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(Artikel)
Paul Rubah, 21. Juli 2014

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The Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay

Er ist der Schrecken, der die Nacht durchflattert. Nur dass er nicht flattert sondern kriecht und Leuten heimlich stumpfe Schraubenzieher in den Nacken rammt. Er ist Richard B. Riddick. Nach den Filmen Pitch Black und Chronicles of Riddick ist der glatzköpfige Gewaltverbrecher mit der Schweißerbrille zur Kultfigur avanciert. Trotz der offensichtlichen Power Fantasy, die der kaltblütige Killer darstellt, liegt seine Beliebtheit nicht zuletzt an der weiblichen Fanbase: Riddick ist durchtrainiert und sagt kaum ein Wort. Ein Traum. Kein Wunder, dass die Frauen auf Vin Diesel stehen. Mit The Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay feierte der Schauspieler 2004 sein Videospiele-Debüt. Und obwohl man Butcher Bay wegen seiner Vergangenheit durchaus als Filmspiel werten kann, ist der Stealthshooter fernab von schlecht. Ein paar Macken gibt es trotzdem.

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Noch bevor Riddick in Chronicles of Riddick dem Barbaren Conan nacheiferte und Gottkönig der Necromonger wurde, noch bevor er in Pitch Black von einem sehr, sehr heißen Planeten floh, war er ein ganz einfacher Straftäter. Nun, nicht ganz so einfach. Er war zumindest schwer genug, um in Butcher Bay zu landen - einem der größten und härtesten Gefängnisse der Galaxie, das bis weit unter die Erde seines Wüstenplaneten reicht. Wenn man von Alcatraz fliehen wollte, musste man nur ans entfernte Ufer kommen. Hier muss man sich erst an die Oberfläche kämpfen und dann die Leere des Alls überwinden. Und schon von Alcatraz ist keiner runter gekommen.

Da das Spiel nicht Riddick: Getting used to Butcher Bay heißt, macht sich unser Antiheld (noch ohne Schweißerbrille, aber die bekommt er später) sofort an die Flucht. Dabei unterteilt sich das Spiel in mehrere, sich abwechselnde Passagen: In Gefangenentrakten kann man relativ unbescholten mit den Insassen sprechen und Nebenquests annehmen. Hier jemanden unbemerkt umbringen, da jemanden vergiften, dort Drogen beschaffen. Diese Gebiete bieten etwas Raum zum Erkunden, allerdings nicht viel. Das macht nichts, denn Butcher Bay ist schließlich in erster Linie ein Gefängnis und die sind nicht für ihre spatiale Freiheit bekannt.

Die Blüte von Butcher Bay findet sich vor allem in der Atmosphäre: Der Knast ist dunkel, dreckig und überall zieren Graffitis die Wände. Richtig Leben kommt durch die optisch unterschiedlichen NPCs mit ihren eigenen, sehr guten Synchronsprechern in die Bude. Ganz vorneweg natürlich Riddick selbst, der ein Meister darin ist, viel Bedeutung in zwei bis fünf Worte zu legen. Mein Riddick-Lieblingsspruch, im Gespräch mit einem minigunbewehrten Exoskelettpiloten: "I think you need backup."

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Schleicht man sich mal aus der Sichtweite der Wachen, erschließt man gesperrte Gebiete. Hier trifft man Riddicks besten Freund: die Dunkelheit. Als Schleich- und Versteckmeister kann Riddick in der Finsternis, von der es unter Tage mehr als genug gibt, ungehindert agieren und Wachmännern ungeschoren die Köpfe verdrehen. Selbstverständlich sollte man Leichen tunlichst im Schatten verstecken, damit die patrouillierende Kollegen keine Gefahr wittern.
Wenn das Schleichen funktioniert, funktioniert es sehr gut: Minenareale, Gefängnisgebiete und andere Orte sind sehr abwechslungsreich und die Gegnerplatzierungen sind kreativ gehalten. Auch gibt es häufig mehrere Wege ans Ziel. Tatsächlich gibt es so viele Wege, dass ich mich mehr als einmal verlaufen habe und mich plötzlich am Gebietsanfang wieder fand. Hier melden sich Schwächen im Leveldesign zu Wort: Einige Gebiete sind, wie beschrieben, verwirrend konstruiert und das Spiel gibt einem nicht wirklich viele Anhaltspunkte, was man genau tun sollte. Schlimmer sind einige unfaire Stellen, die sich nur durch Trial and Error überwinden lassen. Übeltäter Nummer 1 sind hier automatische Stahltüren: Durch die kann man nicht durchgucken, durch die kann man nicht durchhören, und manchmal, wenn man durchgeht, hat man das Pech und da macht gerade eine überraschte Wache ihren Rundgang. Reload.

