Drakengard 3

(Artikel)
Paul Rubah, 08. Juni 2014

Drakengard 3

Schwesternmord im großen Stil

Ein kurzes Geständnis: Ich habe Drakengard und Drakengard 2 nie gespielt. Da Drakengard 3 aber kein direktes Sequel ist, sollte das nicht viel ausmachen. Außerdem habe ich Nier, den letzten Titel vom Studio Cavia, innig geliebt. Cavia macht aber, da inzwischen aufgelöst, nichts mehr, stattdessen kommt der neue Serieneintrag von Access Games, die etwa auch den Kult-Hit Deadly Premonition produzierten. Da kann man ja nur hoffen.

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Und es fängt gut an: Nach einem der besten, stimmigsten Intros der Videospielgeschichte geht es auch gleich mit dem Töten los. Töten, töten, töten! Mit Zeros Schwert alles abtöten! Mit Michaels Drachenfeuer alles verbrennen! Soldaten! Und auch die Endbosse! Alle! Wer sind die Endbosse? Fünf Intoner. Mit der Macht des magischen Gesangs haben die Frauen mit den Namen One, Two, Three, Four und Five gottgleiche Fähigkeiten und werden von allen Menschen entsprechend verehrt. Das stinkt Zero, der sechsten Schwester im Bunde, und sie will alle ihre Verwandten tot sehen, um der letzte Intoner der Welt zu sein.

Aber ist ja nur ein Prolog. Mit dem Schwesternmord klappt das nicht so ganz, Michael stirbt und Zero taucht unter. Ein Jahr später ist Michael als junger, unerfahrener Drache Mikhail wiedergeboren und aus irgendeinem Grund hat Zero eine Blume im Auge. Aber trotz der optischen Flora wird es nach einem Jahr wieder Zeit: Kill Bill, Vol. 2.

Humor in Zwischensequenzen und Dialogen sind dabei die unangefochtene Stärke des Spiels, wenn auch überaus eigenwillig: Zero sieht sehr zart aus, flucht aber wie ein Seemann. Das kann so schlimm werden, dass die Audiospur ausgeschaltet wird und eine Nachricht auf dem Bild erscheint: "Diese Inhalte sind nicht für den menschlichen Konsum geeignet. Bitte bleiben Sie dran." Statt ein sprechendes Puzzle zu lösen, verprügelt Zero es, weil sie keinen Bock auf diese Denkscheiße hat. Und auch wenn Mikhail ein riesiges Ungetüm ist, spricht er mit einer Kinderstimme und bepisst sich vor Angst, wenn Zero mit ihm schimpft. Zudem wächst mit der Zeit Zeros Party - um einen sadistischen Psychopathen, einen pathologischen Masochisten, einen perversen Alten und einen kompletten Volltrottel mit zu viel Ego.

Es sollte inzwischen kein Geheimnis sein, dass Drakengard 3 niemals in die Hände von Kindern gelangen sollte. Stets wird über Sex und Penetrationstechniken geredet. In der Charakterbeschreibung des alten Perversen steht, dass er den größten Pimmel von allen hat. Und überhaupt gleicht die Gruppe weniger einer Kämpfereinheit als einem Männerharem. Und es ist wirklich ein Harem, denn Zero schläft mit jedem. Ist das jetzt sexistisch gegen Männer? Gegen Frauen? Ich habe keine Ahnung.

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Ansonsten badet das Spiel in Gewalt: Gegner können auch nach ihrem Ableben weiter verprügelt werden und mit fortschreitendem Splatter wird Zeros Kleidung immer blutbefleckter. Wie kriegt man die sauber? Dafür gibt es den Intoner-Modus: Da bekommt man dann Unsterblichkeit, mehr Schaden, und neue Moves. Das ist cool. Auch der Waffenwechsel ist cool: Man nimmt immer vier verschiedene Typen (Schwert, Speer, Chakram und Handschuhe) mit in den Kampf. Jede Waffe spielt sich sehr unterschiedlich und ist auch mitten in der Combo schnell gewechselt. Selbst unter den Waffen gibt es verschiedene Movesets, an die man durch Upgrades herankommt. Leider darf man vor dem Kauf einer solchen Waffe nicht einsehen, ob die Waffe überhaupt das kann, was man möchte. Ich habe schon mehrfach aus Versehen schwere Speere gekauft, die ewig langsam sind.

