Sunset Overdrive

(Artikel)
Paul Rubah, 18. August 2014

Sunset Overdrive

Wir schmieden einen nuklearen Zweihänder

Die Spielepräsentationen am Xbox-Stand sind traditionell enorm stressig. In einer halben Stunde soll viel geschafft werden, deswegen werden im Akkord Features gezeigt und Infos von trockenkehligen Entwicklern runtergerattert. Sunset Overdrive war da nicht anders: Insomniac stellte für die europäische Megamesse in kürzester Zeit viele neue Gegnertypen, Waffen und eine bisher unbekannte Mission vor, statt nur E3-Fraß in der Mikrowelle aufzuwärmen. Ganz von sich überzeugen kann der bunte Third-Person-Shooter aber immer noch nicht.

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Nachdem wir als weiblicher Spielercharakter in einer ziemlich witzigen Zwischensequenz den selbsternannten Daimyo einer bekannten Pfadfinder-Verein aufsuchen, der sich in einem japanischen Museum des Bushido-Kodex angenommen hat (bereits von der E3 bekannt), ist der Spieler damit beauftragt ein ganz tolles Samurai-Schwert zu finden. Der schon ziemlich absurde Missionsstart in einer mutantenüberrannten Stadt eskaliert schnell in die höheren Sphären des Abstrusen, sobald wir die Bleibe des Samuraimeisters finden, dem das Schwert gehört. Der ist nämlich abgehauen und hat all seine wertvolle Habe hinterlassen - Statuen, Vasen, Andenken und ein Abschiedsschreiben. Nur das bescheuerte Schwert hat er natürlich mitgenommen. Ein Anruf bei einer Freundin und Schmiedeenthusiastin genügt, um herauszufinden, wie wir eine neue Klinge anfertigen.

Endlich sinnvoller Quicktravel! Die Spielfigur besäuft sich und wacht am Zielort auf.
Erst braucht's Metall. Kein Problem, beim Meister stehen ja überall unbezahlbare Handarbeiten aus Hypertitan (oder so) herum. Die werden jetzt erst mal eingeschmolzen. Das geht am besten in einem Kernkraftwerk, weil nukleare Schwerter automatisch besser sind. Um das heiße Metall auch mit ordentlich Power in Form zu bringen, müssen wir als nächstes auf einen Turm klettern, schließlich kriegen wir nur bei Endgeschwindigkeit einen guten Hammerschlag hin. Zuletzt muss das glühende Schwert der Nuklearen Verendung +5 im Wasser abgekühlt werden. Bis dahin brennt es und verursacht Feuerschaden an jeder armseligen Kreatur, die sich uns in den Weg stellt.

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Auf dem Weg durch die Mission gibt es viele neue Gegner und Waffen zu sehen. Schleimschießende Gunker mit hydraulischem Tank auf dem Rücken explodieren lichterloh, Spawner, denen alle naslang neue Feinde aus dem einverleibten Müllcontainer springen, erledigt die Protagonistin mit einem Dynamit-Teddy-Raketenwerfer, fliegende und Feuer speiende Wingers zerschellen per Gefrierbombe am Boden.
Von A nach B nach C berühren die Sohlen unserer Figur nur selten festen Boden. Stattdessen wird auf Geländern gegrindet, an Oberlandleitungen gerutscht, auf Markisen gebouncet oder an Wänden gelaufen. Dabei hat man immer wieder das schöne, architektonisch durcheinandergewürfelte Panorama der von Fizzco ruinierten Sunset City vor Augen, während unsere Figur flotte Sprüche aus dem Mundwinkel pfeift.

Auch ein neues Areal gibt es auf der Gamescom erstmals zu sehen: Im bläulich-sterilen Fizzco-Gebiet - also das von der Organisation, die es nicht für nötig hielt, den neuen Energydrink erst einmal durch Gesundheitsregularien laufen zu lassen, bevor sie das Gesöff auf den Markt werfen - streunt die Roboter-Security umher, die die ganze PR-Katastrophe nach bester Raccoon-City-Manier vertuschen soll.

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Während der Präsentation zeigten sich noch viele technische Probleme. Der Spieler hatte einige Male Probleme, auf bestimmte Jumppads zu springen und blieb an deren Rändern für einige Sekunden in der Luft freischwebend hängen. Texturen blähten sich auf und waberten über den Bildschirm. Lippen sprachen vollkommen asynchron zum Text und einmal stürzte Sunset Overdrive komplett ab. Nach zwei Präsentationstagen soll das der erste Absturz gewesen sein und vielleicht stimmt das auch, aber ich finde es besorgniserregend, dass rund zwei Monate vor Release so viele Bugs in einer halbstündigen Demo auftauchten. Open-World-Spiele sind wegen ihrer unermesslichen Größe als Pfuhl an Bugs bekannt und ich gehe davon aus, dass viele Fehler erst während oder nach Release gepatcht werden können.

Ich will Sunset Overdrive sehr gerne mögen. Nach einer ganzen Generation der Militärshooter kann das Genre einfach ein bisschen Albernheit, Farbkleckser und Herumexperimentieren mit vielen quirligen Waffen vertragen. Allerdings durchstößt Insomniacs Open-World-Chaos keine Türen, die Saints Row und Dead Rising nicht schon längst im vollen Lauf eingerannt haben. Die ganzen Möglichkeiten, per pedes durch die Stadt zu cruisen, sind dagegen bereits seit Crackdown, Prototype und Co. ein alter Hut. Aber wer weiß, vielleicht rockt das Spiel ja doch? Für alle, für die Sunset Overdrive weiterhin ein Systemseller ist, wird es das Spiel ab dem 31. Oktober im Bundle mit einer Xbox One für 399 Euro geben.

Kommentare

Ben
20. August 2014 um 10:19 Uhr (#1)
Ich mag vor allem das Artdesign, das nicht ganz so düster und trocken ist wie bei Dead Rising oder Saints Row. Und Over-the-top ist nie verkehrt :D
Gast
16. April 2024 um 22:11 Uhr
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RELEASE
31. Oktober 2014
PLATTFORM
Xbox One
Plattform - Nachfolger der Xbox 360 von Microsoft. Angekündigt am 21. Mai 2013, ist die Heimkonsole am 22. November 2013 in Deutschland und weiten teilen Eruopas erschienen.

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