World of Warcraft: Legion

(Artikel)
Torsten Ingendoh, 15. Dezember 2016

World of Warcraft: Legion

Die Luft ist bei mir raus

Zwölf Jahre World of Warcraft. Man muss es wirklich einfach mal laut ausprechen, zwölf Jahre gibt es schon WoW. Seit zwölf Jahren zahle ich Geld an Blizzard, damit ich dieses Spiel spielen darf. Und ja, ich besitze die Zehn-Jahre-WoW-Wolfsreiter-Statue. Und es sieht so aus, als würde dieses Phänomen uns noch viele Jahre begleiten. Es hat jeglichen Todesmeldungen von riesigen Spielerzahlrückgängen getrotzt und wird immer noch von Millionen aktiv gespielt. Und dazu gehöre ich auch... irgendwie. Aber irgendwie auch nicht. Zwölf Jahre, das hinterlässt Spuren.

Es gab eine Zeit, da habe ich sehr aktiv WoW gespielt, namentlich Ende Vanilla, ganz Burning Crusade und halb Wrath of the Lich King. Ich habe viel geraidet, ganze Abende im Teamspeak mit Leuten verbracht, die ich vorher noch nie getroffen hatte. Ich muss immer noch sagen, dass ich dort einige der besten Spielerlebnisse meines Lebens hatte. Wie wir Onyxia im ersten Try gekillt hatten, dass wir Solarian noch nach dem alten Muster besiegen konnten, und einfach zu wissen, dass wir zu den Top 5 der Raidgruppen des Servers gehörten. Das war schon was. Und ich als Jäger mittendrin. Von allen Add-ons fand ich Burning Crusade am besten. Es war wie Pokémon Gold und Silber: es machte alles, was am Original gut war, besser und vermied viele Fehler, die das Gameplay plagten. Blizzard hat seitdem immer wieder am Spiel geschraubt, geschliffen und nicht immer die besten Ideen gebracht, aber jedes Add-on änderte so viel, dass es sich anders anfühlte. So auch Legion.

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Warum erzähl ich euch das Ganze? Weil ich sagen muss: die Luft ist raus bei mir. Ich habe alle Add-ons durchgemacht, und schon während Warlords of Draenor verließ mich zunehmend die Motivation, wirklich viel Zeit in dieses Spiel zu investieren. Zum einen liegt das sicherlich daran, dass ich eine feste Arbeitsstelle und somit viel weniger Zeit zum Zocken habe, als damals noch zu Burning-Crusade-Zeiten. Zum anderen hat auch der soziale Aspekt des Spieles nachgelassen. Viele Mitstreiter spielen einfach nicht mehr und dieses Loch, welches sie hinterlassen haben, konnte niemand im Spiel so wirklich füllen. Zunehmend habe ich mehr für mich selbst gespielt als mit anderen.

Daran trägt das Spiel selbst auch in gewisser Weise Schuld. Die Sache ist halt die: früher war es notwendig, sich Leute für Instanzen zu suchen, und wenn man in einer Gilde oder Raidgruppe war, dann fiel einem diese Suche in der Regel nicht schwer. Einfach im Chat fragen, wer Bock hat, da findet sich sicher jemand. Seit einigen Jahren gibt es aber das "Suche nach Gruppe"-Tool. Dort muss man nur anklicken, dass man eine Instanz machen will und welche Rolle man ausführt und das Spiel sucht einem dann aus anderen Suchenden eine passende Gruppe zusammen. Wozu dann noch andere Fragen, wenn man in eine Instanz will? Wobei Tanks und Heiler oftmals binnen einer Minute eine Gruppe finden, während Damage-Dealer oftmals eine halbe Stunde in der Warteschlange hängen. Die Dungeonerfahrung wurde somit auch unpersönlicher, in diesen Randomgruppen wird neben einem eher obligatorischem "Hallo" kaum gesprochen.

Das Spiel ist im Laufe der Jahre sehr casualfreundlich geworden, mit guten wie auch schlechten Seiten. Früher musste man beim Questen/Farmen/Grinden sich mit Essen und, je nach Klasse, Trinken eindecken, um sich nach den Kämpfen wieder hochzuheilen und mit Mana aufzufüllen. Je nach Ausrüstung und Klasse reichte die Lebensenergie halt nur für zwei bis drei Gegner, dann brauchte man Heilung. Downtime nennt sich diese Zeit. Ein Konzept, dass im jetzigen WoW fast gar nicht vorkommt. Gegner gleichen Levels haben nur noch knapp ein Drittel soviel HP wie die Spieler und teilen viel zu wenig Schaden aus, um gefährlich zu werden. Man muss schon eine größere Gruppe auf sich ziehen, um ins Schwitzen zu kommen. Auch ist die Zahl an Quests, die man nur in einer Gruppe schaffen kann, stark zurückgegangen. Die Welt von Warcraft ist außerhalb der Instanzen eine sehr einzelspielerfreundliche.