Die Kämpfe, also der Hauptteil des Spiels, sind bestenfalls mittelmäßig. Hier muss man oft nur die aktuelle Lieblingskombination mit wechselnden leichten und schweren Angriffen der aktuellen Lieblingswaffe spammen. Manchmal wirft man noch einen Ausweichschritt oder einen Block ein, wenn das mit dem Ausweichen mal zu knapp wird. Ansonsten sind noch einige Waffentypen für bestimmte Gegner besser, aber sonderlich aufpassen muss man deswegen nicht.
Hinzu kommt, dass die Level langweilig gestaltet sind: Es gibt das Seeland, das Waldland, das Schneeland, das Wüstenland und das Stadtland. Noch offensichtlicher kann man nicht öde sein. Ein paar Abwechslungen im linearen Missionsdesign gibt es glücklicherweise: So darf man sich manchmal auf den Rücken von Mikhail schwingen und mit Drachenzorn Bosse und Kleinvieh in Flammen setzen, oder kurze Rail-Shooter-Passage - wie in Panzer Dragoon - durchleben. Die Variation kommt ganz gelegen, wiegt die unspektakulären Kämpfe aber kaum auf.

Ein paar ziemlich widerliche Mankos verschlimmern die Erfahrung: So wird in den Kämpfen derart viel geredet, dass man, wenn man alle Dialoge hören will, öfter mal im Kreis laufen muss, damit man den Boss nicht verfrüht um die Ecke bringt. Auch gibt es in weitläufigen Arealen eine gigantische Menge unsichtbarer Wände, die einem den Weg in ansonsten offene Landschaften versperren. Außerdem ruckelt das Spiel vielerorts schrecklich. Das ist gerade bei der sehr schmucklosen Grafik kaum nachvollziehbar. Und zu guter Letzt gehört die Kamera wohl zum Schlimmsten, was mir jemals untergekommen ist. Die Hälfte aller Gegner passen ohne Lock-on nicht mal auf den Bildschirm und allgemein ist die Ansicht viel zu nah eingestellt. Wer Spiele kennt, in denen man sich oft vieler Gegner gleichzeitig erwehren muss (Dynasty Warriors, Nintety-Nine Nights), der weiß, dass es hier mehr Übersicht braucht, damit man nicht ständig aus dem Off angesprungen wird.

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Ein bisschen aufgelockert wird der Handlungsverlauf durch Nebenmissionen, in denen man Geld und Materialien für Upgrades bekommt. Die wiederholen sich leider inhaltlich für jede Welt: Zweimal alle Gegner töten, zweimal in einer Zeitspanne durch den Level laufen, einmal Geld aus einem großen Feind prügeln und ein Survival. Spaß macht das nicht, aber man braucht ja das Geld für bessere Waffen.

Um noch einmal zur Story zurückzukommen: Sie ist langsam. Enorm langsam. Die erste Hälfte des Spiels benötigt gut zehn Stunden und beantwortet keine einzige Frage zur Motivation der Protagonistin, zur Sache mit der Reinkarnation von Mikhail, oder zu den Lehrlingen der anderen Intoner, die Zero rekrutiert. Man braucht sehr viel Geduld und muss sich an den Dialogen aufhängen, um bei der Stange zu bleiben. Erst ein gewisser Twist bringt die Story dann in Schwung, aber da ist man schon lange gelangweilt.

Drakengard 3 wirkt insgesamt unfertig. Hier und da sind ein paar Features zusammengeklaubt und es gibt keinen Leim, der aus den Teilerfolgen etwas Rundes macht - wie Nier. Nicht mal die im Stile sehr ähnliche Musik ist besonders mitreißend. Was Drakengard 3 abhebt, ist der Humor. Aber der ist definitiv nicht jedermanns Geschmack und führt bei dem einen zu Lachkrämpfen, bei dem anderen zu genervtem Stöhnen. Zwar wird die Story noch interessant, zündet aber viel, viel zu spät. Wem der Fluff wichtiger ist als ein gutes, forderndes Hack 'n' Slay, der kann Drakengard 3 eine Chance geben. Alle anderen sollten die Finger davon lassen.

