, bevor sie den Gegner ausknocken - und das alles in einer dunklen, verrückten Welt des Verbrechens -, dann ist es wahrhaftig kein Batman. Das Tolle ist: All jene Kriterien sind bis zum Anschlag erfüllt!


Ein leichter Druck, ein kleines Knack! Und es könnte so schnell vorbei sein...

Nachdem Batman den Joker (zu leicht, viel zu leicht) wieder einmal gefangen genommen und in seine Stamm-Residenz, die Irrenanstaltsinsel Arkham, gebracht hat, schlägt sein sechster Sinn aus: Irgendetwas stimmt nicht. Er verfolgt den Transport zu Jokers Zelle und nachdem der Clown eine ganze Kanonade schlechter und dreckiger Witze über diese und jene Mutter zum Besten gegeben hat, entkommt der Erzschurke natürlich und die Jagd auf den violetten Anzug beginnt von Neuem. Schnell übernehmen der Joker und seine Nutz-Freundin, Harley Quinn, die Anstalt und dabei unterstützen sie über dreihundert Mitglieder der Clowns-Gang, die bei einer Brandstiftung allesamt verhaftet und eingeliefert wurden - das war kein Zufall. Hilfeleistung bekommt Batman nur von seinem alten Kumpel Commissioner Gordon - den er ein paar Mal während seines Aufenthalts in Arkham retten muss, also nicht wirklich einen verlässlichen Begleiter darstellt - und vom sogenannten Oracle, dem ehemaligen Batgirl, über Funk.

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"My nightmare's nightmare..."
Über all diese und noch viel mehr Charaktere wurden reichlich viele Daten und Fakten zusammengetragen, die man in einem Portrait-Portfolio einsehen kann, außerdem noch Interviews diverser Insassen durch Doktoren des Asylums. Die gibt's natürlich nicht umsonst, sondern der Riddler, der uns mit seinen eklatanten Narzismus-Anfällen über das Headset foppt, hat auf der Insel Fragezeichen-Statuetten versteckt und gibt uns Rätsel auf, die wir lösen sollen und die sich auf dem gesamten, relativ frei begehbaren Eiland verbergen. Das sind die sogenannten Riddler's Challenges und von denen gibt es über 200 Stück an der Zahl. Klingt zuerst einmal nach einer ganzen Menge Arbeit, aber viele der Challenges lösen sich, wenn man die Augen ein wenig offen hält, fast von alleine und mit der Zeit wird es durch dazukommende Karten, auf denen die Positionen der Challenges eingezeichnet sind, auch durchaus möglich alle Rätsel zu lösen.

Plus- und Minuspunkt kommt darauf auch gleich zu tragen: Batman verfügt über eine Detective Vision, die einmal Feinde im momentanen Level glatt durch Wände anzeigt (was einige in Lüftungsschächten versteckte Schergen ziemlich albern aussehen lässt) und interaktive Gegenstände, wie Lüftungsgitter oder Wandschalter, hellorange markiert. Diese Ansicht hat an und für sich keinen spielerischen Nachteil, was gerade das Manko für die Atmosphäre ist, denn die Grafik leidet unter der wärmebildähnlichen Ansicht und der Spieler hat ansonsten eigentlich keinen wirklichen Grund, diese große Spielhilfe wieder auszuschalten. Ich musste mich zu Beginn regelrecht dazu zwingen, um die normalen Texturen genießen zu können. Aber alle paar Sekunden hatte ich dann doch Angst, ich würde an einer Riddler-Statuette vorbeilaufen oder ein Rätsel verpassen oder ein Tonband liegen lassen oder oder oder! Und an die käme ich dann nie wieder ran! Diese Befürchtung hat sich dann doch (durch spätere Hilfestellung und Anzeigen der Rätsel für den aktuellen Bereich bei Betreten eben jenem) als Nullnummer herausgestellt, aber das konnte ich zu Beginn ja nicht wissen.