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Und da liegt für mich als alter Hase ein großes Problem. WoW ist eintönig geworden. Zum einen fehlt mir der Anreiz, mich mit anderen Spielern zusammenzutun, weil ja alles alleine machbar ist. Zum anderen wurde eben dadurch auch ein Teil der Herausforderung aus dem Spiel genommen. Das betrifft auch die Instanzen. Warum wird so wenig in den Zufallsgruppen geredet? Weil es nichts zu besprechen gibt. Crowd Control braucht man nicht mehr, so ziemlich jeder Tank kann problemlos Gegnergruppen an sich binden, und selbst wenn man den Bosskampf nicht kennt - es ist recht schnell ersichtlich, was zu tun ist und die wenigsten Bosse bestrafen falsche Aktionen mit dem Tod eines Gruppenmitgliedes, außer der Heiler pennt. Seit einiger Zeit liefert das Spiel auch noch selbst die Bossguides mit. Ein kurzer Blick ins Dungeonhandbuch und man kann bequem im Spiel selbst nachlesen, was einen beim nächsten Boss erwartet.

Und somit ist Legion wieder mal nur ein Add-on, bei dem es in erster Linie darauf ankommt, so schnell wie möglich das Höchstlevel zu erreichen, damit man sich auf das Endgame konzentrieren kann. Der Weg zu Level 110 ist auch noch erschreckend kurz gestaltet, wenn ich an die 10 Level von 60 auf 70 in Burning Crusade denke, wofür ich über eine Woche brauchte. Ich habe zwar Level 110 noch nicht erreicht, aber gefühlt der halbe Server hatte am nächsten Tag bereits mindestens einen Charakter im Endgame. Level 101 hatte ich nach gut einer Stunde Questen beisammen.

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Zu guter Letzt spüre ich auch eine gewisse Ermüdung, was den Content angeht. Zum einen finde ich die neuen Bereiche einfach nur absolut uninteressant und irgendwie verwirrend. Ich mein, es geht um die Legion, warum kloppe ich mich schon wieder mit Vrykul herum? Und die fand ich schon in Wrath of the Lich King abgedroschen, weil die im Prinzip Wikinger sind, ohne was Interessantes draus zu machen. Zum anderen sind die Questreihen alle mal wieder nach demselben Schema aufgebaut. Hier 'ne Killquest, da 'ne Sammelquest, ab und zu mal eine "Geh da hin und drück drauf"-Quest. Wie immer wird man dabei einmal quer durch das Questgebiet geführt, und das Spiel tappt in dieselbe Falle wie damals schon in Warlords of Draenor, nämlich dass man ab der Hälfte der Quests schon überlevelt ist für das Gebiet. Die Geschichten, die auf dem Weg erzählt werden, fand ich auch nicht sonderlich spannend.

Ich habe Level 110 noch nicht erreicht. Ich habe es versucht, aber Legion konnte mich nicht lange genug an den Bildschirm fesseln. Nach spätestens 20 Minuten habe ich dann doch immer wieder ausgeloggt und was anderes gespielt. Werde ich meinen Account bald abmelden? Ich weiß es nicht. WoW ist seit zwölf Jahren Teil meines Lebens, irgendwie hänge ich noch dran. Ich schätz,e es ist für mich wie für andere die Schachtel Zigaretten. Man hört ja doch nicht auf. Und deswegen fühle ich mich auch nicht in der Lage, das Add-on zu bewerten. Legion ist für mich mehr vom Selben und das wurde mir jetzt auch so richtig bewusst.

Kommentare

Soulmate
Gast
13. August 2017 um 10:34 Uhr (#1)
Du sprichhst mir aus der Seele,

so geht es mir auch, ich habe das Abonnement ruhen lassen. da ich einfach jeden Char mittlerweile auf LvL 110 habe, GS880+ und mindestens ein Leggy je Charakter.

Es geht einfach alles zu schnell, alleine und ist dabei noch ermüdend unspektakulär. Ein MMORPG spiele ich doch wegen der Leute, den Herausforderungen die ich eben nur mit jenen Leuten schaffen kann.

Wer erinnert sich noch an das open World PvP im Alterac Tal, wo Horde und Allianz sich stundenlang gekloppt haben, einfach aus Spaß.

Wer erinnert sich noch an seinen ersten Ragnaros kill, das jubeln im TS, wo ein T-Set einem noch richtig was bedeutet hat. Wo man Nächtelang im TS gequatscht hat, ein Gefühl der Zugehörigkeit hatte unter hundert Gleichgesinnten.

Diese Zeiten Freunde sind leider längst vorbei.
Gast
29. März 2024 um 13:09 Uhr
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