Danganronpa: Ultra Despair Girls im Test

(Artikel)
Haris Odobašic, 27. August 2015

Danganronpa: Ultra Despair Girls im Test

Tötet die Erwachsenen!

Eine der größten Überraschungen im letzten Jahr waren die zwei Danganronpa-Spiele, die mit ihrem Mix aus Psychoterror-Visual-Novel und Adventure durchaus die Spielewelt begeistert haben. Man muss einfach nur zu irgendeinem Otaku-Event gehen und kann sich sicher sein, dass man mehrere Danganronpa-Cosplayer finden wird. Nicht schlecht für solch ein Nischenspiel, aber die große Anzahl an herausstechenden Charakteren kombiniert mit einem spannenden Setting war ein Quasi-Garant für eine große Fanbasis. Wenig überraschend, dass dieses Jahr nachgelegt wird mit Danganronpa Another Episode: Ultra Despair Girls.

Die zwei bisherigen Spiele der Reihe folgten einem ähnlichen Schema: ihr seid eingesperrt mit euren Klassenkameraden, die sich gegenseitig abschlachten, während ihr versucht, die Morde aufzuklären und nebenbei dahinter zu kommen, wieso ihr überhaupt in dieser Situation seid. Ultra Despair Girls wirft dieses Konzept komplett aus dem Fenster! Stattdessen schlüpft ihr in die Rolle von Komaru Naegi, die kleine Schwester des Hauptcharakters Makoto Naegi aus Teil Eins. Sie ist ein wirklich stinknormales Schulmädchen. Eigentlich alle Figuren in Danganronpa sind etwas Besonderes, haben ein Talent, mit dem niemand anderes mithalten kann, doch Komaru ist einfach nur sie selbst. Trotzdem rettet sie das nicht, als sie, kurz nach Schuleintritt ihres Bruders an der Hope’s Peak Academy, entführt wird und seitdem in Gefangenschaft lebt.

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Zum Start von Ultra Despair Girls sind mittlerweile eineinhalb Jahre vergangen – in der Zeitlinie genau zwischen Teil Eins und Zwei --, als sich Komarus Leben signifikant ändern soll: sie kommt frei. Doch die Freude über die Freiheit währt nicht lange. Sie muss feststellen, dass es in ihrer Stadt, Towa City, gerade ziemlich drunter und drüber geht: eine Art Kinderaufstand, bei dem der Nachwuchs mithilfe von Monokuma-Robotern die Erwachsenen abschlachtet. Mitten in diesem Chaos trifft sie auf Toko Fukawa, auch eine Figur aus dem ersten Teil, anti-soziale Schriftstellerin mit geheimnisvollen Hintergrund, und die beiden Mädchen schließen sich notgedrungen zusammen, um die Flucht aus der Stadt zu schaffen.

Komplett wehrlos seid ihr dabei zum Glück nicht. Um euch gegen die Monokumas zu verteidigen, habt ihr ein umgebautes Megaphon zur Verfügung. Mag auf den ersten Moment nach ein bisschen wenig klingen, doch die Schallwellen, die dieses Megaphon verschießt, enthalten Programmcodes, die den Roboterpuppen eindrucksvoll den Garaus machen können. Wobei es nicht bei blinder Zerstörung bleibt. Im späteren Verlauf kriegt ihr die Möglichkeit, die Art der Programmcodes zu wechseln. Dann bringt ihr die Monokumas plötzlich zum Tanzen oder könnt sie wegschleudern, sowie mit den unterschiedlichen Schussvarianten, Truth Bullets genannt, die Umgebung ins Spiel bringen. Der Paralyseschuss auf einen Killerteddie, der in einer Pfütze steht, brät seine Freunde in der Nähe gleich mit.

Und wenn es mal wirklich knapp wird, kann man per Knopfdruck den Charakter wechseln und steuert Toko in einem Hypermodus, dessen Einsatzzeit jedoch stark begrenzt ist. Das wird aber gleich mehrfach ausgeglichen, denn sie ist nicht nur unbesiegbar, sondern hat auch ein Arsenal vernichtender Attacken in Petto. Gerade die Spezialangriffe, begleitet von kuriosen Zwischensequenzen, können auch gerne mal auf einen Schlag ein halbes Dutzend Monokumas vernichten oder sogar die Bossgegner erheblich schwächen.

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Man muss dabei aber sagen, dass die Umsetzung der Shooter-Mechanik nicht ganz einwandfrei ist. Wenn man andere Genrevertreter mit aufwändigen Deckungsmechaniken, hochpräziser Steuerung und massiver Action kennt, fällt der Vergleich zu Danganronpa nicht unbedingt positiv für das japanische Spiel aus. Das Gameplay ist passabel umgesetzt und zeigt ein paar interessante Ideen, aber man merkt einfach, dass das hier ein erster Versuch im Genre ist und es Elemente gibt, die man mittlerweile anders und besser gewohnt ist. Ein Deckungssystem ist zum Beispiel nicht vorgesehen, die Gegner-KI sehr simplistisch.

