Rocket League im Test

(Artikel)
Rian Voß, 07. Januar 2016

Rocket League im Test

Das beste Fußballspiel für Fußballhasser

Mal unter uns: Fußballspiele sind nicht sehr realistisch. Die Spiele besitzen zwar eine penibel erarbeitete Ballphysik, das Stadion dröhnt nur so vom Geheule der Fans, die Animationen der Ballartisten werden immer filigraner und es werden Unsummen ins Lizenzieren bekannter Moderatoren, Clubs und Arenen gesteckt. Dennoch fühlen sich Fußballspiele nicht realistisch an.

Man guckt von oben auf ein Feld, springt wie ein böser Geist zwischen seinen elf Spielern hin und her und wenn man ein Tor schießen möchte, muss man drei Tasten gedrückt halten und auf der Tanzmatte im dritten Controllerslot Zeldas Song of Time nachspielen. Übermäßige Komplexität, Distanz und das gleichzeitige Ausfüllen von Spieler- und Trainerrolle fügen eine Abstraktionsschicht hinzu, weswegen kein FIFA und kein PES sich so anfühlen wie mal eben auf dem Bolzplatz mit Kumpels das Runde ins Eckige zu kicken. Nun, es hat etwa zwanzig Jahre gedauert, aber 2015 wurde dieses Problem endlich gelöst. Mit Autos.

Nonsense Gaming Org spielt Rocket League.

In Rocket League ist alles irgendwie nicht so ganz richtig. Das Stadion ist klein, der Ball ist riesengroß. Man selbst sitzt am Steuer eines futuristischen Boliden mit Raketenantrieb und Sprungfedern an den Achsen und wenn man will, kann man an Wänden und Decken fahren. Das klingt jetzt erst mal nicht so sehr nach damals auf dem Schulhof. Trotzdem hat mich Rocket League mehr ins Fußballfeeling versetzt als die Bundesliga oder das mittelmäßige WM-Spiel. Denn zu aller erst ist Rocket League simpel. Zwei bis acht Spieler tummeln sich in der Arena und es gibt nur eine Regel: Krieg den Ball mit allen Mitteln ins gegnerische Tor. Es gibt kein Abseits, keine Fouls, keine Eck- oder Strafstöße. Das höchste der Gefühle ist die Overtime: Falls beim Ablaufen des Timers kein Team in Führung liegt, entscheidet das nächste Tor.

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Die Steuerung ist dabei genauso simpel wie die Spielregeln. Beschleunigen und Bremsen sind die Brot- und Butter-Tasten. Die Autos fahren sich, entsprechend des kuriosen Settings, sehr arcadig, kommen gut um Ecken und scheren sich nicht groß um den Bodenbelag. Hinzu kommen eine Sprungtaste, der Boost und ein Drift-Knopf. Zuletzt kann man die Ballkamera hinzuschalten, mit der das Objekt der Begierde immerzu im Bildschirmfokus liegt.

Allein mit dieser überschaubaren Steuerung eröffnen sich schon viele Manöver mit entsprechend vielen taktischen Möglichkeiten. Man kann gegen andere Spieler kämpfen, sie wegrammen, den Ball durch seitliche, frontale oder rückwärtige Doppelsprünge in unerwarteten Winkeln wegbolzen oder mit dem Boost kurze Strecken fliegen. Man kann sich ins Getummel um den Ball stürzen oder mit ein wenig Abstand auf einen goldenen Pass warten, um den Ball ins Tor zu verfrachten, welches dann zur Feier der Stunde explodiert. Dank Wand- und Deckenfahrten kann man das gegnerische Team auch überraschen. Es macht unheimlich Spaß, neue Techniken auszuprobieren, mit denen man eingespielte Gegner kalt erwischt. Ich habe bis heute noch kein Fallrückziehertor geschafft, aber auch das wird noch kommen!

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Trotz des simplen Spielprinzips à la "Warum bin ich da nicht drauf gekommen?!" steckt eine Menge Wissen seitens der Entwickler in Rocket League. Dass man im Spiel die Übersicht behalten kann, liegt allein an der flüssigen Kameratransition und den gut erkennbar eingefärbten Stadionhälften. Jeder Sprung und jeder Kick fühlt sich richtig an und der Ball hat das optimale Sprungverhalten, um ihm auch folgen zu können und nicht ständig herumrasen muss. Auch die Soundkulisse stimmt und dank des Schnellchats kann man sich auch mit zufälligen Mitspielern rudimentäre Taktiken zurechtlegen.

Damit das Spiel nicht langweilig wird (was es sowieso nicht wird), gibt es außerdem noch eine Modi-Auswahl für Matches mit Teamgrößen von ein bis vier Spielern sowie einen Chaos-Modus, in dem zufällige Mutatoren alles auf den Kopf stellen. Dann ist der Ball halt auch mal ein superschneller Würfel. Kann passieren. Zudem bekommt man ständig irgendwelche Kosmetikitems zugeschoben, mit denen man sein Auto bis zu den Radkappen pimpen kann. Ich bin ein rostiger Hotrod mit einer Herzchenantenne.

Rocket League macht einfach nur Spaß. Die fünf Minuten Action eines Matches vergehen ratzfatz und nicht selten bin ich kurz vorm Schlafengehen in die "Och, eine Runde geht noch"-Falle getappt. Zudem kann man sich auch in der PC-Version mit Freunden im Splitscreen auf die Couch setzen. Nobel, nobel! Letztendlich kann ich nur sagen, dass Rocket League das wohl beste Fußballspiel für Leute ist, die keine typischen Fußballspiele mögen.

Rocket League wurde auf dem PC (Windows 10 64-Bit, 16 GByte RAM, Intel Core i5-4690, Nvidia GeForce GTX 970) getestet. Für den Test hat sich der Redakteur das Spiel selbst gekauft.

Rocket League

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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RELEASE
07. Juli 2015
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