WRC 6 im Test

(Artikel)
Adrian Knapik, 06. November 2016

WRC 6 im Test

Es fehlt das Salz in der Suppe

WRC 6 ist der zweite Teil der bekannten Rallye-Serie nach dem großen Entwicklerwechsel. Schon letztes Jahr konnte der Lizenz-Racer mit seinem gigantischen Umfang überzeugen, ließ aber gerade bei der sehr statisch daherkommenden Fahrphysik Punkte liegen. Dieses Jahr haben wir den neuen Ableger vor der Nase liegen und wollen ihn natürlich genauer inspizieren.

Grafik von gestern
Als ich letztes Jahr noch die PS4-Version von WRC 5 in der Hand hielt, hatte ich kein so großes Augenmerk auf den technischen Teil gelegt. Da wir aber dieses Jahr die PC-Version von WRC 6 betrachten, möchte ich auch auf die Qualität der Portierung eingehen, denn man sieht WRC den Konsolen-Ursprung deutlich an.

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Dabei sind es keine Kleinigkeiten, wie das für Controller optimierte Menü, die mich wirklich stören – denn Rennspiele spielt man auch auf dem PC ohnehin entweder mit einem Gamepad oder gleich einem Lenkrad. Mehr enttäuscht hat mich die Grafikqualität, denn WRC 6 sieht auf den höchsten Einstellungen zwar recht passabel aus, aber aus irgendeinem Grund existiert keine Möglichkeit für die Aktivierung einer Kantenglättung, sodass das ganze Bild absolut unruhig daherkommt. Bäume und Sträucher, Werbeschilder und Steinkanten flimmern einem durch die schnellen Bewegungen dermaßen entgegen, dass man am liebsten wegschauen möchte.

Aus der Ecke des Kuriosen habe ich auch noch etwas aufzutischen: etwa jedes dritte Rennen entdeckte ich einen Schluckauf in der gesamten Engine. Fas Spiel wird zwar weiter berechnet, aber nicht mehr ausgegeben. Das resultiert darin, dass das Bild für eine kurze Zeit stillsteht und dann, wie in einem Schnelldurchlauf, die versäumte Zeit nachgeholt wird. Natürlich brauche ich hier nicht zu erwähnen, dass einem so ein Hänger das ganze Rennen zerstören kann, oder? Nach den ersten Patches und mehrmaligem Aktualisieren meiner Grafiktreiber sind diese Ruckler zwar bis auf Weiteres verschwunden – falls ihr aber solche Probleme bemerken solltet, haltet euren Rechner in Sachen Software auf jeden Fall auf dem neuesten Stand!

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Fahren, bis der Arzt kommt
Aber wollen wir uns nicht zu lange mit diesen Dingen aufhalten, denn der Knackpunkt eines guten Rallye-Spieles liegt natürlich in der korrekten Fahrphysik und den fordernden Strecken. Zu den Strecken bleibt nur zu sagen: aufgrund der offiziellen Lizenz von der World Rally Championship sind alle aus dem Sport bekannten Tracks auch ins Spiel übersetzt worden. Das bedeutet, es gibt genug Futter für langen Rennspaß - und wenn euch langweilig wird, fahrt ihr die Strecken einfach rückwärts noch mal und habt wieder ein neues Erlebnis. So weit, so gut!

Die Fahrphysik ist im Grunde genommen wie letzte Jahr ziemlich gelungen, mit einem nicht zu übersehenden Haken. Wenn ihr nämlich Erfahrung mit Rallyespielen habt, werdet ihr auf lange Sicht keinen Spaß mit WRC 6 haben. Man merkt deutlich, dass die Fahrzeugphysik auf Anfänger ausgelegt ist – und das lässt sich auch nicht durch das Einstellen aller Regler in Richtung Simulation ändern. Das Auto liegt einfach deutlich zu stabil auf der Straße. Egal, was ihr für waghalsige Manöver macht, es ist fast immer möglich, den Wagen ohne Schäden zurück auf die Strecke zu bringen.

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Nur für Einsteiger
Wo wir gerade bei Schäden sind: auch diese werden deutlich zu nett kalkuliert. Wenn ihr einmal aus der Kurve fliegt und volle Granate den nächsten Felsen mitnehmt, passiert nämlich nahezu nichts mit dem Fahrverhalten. Es existiert zwar eine Anzeige, die euch über den Schaden an den diversen Teilen des Autos informiert, aber im Fahrverhalten spiegelt sich das einfach viel zu wenig wider. Erst, wenn ihr zehnmal frontal gegen einen Baum gerast seid und euer Reifen fünfmal von Steinen zerschlitzt wurde, bekommt ihr ernstzunehmende Probleme mit der Kontrolle über euren Wagens. Das ist einfach zu wenig Simulation für Rallye-Profis, aber eben genau richtig für Anfänger oder Gelegenheitsspieler, die sich freuen, wenn ein Fehler mal verziehen wird.