Deswegen ist es vielleicht gut, dass Ultra Despair Girls es schafft, sich zu keinem Zeitpunkt wie ein Third-Person-Shooter anzufühlen. Es passiert selten, dass man zwei Schusssequenzen hintereinander absolvieren muss. Immer wieder quetschen sich Rätsel, Exploration und Exposition dazwischen, dass selbst jemand vollkommen Genrefremdes keinerlei Ermüdungserscheinungen erwarten muss, was sicherlich auch durch den relativ milden Schwierigkeitsgrad unterstützt wird. Wer schon Spiele des Genres gezockt hat, sollte unbedingt den höchsten Schwierigkeitsgrad selektieren.

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Diese große Menge an Abwechslung tut dabei auch wirklich gut, denn gerade die Geschichte war das, was die anderen Spiele der Reihe so besonders machte. In einem anderen Shooter würden mich die vielen Zwischensequenzen, die gerne auch mal eine Viertelstunde einnehmen, nerven, doch bei Danganronpa freute ich mich jedes Mal richtig, weil ich wusste, dass das Spiel dort zu Höchstform auflaufen wird.

Auch dieses Mal wird brilliert mit dem typischen Danganronpa-Mix: unverwechselbare Charaktere, eine große Prise Mystery und natürlich viel Verzweiflung. Gerade letztere ist mal wieder großartig umgesetzt. Die kindlichen Antagonisten, die hinter der Situation in Towa City stecken, haben nämlich allesamt eine interessante Hintergrundgeschichte, sind selbstverständlich nicht grundlos den Erwachsenen so böse gesonnen. Dabei werden auch ein paar dunklere Themen angesprochen und es ist dem Spiel hoch anzurechnen, dass man diese Momente glaubwürdig aber auch mit dem nötigen Respekt transportiert, dem Charakter und der Atmosphäre der Reihe dabei aber immer treu bleibt. Es wäre wirklich schön, dass sich auch mal westliche Produktionen an so Themen wagen würden.

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Update 02.07.2017: Knapp 2 Jahre nach Release wurde Ultra Despair Girls auch auf die PlayStation 4 geportet, wohl so als Snack in Vorbereitung auf Danganronpa V3. Ultra Despair Girls bietet auch auf der PlayStation 4 seine Qualitäten und sieht dank des grafischen Upgrades - höhere Auflösung und eine stabilere Framerate - um einiges besser als auf der Vita aus. Wer aber die VIta-Fassung gespielt hat, braucht nicht unbedingt nochmals zurückgreifen. Hier wurde wirklich nur auf eine neue Plattform umgesetzt: Wer auf Bonuscontent gehofft hat, wird enttäuscht.

Danganronpa Another Episode: Ultra Despair Girls ließ mich gleich zu Anfang starke Verzweiflung spüren: das erste Kapitel bestand zu gut 50 % aus Backtracking und auch das etwas sperrige Gameplay bedurfte einiger Gewöhnung. Würde sich das etwa so durch das ganze Spiel ziehen? Zum Glück verlor ich nicht die Hoffnung und wurde entsprechend belohnt. Ab dem zweiten Kapitel nimmt die Abwechslung zu und auch das Gameplay fängt sich durchs Hinzufügen neuer Truth Bullets, die für taktischen Anspruch sorgen und den Rätseln Tiefe verleihen. Narrativ macht Danganronpa sowieso nichts falsch, wird hier doch das Niveau der Spiele aus der Hauptreihe locker getragen. Die Rolle als Bindeglied zwischen erstem und zweiten Teil wird perfekt erfüllt, weil man einerseits vielen altgeliebten Charakteren noch ein Stück mehr Hintergrundgeschichte verleiht und so ihre Persönlichkeiten genauer zeichnet, andererseits man sich aber auch die Zeit nimmt, die Mythologie der Spielereihe zu vertiefen und so manches größeres Geheimnis auf diesem Wege zu lüften. So ist Ultra Despair Girls nach dem ersten Schock über den Genresprung ein mehr als würdiger Teil der Reihe, der die Vita um eine weitere Perle bereichert.Haris

Danganronpa Another Episode: Ultra Despair Girls wurde auf der PS Vita getestet. Ein Testmuster wurde uns von NIS America zur Verfügung gestellt.

Danganronpa Another Episode: Ultra Despair Girls

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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RELEASE
04. September 2015
PLATTFORM
PS Vita
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