Jazzpunk im Test

(Artikel)
Paul Rubah, 02. März 2015

Jazzpunk im Test

Nimm die Fliegenklatsche, verprügel die Geisha

Was zur Hölle ist Jazzpunk? Ich kenne Cyberpunk: viele Computer, Cyborgs und Anarcho-Mentalität. Ich kenne auch Steampunk: viktorianische Klamotten, Luftschiffe, Vakuumröhren und Erfindertum. Jazzpunk muss dann ja auch irgendwas mit Technologie zu tun haben. Und ja: In Jazzpunk ist fast jede Figur ein Roboter. Außerdem befinden wir uns mitten im schrillen Leben von Sax & Rock 'n' Roll und dem Kalten Krieg. Außerdem scheinen die USA nun in Neu-Japanesien umbenannt worden zu sein.

jazzpunk-furzkissenDer Text dieses Reviews ist nicht wichtig. Guckt auf die Bilder und schaut das Let's Play.

Jazzpunk gehört zu diesen Spielen, bei denen jedes Wort im Review schon zu viel des Guten ist. Kurz und knapp: Jazzpunk ist lustig. Zum größten Teil ist es albern und merkwürdig und nimmt sich zu keiner Sekunde ernst. Wer den Humor von Monkey Island zu bieder findet, der wird seine Lachmuskeln mit Jazzpunk auf Jahre hinaus überstrapazieren. Es wird aber auch einige geben, die mit diesem spielgewordenen LSD-Trip absolut nichts anfangen können.

Wirklich: Das Let's Play und die Bilder sagen euch alles, was ihr wissen müsst.

Also. Im Grunde genommen spielt man Polyblank, einen britischen Geheimagenten. Vielleicht. Jedenfalls soll man Missionen erledigen, wichtige Dokumente oder auch mal eine High-Tech-Niere stehlen und entkommen. Wer einen Speedrun machen will, könnte das Spiel wahrscheinlich in zehn Minuten beenden - aber darum geht es gar nicht! Man kann auch ein "Wo ist Walter?"-Buch aufschlagen und konzentriert jedes Bild nur nach dem rotweiß-geringelten Kerl abgrasen - aber darum geht es gar nicht! Der Witz ist doch, dass auf den Bildern so viele lustige Szenen versteckt sind. Es ist ein Meer an Eastereggs. Und genau so ist Jazzpunk: ein Meer an Eastereggs. Es gibt in dieser komplett linearen Geschichte enorm viel am Straßenrand zu entdecken, das euch die Lachtränen in die Augen treiben oder einfach nur belämmert dastehen lassen kann.

jazzpunk-konsulatIch schreibe gerne Reviews, aber man muss sich auch eingestehen können, wenn der Aufwand echt deplatziert ist. Guckt euch einfach die Bilder und das Let's Play an.

Es ist einfach nur bizarr. Wenn man mich fragen würde, wie man Jazzpunk am besten aus anderen Werken zusammenpuzzlen würde, dann würde ich sagen: Man nehme den fantastischen Milkman-Level von Psychonauts, strecke ihn auf zwei bis drei Stunden, füge etwas Austin Powers und einen deftigen Schuss 00 Schneider - Jagd auf Nihil Baxter hinzu und präsentiere die Kreation im Look von Thirty Flights of Loving.

Alles an diesem Spiel ist so surreal wie wundervoll. Man findet ein Schaf, das so lange Ork-Sprachsamples aus WarCraft von sich gibt, bis es explodiert. Sprüht man zufällige Figuren mit Taubenpheromonen ein, kommen die Viecher angeflogen und tragen den NPC davon. Und natürlich ist die Warteschleifenmusik von der Kreml-Hotline das Tetris-Thema. Es gibt Momente in diesem Spiel, nach denen ich erst einmal pausieren und mich sammeln musste. Etwa als ich ein nasenförmiges Schloss mit meinen zwei Zeigefingern knacken musste. Ich könnte schwören, dass mir an der Stelle sogar die Kinnlade runterklappte, sich die Augen kreuzten und ich zehn Sekunden nur noch "Durrrrr!" von mir gab. Das ist eine Wirkung, die kann nicht jedes Spiel replizieren und selbst Filme von Wes Anderson tun sich schwer, mir dermaßen euphorischen Kopfschmerz zu bescheren.

jazzpunk-kremlEin meisterliches Review wäre wahrscheinlich witziger als Jazzpunk. Dieses ist es leider nicht. Guckt einfach die Bilder und schaut das Let's Play.

Oberstes Gebot bei Jazzpunk ist der Humor. Die Entwickler waren anscheinend der Ansicht, dass zu viele Spielemechaniken nur stören würden, deswegen muss man großartiges Gameplay braucht man nicht zu suchen. Man kann auch nicht sterben. Aber immerhin ist Jazzpunk nicht so ein prätentiöser Kunst-Mist wie Dear Esther - es GIBT Gameplay! Immer mal wieder stößt man auf Minigames, wie Golf, den Katzensimulator oder man muss auch mal 3D-Pong spielen oder einen Vasenladen von Fliegen befreien. Das sind aber fast ausschließlich optionale Teile, die mit dem einen oder anderen Lacher belohnt werden. Da macht es selbst Spaß, mit dem Metalldetektor einen Strand abzulaufen, um verbuddelte Schätze zu finden. Ab und an muss man sogar ein wenig denken! Agent Polyblank hat nämlich ein durchschaltbares Inventar und manchmal muss man dann die richtigen Objekte mit den richtigen Objekten kombinieren. Keine Quantenphysik, aber hey, die Abwechslung macht das Spiel.

jazzpunk-dateitransferIch weiß auch nicht mehr weiter. Schaut euch einfach die Bilder und das Let's Play an.

Letztendlich hängt alles komplett von eurem Humor ab. Jazzpunk wirft keine Gameplay-Barrieren zwischen Spieler und Pointen, die Musik ist gut und auch die bizarre 60er-Optik macht was her - selbst wenn man die Animationen kaum als solche bezeichnen kann. Mir hat der Humor gut gefallen und ich würde mich mal aus dem Fenster lehnen und sagen, dass die Leute, für die Jazzpunk nichts ist, schon vom ersten Screenshot effektiv abgeschreckt werden. Und wenn ihr einen Richtwert haben wollt, ab wann denn ein Kauf lohnen würde, dann peilt am besten fünf Euro als Maximum an. Es könnten die bestinvestiertesten fünf Euro eures Lebens sein!

Jazzpunk wurde auf dem PC getestet. Der Autor hat sich das Spiel selbst gekauft.

Jazzpunk

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

Kommentare

Nils
07. März 2015 um 22:37 Uhr (#1)
Ich....bin nicht sicher, was ich da gerade im Let's Play gesehen habe... xD
Gast
16. April 2024 um 09:19 Uhr
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07. Februar 2014
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