Letzter Minuspunkt für die Atmosphäre: Während das Batman-Flair wunderbar eingefangen wurde und vor allem Scarecrow für ein paar herrlich psychedelische Momente à la Max Payne-Traumsequenz oder Metal Gear Solid 2-"Fission Mailed" sorgt, bleibt die eigentliche Story ein wenig auf der Strecke. Das ist nun nicht sonderlich schlimm, da man bis zum Ende eigentlich gar nicht merkt, dass die Handlung nicht sonderlich dicht ist, dafür ist das Ende ohne Tricks und Wendungen für so viel im Spiel verbaute Cineastik irgendwie umso enttäuschender. Allerdings muss man auch hier wieder die Comic-Basis beachten: Der Weg ist das Ziel.

[/box]Die Insel von Arkham kommt zwar von ihrer Größe in keinster Weise an Konsorten wie Liberty City ran, fühlt sich trotzdem, aufgrund der Diversität der Irrenanstalt (Bücherei, medizinische Einrichtung, Insassenzellen und sogar ein Batcave) und weil sich die Umgebung ein paar mal verändert, nicht gerade klein an.
Die Erkundung im Metroid-Stil (neue Gimmicks = neue Bereiche erschließen) des Asylum mit seinen vielen dunklen Nischen ist dann auch schon das Herausfordernste am Spiel. Das Kampfsystem, das sogenannte Free Flow Combat, beschränkt sich auf Richtungsanweisungen und die vier Face-Buttons des Controllers (also A, B, X, Y bei der 360) sowie einer Schultertaste, um am Boden liegenden Feinden den Rest zu geben. Wenn Batman ein paar mal bösen Buben auf die Gosche haut und somit einen schönen Combo-Counter aktiviert, erhöht sich die Schlagreichweite des dunklen Ritters auf alle Schurken in der Umgebung, die es wagen aufrecht zu stehen. Einkommende Angriffe werden durch ein Symbol über den Köpfen der Feinde angezeigt und lassen sich durch einen Tastendruck aus jeder Richtung filigran kontern. Die anderen beiden Tasten sind für einen Betäubungsangriff und zum Ausweichen. Und während dieses Kampfsystem kaum schöner und überhaupt nicht intuitiver sein könnte, so sind die Kämpfe leider sehr leicht geraten und verkommen für Leute, die nicht unbedingt Wert auf hohe Kombos und Erfahrungspunkte (für viele relativ unwichtige Upgrades) legen, sehr schnell zum Buttonmashen der Schlagtaste und gleichzeitigen, langsamen Rotieren des Steuerknüppels, so dass der dunkle Recke karussellartig reihum immer gerade die Gegner haut, die es für eine gute Idee halten, mal wieder aufzustehen. Da rate ich Leuten, die ein Action-Spiel wie Devil May Cry, God of War oder Ninja Gaiden schon mal durchgeprügelt haben, den Schwierigkeitsgrad gleich auf schwierig zu stellen, um ein bisschen mehr Spannung in die Kämpfe zu bringen. Es hätte auch schon gereicht, wenn man sich für Batman irgendwelche BAM-Moves hinzukaufen könnte, die automatisch bei einer bestimmten Kombo-Länge ausgeführt würden - das würde benötigte Erfolgserlebnisse erzielen.


Zoom und Slow-Motion kündigen Schmerzen an.

