Salami-Taktik

(Artikel)
Paul Rubah, 09. Mai 2017

Salami-Taktik

Wenn's ein bisschen mehr sein darf

"Ein Kilo Hack." "Wie bitte?", fragt mich der Mann. "Ein Kilo Rinderhack", wiederhole ich. "Ach so." Von der Fleischtheke aus beobachte ich, wie der dicke Fleischfachverkäufer mit den Plastikhandschuhen und der Schirmmütze Fleischbrocken in den Fleischwolf wirft. Es rödelt laut und das, was mal Kuh war, türmt sich als rosarote Wurmkolonie auf der Arbeitsfläche. Der Mann - sein Namensschild liest Hr. Popovich - klatscht das Frikadellenrohmaterial auf die Waage. 750 Gramm. Er schaufelt ein Stück ab. 698 Gramm. Hr. Popovich wirkt zufrieden. Er füllt das Hack in eine dünne Tüte, zwirbelt sie zu, tut sie in eine weitere Tüte. Dann druckt er einen Zettel aus, tackert ihn an die Tütentüte, legt das Bündel auf den Thresen und fragt: "Darf es noch was sein?" Ich starre ihn an. "Na ja, wie wäre es mit den restlichen 300 Gramm?"

Dieser Beitrag wurde erstmals am 27.10.2014 veröffentlicht.

"Wie bitte?", fragt er. "300 Gramm, Mann", antworte ich. "Ich wollte ein Kilo Hack." Hr. Popovich guckt mich an, als wäre ich schwer von Begriff. "Die kommen noch", sagt er betont langsam. "Und wann?", frage ich erstaunt. "Kann ich nicht sagen", antwortet er. "So zwei bis drei Monate vielleicht. Wir arbeiten dran und sagen Ihnen Bescheid, wenn wir fertig sind." Ich deute auf die Brocken, die neben dem Fleischwolf liegengeblieben sind. "Aber da vorne liegt doch das Fleisch. Können Sie es nicht einfach dazu tun?" "Nee, so einfach ist das nicht." "Wie, nicht?" "Nee. Zwei bis drei Monate."

Na gut, dachte ich mir. 700 Gramm gehen auch. Das reicht ja noch so. Wird ein bisschen eng werden, aber dann muss ich die Frikadellen halt kleiner machen. Kann ja mehr Käse und Salat auf die Burger tun. Ich wollte gerade abzischen und mich nicht mehr weiter mit diesem debilen Kerl abgeben, da fällt mein Blick auf den Zettel an der Tütentüte. Ich wende mich zu Hr. Popovich, den ich beim Nasepopeln störe. "Entschuldigung?" Er zieht den Plastikhandschuhfinger aus dem Zinken. Ein durchsichtiger Faden verbindet die Körperteile noch für wenige Momente, und reißt dann ab. "Was ist denn noch?", blafft er. "Zwei bis drei Monate!" "Ja, ich weiß schon, aber der Preis auf dem Zettel stimmt nicht." "Wie?", fragt er. "Na hier." Ich zeige ihm den Zettel an der Tütentüte. "Was soll da nicht stimmen?", fragt er. "Ist das nicht ein bisschen teuer? Für so wenig Fleisch?" "Nee", sagt er. "So sind die Preise für das Kilo Hack heute." "Aber es sind doch nur 700 Gramm." "Äh, ja, meine ich ja." Er steckt demonstrativ den Finger in die Nase.

Na gut, dachte ich mir. Ist zwar etwas teuer, aber Hauptsache Hack. Ich werde die Burger ja mit meinen Freunden essen, das ist mir den kleinen Aufpreis schon wert. Besser als ohne Burger. Ohne Burger wäre doof. Ich wollte gerade abzischen und mich nicht mehr weiter mit diesem blutgierigen Kapitalisten abgeben, da fällt mir ein zweiter Zettel unter dem ersten Zettel auf, der an der Tütentüte hängt. Er zeigt mehr Hack und die Aufschrift "Coming soon". "Was ist das denn?", frage ich Hr. Popovich. Hr. Popovich schmierte sich den Ertrag seiner Goldsuche an den Mützenschirm. "Was denn nun noch?" Er beäugte den Zettel unter dem Zettel. "Ach so. Das ist nur Werbung für die 300 Gramm Hack." Ich tippte mit dem Daumen auf eine Zahl. "Und der Preis? Ich dachte, sie sagen mir Bescheid, wenn die anderen 300 Gramm fertig sind." Hr. Popovich grunzt. "Schon, aber zahlen müssen Sie ja wohl trotzdem. Seien Sie froh, dass wir Ihnen überhaupt Bescheid sagen und Ihnen nach Erscheinen der 300 Gramm einen Monat lang jede Woche einen Flyer nach Hause schicken. Das kostet Sie nix. Seien Sie mal froh!"

Ich hätte nie gedacht, dass man beim Kauf von einem Kilo Rinderhack so viel beachten muss. Zu Hause machte ich mit meinen Freunden die Burger, aber so richtig toll haben sie nicht geschmeckt. Es fehlte irgendwie an Substanz. Ich glaube nicht, dass die 300 Gramm das in zwei bis drei Monaten noch wieder wett machen werden. Vielleicht hätte ich mit den Burgern einfach warten sollen, bis das ganze Kilo erhältlich ist.
Nach dem Essen spielten wir ein wenig Destiny mit unseren Level-27-Charakteren. Zwar gibt es da immer noch keine abwechslungsreichen Missionen oder lustige Fahrzeuge oder eine einspannende Storyline, aber vielleicht wird das ja mit dem DLC The Dark Below im Dezember endlich was. Ich zeigte meinen Freunden auch meine DPad-WG in Sims 4. "Wo sind die Pools?", fragte eine. Keine Ahnung, kommen vielleicht noch. "Und Babies?" Ich erinnerte mich an etwas, was ich online gelesen hatte. "Der Entwickler hat sie rausgenommen, weil sie sich auf KI und Editor konzentrieren wollten. Liefern die bestimmt noch nach." Die Sims 3 hatte elf Erweiterungen.

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