Drakengard 3

(Ranking)
C
RANK
Gut gemeint. C-Spiele haben ihre strahlenden Momente, aber in entscheidenden Situationen wird großes Potential verschenkt. Über keine anderen Spiele kann man sich so sehr ärgern.

Kommentare

Rian
21. Juni 2014 um 11:20 Uhr (#1)
Die Spirit-Gegner verdienen einen Eintrag in der Liste "Die schlimmsten Feinde in Videospielen": Sie ergreifen von (beliebigen, auch den großen) Feinden Besitz, machen sie dadurch quasi unsterblich, verdoppeln oder verdreifachen ihre Angriffskraft und sind nur schwer wieder herauszukloppen. Sind sie mal draußen, sind sie schwierig zu bekämpfen, weil die beschissene Kamera es unmöglich macht, die Viecher anzuvisieren. Wenn man dann einen mal besiegt hat, haben sich drei weitere Spirits wieder neue Wirtskörper geschnappt. Es ist so ein Bullshit, dass ich zum ersten Mal seit Menschengedenken den PS3-Controller mit voller Wucht ans andere Ende des Zimmers geschleudert habe.
Heiler
27. August 2016 um 18:50 Uhr (#2)
Jetzt da Drakengard 3
auch in Ostdeutschland erschienen ist,
kann ich auch endlich mal Hand anlegen.

Nun... ich weiß nicht ob ich mich mittlerweile einfach schon kategorisch über Action (RPG) Kampfsysteme beschwere, die nicht in Richtung Soulsborne oder Dragons Dogma gehen
oder ob Drakengard 3 sich einfach richtig beschissen spielt, aber nach knapp 2 Stunden des Spielens neige ich fast schon dazu
es zu deinstallieren und mir nen Geschichtszusammenschnitt auf You Tube reinzuziehen.

Eine von NieR Gestalts größten Schwächen war das Kampfsystem, aber ich habe es immer noch ne ganze Ecke besser (Kameraführung, Präzision, Kombosystem, Trefferzonen, Vielfalt) in Erinnerung als das, was man sich hier mit Zero antun muss.

Die Umgebung ist absolut scheußlich (graphisch und stilistisch) und bis auf 1-2 Ausnahmen, ist die Musik auch höchstens durchschnittlich.

Was mir bislang ganz gut gefällt ist das Artdesign von Michael (auch wenn der nach 3 Minuten schon verreckt), das von Zero und all der Lustsklaven.

Die Introfilmsequenz ist recht beeindruckend, macht einen dann aber ein wenig traurig wenn man mit der Ingameoptik konfrontiert wird
und ich freute mich die "NieR Sängerin" in einem Stück zu hören.

Ich zocke im Moment XCOM Enemy Within und wollte Drakengard nur mal kurz antesten,
wie es im Moment scheint wird es eventuell auch dabei bleiben, denn ich sehe hier keinen spielerischen Mehrwert für mich.

Es ist vermutlich das Beste es wie mit Uncharted Reihe zu machen. Hier reicht es mir Videos anzusehen weil mich die Geschichte und die Akteure interessieren, spielen muss ich es aber nicht.

Rian
27. August 2016 um 20:35 Uhr (#3)
Man kann nur auf Automata hoffen. Hachja. Aber nicht zu sehr. Man will ja mit frischen Augen herangehen!
Heiler
28. August 2016 um 09:29 Uhr (#4)
Kampfsystem und Musik scheinen
recht gut zu werden.

Mal schauen wie Taro Charaktäre, Dialoge und Handlung handhabt und ganz wichtig,
OB MEIN SCHWEINE REITEN KANN!?
Gast
29. März 2024 um 02:26 Uhr
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21. Mai 2014
PLATTFORM
Playstation 3
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