Ebenfalls sind Abwechslungen in den (Boss-)Gegnern etwas, das zu wünschen übrig ließ. Die meiste Zeit kämpft man gegen generische, immer gleich aussehende Mitglieder der Clowns-Gang, ausgestattet mit Fäusten, Schockkeulen oder Messern. Zwei weitere Normal-Gegner kommen noch dazu, die einen sind eher stationäre Geschütze und man kann ihnen leicht ausweichen, die anderen laufen sehr vereinzelt herum und lassen sich durch einen halbwegs gut gemeinten Counter sofort ausschalten, zudem noch ein dickerer Zwischenboss, der immer wieder kommt. Sich zu verstecken, auf Gargoyles zu schwingen und bewaffnete Gegner (Kugeln tun Batman sehr doll weh) einzeln auseinander zu nehmen ist da noch die schönste Abwechslung, allerdings auch nicht gerade fordernd für Leute, die schon mal Metal Gear Solid oder Splinter Cell gespielt haben. Da machen's die Obermotze leider auch nicht viel besser: Sobald man die Patentstrategie gegen den jeweiligen Superschurken herausgefunden hat, ist der Rest nur müdes Tastendrücken und eventuelles Verhauen von zwischengestreuten Normal-Feinden. Ausnahme ist da wieder unser Freund, die Vogelscheuche, die man auf ihre ganz eigene Art und Weise bedienen muss. Allgemein ist jeder Bosskampf anders, aber eben leider fast immer stark durchgescriptet und kaum schwierig. Ein Faustkampf gegen einen Batman ebenbürtigen Krieger wäre interessant gewesen. Aber wer da nach Beendigung des Spiels Nachholbedarf in Normo-Kloppe verspürt, der kann sich dann auf den Challenge-Mode stürzen, wo man sich an Faustkämpfen oder Schleichmissionen sattspielen kann.

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Kuckuck! Gegner mit Schusswaffen sollte man doch lieber ernst nehmen.

Was macht nun den besonderen Spaß von Batman: Arkham Asylum aus? Für mich war es vor allem das Zusammenspiel der einzelnen Elemente, die für sich zwar noch nicht perfekt sind, aber zusammengepuzzlet ein glorreiches Gesamtbild ergeben. Zudem kann ich mich nicht erwehren, Parallelen zu einem meiner Lieblingsspiele, Psychonauts, zu ziehen: Beide Spiele haben ein Setting ähnlich eines Freiluftgefängnisses - bei Batman ist es die Irreninsel, bei Psychonauts das Sommercamp. Amüsante Lautsprecherdurchsagen verzuckern einem den Aufenthalt an diesem Ort, an dem zig Dinge versteckt sind, die man in keinster Weise finden muss, die man aber finden WILL, und häufig erst durch später erhaltene Fähigkeiten erreichbar sind. Das Kampfsystem ist sich zwar nicht so ähnlich, jedoch hat man in beiden die Möglichkeit, entweder aus der Nähe viel Schaden zu verursachen oder durch technische Geräte (Psych-Fähigkeiten) aus der Distanz den Gegnern zu Leibe zu rücken. Und natürlich ist da noch das ganze Thema mit den Wahnsinnigen und die verrückt angehauchten Gegner und Level (bei Batman weniger, bei Psychonauts extrem).

Insofern hatte ich nicht nur mit dem Spiel an sich eine vergnügliche Zeit zwischen neun und elf Stunden (am Stück gerechnet), sondern schwolg in tiefster Nostalgie. Ich glaube, ich muss bald mal wieder in anderer Leute Köpfe eintauchen. Und spielt Batman, es gehört auf jeden Fall zu den besten Single-Player-Games des Jahres, auch wenn es ein bisschen weniger casual entwickelt hätte werden können. Rian

PS: Wer das zugehörige Zitat zum Untertitel und dessen Herkunft errät, bekommt einen Keks.

Kommentare

Rian
03. September 2009 um 16:46 Uhr (#1)
Die Verspätung tut mir leid, es gab Internet-Probleme. Ich hoffe mal, dass der Informationsgehalt das wieder wett macht. :D
Hakahori
03. September 2009 um 17:36 Uhr (#2)
Inf...Informa...was?
Ne, das Spiel ist geil. Zwar recht schnell durch, aber es macht tierisch Spaß :) Batman rult!
Bronko
03. September 2009 um 20:02 Uhr (#3)
MUSS

HABEN

!!!
Ben
05. September 2009 um 09:08 Uhr (#4)
Das Zitat ist von... argh! Ich weiß es! Aber ich sag's nicht!

Batman ist wirklich eines besten Spiele des Jahres. Und ganz sicher DAS beste Superhelden-Spiel bisher. Das Setting ist unübertroffen und das Voice Acting genial. Ein echtes Muss.
Penner2012
Gast
11. September 2012 um 22:14 Uhr (#5)
kenn ick nich
Gast
19. April 2024 um 17:48 Uhr
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