Stranger of Sword City im Test

(Artikel)
Haris Odobašic, 08. Mai 2016

Stranger of Sword City im Test

Der Fremde im Fegefeuer

Erst am Mittwoch hatten wir Ray Gigant im Test und jetzt gibt es schon wieder einen Dungeoncrawler für die Vita - und sogar vom gleichen Entwickler, Experience Inc! Doch abseits dieser oberflächlichen Ähnlichkeiten, könnten die Spiele nicht unterschiedlicher sein. Ray Gigant hatte den Charakter eines wilden Experiments, mit vielen ungewöhnlichen oder für das Genre sogar innovativen Elementen. Stranger of Sword City hingegen könnte direkt aus dem Lehrbuch stammen. Doch reicht das heutzutage noch?

Was genau nach dem Tod passiert, ist eine Frage, die die Menschheit seit Jahrtausenden beschäftigt. In Stranger of Sword City geht ihr auf die Suche nach einer Antwort. Nach einem Flugzeugabsturz findet ihr euch in einer Zwischenwelt wieder, irgendwo zwischen Leben und Tod. Ihr seid ein Stranger, eine besondere Seele in dieser Welt der herrenlosen Seelen, was euch Mächte gibt, die euch das Überleben ermöglichen in den harschen Verliesen, die auf euch warten, auf der Suche nach einem Sinn für eure Existenz in dieser neuen Welt.

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Doch da offenbaren sich auch schon wieder die typischen Schwächen der meisten Experience-Spiele. Die Welt ist interessant und wird dann im Verlauf des Spiels kaum noch ausgebaut. Dem Spieler werden keine echten Möglichkeiten gegeben, tiefer in das Universum einzutauchen, was auch sicher den Charakteren geschuldet ist. Da ihr eure Party komplett selbst aus generischen Charakteren zusammenstellt, gibt es keine herausragenden Persönlichkeiten. Die NPCs, die euch begegnen, sind meistens Questgeber oder Shop-Besitzer und bleiben auch farblos abseits nur grob gezeichneter Persönlichkeiten.

Zumindest die atypische Atmosphäre hat mir sehr zugesagt. Die anderen Experience-Spiele für die Vita sind nämlich alle in einem quietschbunten Animestil gehalten und bringen eben auch das zu erwartende Feeling rüber. Dieser Mix aus halbgarem Ernst und einer großen Menge Leichtherzigkeit, selbst wenn gerade die Erde so halb untergegangen ist. Die Welt von Stranger of Sword City hingegen spielt die post-apokalyptische Welt sehr realistisch, erinnert stellenweise mit seiner Düsterheit auch an westliche und westlich-angehauchte Rollenspiele wie Dark Souls.

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Nach der Einführung dürft ihr schon bald Charaktere erstellen, wählt aus den üblichen offensiven, defensiven und unterstützenden Klassen eine Sechser-Party, um die Herausforderungen zu überwinden. Hier zeigt Stranger of Sword City schon leichte Besonderheiten. Denn Charaktere, die ihr erstellt, haben Lebenspunkte. Wer im Kampf fällt, verliert auch einen Lebenspunkt. Wer keine mehr hat? Ist endgültig tot.

Ganz so fies wie es klingt, ist es dann aber nicht. Lebenspunkte lassen sich regenerieren, aber nur gegen hohe Kosten oder indem ihr eure Charaktere für einen längeren Zeitraum aus der Party nehmt. Dennoch, das Wissen um den immer drohenden Permadeath für manche eurer Figuren beeinflusst stark, wie ihr beim Spielen vorgeht.

Denn, wie es sich für das Genre gehört, ist das Spiel bockschwer. Ich hatte schon im Tutorial-Dungeon haarige Situationen, wo ich fast den ein oder anderen Charakter verloren hätte, weil ich unvorsichtig oder übermütig war. Und das wird dann tatsächlich nur noch schlimmer, je weiter man vorankommt. Nicht nur die Bosse können es euch ordentlich geben, auch normale Feinde überraschen immer wieder. Vor allem, wenn aus dem nichts ein Feind auftaucht, der gut zehn Level stärker ist als die anderen Standard-Gegner und man blöderweise nicht darauf achtet. So sterben euch die Charaktere weg, Leute!

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Eine der zentralen Mechaniken des Spiels ist sogar, dass man sich in bestimmten Arealen auf die Lauer legt, um eine Gruppe starker Gegner zu überrumpeln. Diese lassen dann dafür aber auch immer eine Kiste mit Loot fallen, was im Spiel die beste Möglichkeit ist, an richtig gute und besondere Ausrüstung zu kommen. Das System gefiel mir besonders gut, weil man so zwar die Möglichkeit hatte, sich gutes Loot zu besorgen, aber eben nur wenn man bereit ist, ein entsprechendes Risiko einzugehen. Auch hier spielt der Zufall mit, manchmal ist in der Kiste nur Müll, aber es ist ein kontrollierbarer Zufall.

Leider sind die guten Mechaniken nicht unbedingt appetitlich verpackt. Dungeons sehen dröge aus, Gegner sind schön gezeichnete aber komplett flache und animationsfreie Bitmaps. Aufwändige Effekt gibt es auch nicht, selbst bei mächtigsten Zaubersprüchen und Spezialangriffen. Wenigstens die Figurenporträts sind schön, wobei man hier kurioserweise die Möglichkeit hat, umzuschalten, wie die NPC-Porträts aussehen sollen. Der eine Zeichenstil ist Anime und der andere Zeichenstil ist Anime mit nicht ganz so großen Augen. Mir persönlich gefiel der standardmäßige Grafikstil besser, wo die Charaktere nicht ganz so extrem nach Anime aussehen, was besser zu der allgemeinen Spielatmosphäre passt.

Stranger of Sword City hat viele gute Elemente, auch wenn es mich nicht ganz gepackt hat. Die Umsetzung eines klassischen Dungeoncrawlers ist auf einem guten Niveau gelungen, so dass Genre-Veteranen hier womöglich besseres Futter finden werden als beim einsteigerfreundlichen Ray Gigant. Aber alles, was nicht direkt mit den Genre-Mechaniken zusammenhängt, ist eher auf einem mäßigen Niveau. Minimalstory und lahme Nebencharaktere; eine interessante Welt mit spannender Atmosphäre, in die man aber niemals richtig eintauchen kann, weil das Spiel euch nicht die Freiheiten gibt. Noch vor ein paar Jahren wäre Stranger of Sword City ein echter Genre-Kracher gewesen. Doch jetzt, wo sogar die Etrian-Odyssey-Reihe sich angewöhnt hat, mehr als nur pure Mechaniken zu bieten, fühlt sich das Spiel wie ein Relikt vergangener Zeiten an. Noch immer gut, noch immer spielenswert, aber man ist mittlerweile doch anderes gewohnt. Haris

Stranger of Sword City wurde auf der PS Vita getestet. Ein Rezensionsexemplar wurde uns von NIS America zur Verfügung gestellt.

Stranger of Sword City

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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RELEASE
29. April 2016
PLATTFORM
PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
PS Vita
Plattform
Xbox One
Plattform - Nachfolger der Xbox 360 von Microsoft. Angekündigt am 21. Mai 2013, ist die Heimkonsole am 22. November 2013 in Deutschland und weiten teilen Eruopas erschienen.

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