Das wäre nicht weiter schlimm, wenn das Spiel nicht einen verirrten Trend der originalen Xbox-Generation durchgemacht hätte: Es gibt nur einen Spielstand und den kann man nicht manuell überspeichern, sondern ist abhängig von Checkpoints, die nicht immer ausgelöst werden. Selbst in der HD-PC-Version! Da ist es mir passiert, dass ich einen Händler umbrachte, der wie die Zielperson eines Sidequests aussah, und mir eine optionale Betäubungspistole entgangen ist. "Optional" ist da ein dehnbarer Begriff, denn die Gegner stehen im anschließenden Gebiet so lächerlich unfair, dass man nur mit ordentlich Dusel ohne die Knarre durch kommt. Und mir ist es zwar nicht passiert, aber es wäre durchaus frustrierend, wenn man sich in einer Stelle verrennen würde, wo man gar keine Chance auf Weiterkommen hat. Was durchaus sein kann, denn selbst auf Normal ist Butcher Bay keineswegs leicht. Feinde, die einen sehen, ballern einem ratzfatz die Lebensenergie weg. Leider hat man den Gegnern auch eine unfehlbare Reaktionsfähigkeit beschert, denn wenn sie Riddick auch nur für einen Sekundenbruchteil aus dem Augenwinkel in zwanzig Metern Entfernung durch einen feinen Lichtstrahl krabbeln sehen, zücken sie sofort die Weltraum-AK und beginnen das Kugelgewitter. Da zu vielen Zeitpunkten die gedroppte Personalsbewaffnung DNS-gesichert und somit nutzlos ist, kann Riddick keine eigenen Waffen benutzen und kann in solchen Fällen entweder nur weglaufen oder neu laden. Da man sehr schnell sehr viel Energie verliert, ist die Flucht nach vorne nur selten eine richtige Option.

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Falls man mal in Waffenbesitz kommt, sind Feuergefechte eher als Auflockerung des Gameplays zu sehen, Marke "kurz und schmerzlos". Die Auswahl an Feuerwaffen ist die meiste Spielzeit auf ein Maschinengewehr und eine Schrotflinte beschränkt. In typischen Shootern wäre so eine mickrige Palette schrecklich öde, aber hier ist Munition so schnell weg, dass man sich über die langweiligen Ballermänner zur Konfliktbeseitung nur allzu sehr freut. Hinzu kommt, dass Butcher Bay - man mag mir hier widersprechen - zu den ersten halbwegs funktionierenden Experimenten mit einem Deckungssystem in Shootern gehört: Hält man die Lehnen-Taste, kann man sich leicht aus der Deckung wagen und so wesentlich weniger Kugeln fangen. Ausgereift war das aber noch nicht, da schon ein wenig Fingerakrobatik dazugehört.

The Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay kann man durchaus als spirituellen Elternteil von Deus Ex: Human Revolution sehen. Die Parallelen sind da: Schleichen und Schießen in puzzleartig aufgebauten Arealen mit mehreren möglichen Wegen, und Stadtgebiete mit kleine Sidequests zur Auflockerung und Vertiefung der Atmosphäre. Als derartiger Vorläufer im Schleich-Shooter-Rollenspiel kann Escape from Butcher Bay aber heute nicht mehr ganz Schritt halten. Das Spiel ist gut - für seine Zeit. Aber man sieht ihm das Alter an. Genauso wie Vin Diesel.

The Chronicles of Riddick: Escape from Butcher Bay

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

Kommentare

Ralleee
Gast
22. Juli 2014 um 09:29 Uhr (#1)
Rian! =3
Rian
22. Juli 2014 um 10:52 Uhr (#2)
Hallo! Ich glaube, da war jemand zu dämlich, um den richtigen Namen aus dem Artikeldropdown auszuwählen. ;D
TraurigerRalle
Gast
22. Juli 2014 um 11:12 Uhr (#3)
Und ich dachte schon, du hättest jetzt dein großes Comeback...
Aber als ich kein Feuerwerk sah, war ich schon etwas skeptisch. :(
Rian
22. Juli 2014 um 11:40 Uhr (#4)
Nicht traurig sein. :(
Ben
22. Juli 2014 um 13:13 Uhr (#5)
Aber wenn dir der Artikel genauso gut gefallen hat als wäre er von Rian, dann ist doch alles super!
Gast
23. April 2024 um 16:20 Uhr
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RELEASE
13. August 2004
PLATTFORM
PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
Xbox
Plattform

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