Die Ausrichtung auf Anfänger zieht sich auch durch die generellen Einstellmöglichkeiten von WRC 6. Denn in Sachen Gameplay lassen sich nur drei Regler umstellen: das Getriebe zwischen dem manuellen und dem automatischen Modus, die Fahrhilfen zwischen "Aus" und "An" und der Schwierigkeitsgrad der KI-Gegner in vier Stufen. Gerade, dass man die Fahrhilfen nicht weiter untergliedert, ist wirklich schade – denn so hat man hier nur die Wahl zwischen verdammt viel Unterstützung und eben gar keiner. Auch hier ist WRC 6 mehr für Gelegenheitsraser als für Enthusiasten ausgelegt. Für die ist das nämlich einfach zu wenig. Zumal es mit ausgeschalteten Fahrhilfen trotzdem so scheint, als würden Stabilisierungsprogramme dafür sorgen, dass man weiterhin an der Straße klebt.

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Im Kontrast dazu stehen die Schraubmöglichkeiten am eigenen Wagen, den man bis ins kleinste Detail modifizieren kann. Hier kann man wirklich jedes Teil mithilfe verschiedener Einstellungen auf seine eigenen Fahrgewohnheiten und Eigenheiten der Strecke anpassen – was wirklich überhaupt nicht zum restlichen Konstrukt von WRC 6 passt. Denn wieso sollen wir hier plötzlich alles einstellen können, wo an anderer Stelle so dermaßen vereinfacht wird?

Wie auf einer Beerdigung
Kommen wir zur Atmosphäre – und auch hier habe ich ein wenig was zu meckern. Eigentlich ist ja in einem Rennspiel die Atmosphäre nie wirklich im Vordergrund, denn die meiste Zeit konzentriert man sich ohnehin auf die Strecke. In manchen Teilen strotzt WRC 6 aber so vor Leblosigkeit, dass ich es einfach erwähnen muss. Als Beispiel: im Karriere-Modus ist das Hauptmenü eure Garage, in der euer Auto steht und sich eure Mechaniker aufhalten. Es stehen ungefähr fünf Mechaniker drin, wovon ungelogen je fünf gleich aussehen. Gleiches Modell, gleiche Frisur.

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Auch fehlt an vielen Stellen einfach die passende Musik im Hintergrund und Leben im Bild, denn viele Orte und Szenen wirken steril. In der Garage wagt es eure Klon-Armee von Mechanikern auch nicht, sich überhaupt einen Zentimeter zu bewegen. An anderer Stelle, wie bei den Siegerehrungen nach einer Rallye, gibt es dann plötzlich riesige Applaus-Wellen, Feuerwerke und ohrenbetäubende Musik. Die Atmosphäre wurde also einfach nicht konsequent in allen Bereichen umgesetzt – und so kommt es, dass sich das Spiel in Teilen wirklich so präsentiert, als sei gerade jemand gestorben. Hier muss einfach mehr Feuer rein, denn Rallye ist ein lauter, verrückter und dreckiger Sport. Und von alldem bekommt man beinahe nichts zu spüren.

Ansonsten unterscheidet sich der diesjährige WRC-Lizenz-Racer nicht wirklich viel vom Vorgänger. Es wurde an einigen Ecken und Kanten geschraubt, aber trotzdem gibt es noch unglaublich viel Potenzial nach oben. Dass WRC 6 deutlich auf Anfänger oder Gelegenheitsspieler ausgelegt ist, ist dabei nicht schlimm. Viel schlimmer sind die grauenvolle Atmosphäre, die einfach total befremdlich daherkommt, und die deutlich angestaubte Grafik. Somit reiht sich WRC 6 in die wiederkehrende Mittelklasse ein. Für Anfänger gut, für Routinisten nicht zu empfehlen. Adrian

WRC 6 wurde auf dem PC (Windows 10 64-bit, Intel Core i5-4670, 16 GB RAM, Radeon R9 270X) getestet. Ein Testmuster wurde uns von BigBen Interactive zur Verfügung gestellt.

WRC 6

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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23. April 2024 um 13:19 Uhr
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07. Oktober 2016
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