Shelter
Shelter
Who let the Dachs out?
Ich bin ein Dachs. Das kommt jetzt bestimmt für viele überraschend, ich weiß. Aber so ist das eben: Gerade ist man noch ein Spieleredakteur und rockt in Titanfall die Noobs davon, im nächsten Augenblick ist man ein Dachs und hat fünf Welpen, die es zu füttern und beschützen gilt. Ihr könnt übrigens auch ein Dachs sein - in Shelter.
Wenn ich "Dachs" sage, meine ich übrigens nicht irgend so eine comichafte Missgestalt, auf zwei Beinen geht und sprechen kann. Ich meine: Dachs. Mit fünf Kindern im Schlepptau macht man sich in einer bunten Waldwelt auf, Futter zu suchen, damit die Jungen wachsen und gedeihen. Unterstrichen von ambienter Musik schleicht sich die kleine Familie durch Gebüsche, stellt Fröschen und Maulwürfen nach und verfuttert Rüben und Karotten. Ein voller Genuss ist dabei die grafische Präsentation, bei denen sich zwar die Polygone auf dem Bildschirm an einer Hand abzählen lassen, aber mit Farben, konturlosen Übergängen sowie Licht und Schatten das Beste aus den gegebenen Formen gemacht wird. Es erinnerte mich nostalgisch an Psychonauts, welches simple Modelle mit enormen Details und Stil aufwog.
Doch auch wenn die Welt farbenfroh ist, so hat sie doch einen düsteren, realistischen Kern: In jedem Level kann uns ein Welpe abhanden kommen. Wenn das erste mal einem ein Adler vom Himmel stürzt, sollte klar sein, dass mit dem sorgenfreien Herumgelaufe nun Schluss ist - die Nahrungskette naht. So muss die Dachsfamilie von Busch zu Busch, von Unterschlupf zu Unterschlupf hasten, um den Fängen des Federviehs zu entkommen. Auch andere Gegenden haben ihre Tücken: Nachts müssen die Welpen etwa nah bei ihrer Mutter bleiben. Schrecken sie auf und rennen außer Sichtweite, kommen sie nie wieder zurück. Manchmal hört man noch, wie ein Welpe aus dem Leben scheidet. Manchmal zählt man einfach durch und es ist ein Sprössling zu wenig da.
Auch wenn die Gefahren sehr abwechslungsreich und immer spannend sind, fühlt sich das Ganze doch zu sehr durchstrukturiert an. Spannungsspitzen folgen auf Ruhephasen, die fehlerfrei das komplette Spiel denselben Takt durchhalten. Die Aufteilung in Leveln lässt da schnell die Überraschung schwinden und bewirkt, dass der Spieler die "Gefahr des Tages" erwartet.
Trotzdem ist dieses System an sich eine fantastische Idee, um Emotionen zu wecken - jederzeit könnte etwas aus dem Unterholz brechen und unsere Kinder verschlingen. Doch selbst wenn mal etwas passiert, fehlt es an einem emotionalen Klebstoff für die Beziehung zwischen Spielern und Welpen, damit die eigentlich schrecklichen Konsequenzen wirklich haften. Als in meinem Spiel eines der Dachskinder von einer garstigen Welle gegen einen Stein geklatscht wurde und es nach einem kurzen Aufjaulen verschwunden war, dachte ich mir zwar: "Shit." Ein mulmiges Gefühl trat aber dennoch nicht auf. Das liegt daran, dass die Welpen - abgesehen von unterschiedlichen Markierungen auf dem Pelz - in etwa so viel Persönlichkeit besitzen wie die Luftballons in Mario Karts Battle Mode. Würden die kleinen etwas eigenständig agieren, vielleicht einmal gedankenverloren einem Schmetterling folgen oder selbst versuchen, etwas zu jagen - es hätte die Bindung wesentlich glaubhafter gemacht. Wird ein Welpe vom Adler entführt, dann ist es weniger ein schmerzlicher Verlust als das Gefühl, nicht mehr die Maximalpunktzahl erreichen zu können. Das ist sehr schade. Auch dass die Dachsmutter nie selbst etwas fressen muss, zehrt an der Glaubwürdigkeit der Simulation.
Ich mag Shelter, aber ich würde es gerne noch mehr mögen. Die Stimmung des Spiels gefällt mir sehr, auch die auf Gefahr abgestimmte Musik macht ihren Job sehr gut. Das Spiel, so kurz es ist, ist sehr abwechslungsreich, auch wenn man das über den Abstand zwischen den Spannungsspitzen nicht behaupten kann. Das Problem an Shelter ist, dass es eine Geschichte erzählen und Emotionen wecken möchte. Das tut es nicht gut. Es sieht hübsch aus und spielt sich simpel und nett. Das Konzept ist gut, das Potenzial ist da, allerdings wird es nicht wirklich ausgeschöpft. Rian
Wenn ich "Dachs" sage, meine ich übrigens nicht irgend so eine comichafte Missgestalt, auf zwei Beinen geht und sprechen kann. Ich meine: Dachs. Mit fünf Kindern im Schlepptau macht man sich in einer bunten Waldwelt auf, Futter zu suchen, damit die Jungen wachsen und gedeihen. Unterstrichen von ambienter Musik schleicht sich die kleine Familie durch Gebüsche, stellt Fröschen und Maulwürfen nach und verfuttert Rüben und Karotten. Ein voller Genuss ist dabei die grafische Präsentation, bei denen sich zwar die Polygone auf dem Bildschirm an einer Hand abzählen lassen, aber mit Farben, konturlosen Übergängen sowie Licht und Schatten das Beste aus den gegebenen Formen gemacht wird. Es erinnerte mich nostalgisch an Psychonauts, welches simple Modelle mit enormen Details und Stil aufwog.
Wer bekommt das Futter?
Doch auch wenn die Welt farbenfroh ist, so hat sie doch einen düsteren, realistischen Kern: In jedem Level kann uns ein Welpe abhanden kommen. Wenn das erste mal einem ein Adler vom Himmel stürzt, sollte klar sein, dass mit dem sorgenfreien Herumgelaufe nun Schluss ist - die Nahrungskette naht. So muss die Dachsfamilie von Busch zu Busch, von Unterschlupf zu Unterschlupf hasten, um den Fängen des Federviehs zu entkommen. Auch andere Gegenden haben ihre Tücken: Nachts müssen die Welpen etwa nah bei ihrer Mutter bleiben. Schrecken sie auf und rennen außer Sichtweite, kommen sie nie wieder zurück. Manchmal hört man noch, wie ein Welpe aus dem Leben scheidet. Manchmal zählt man einfach durch und es ist ein Sprössling zu wenig da.
Auch wenn die Gefahren sehr abwechslungsreich und immer spannend sind, fühlt sich das Ganze doch zu sehr durchstrukturiert an. Spannungsspitzen folgen auf Ruhephasen, die fehlerfrei das komplette Spiel denselben Takt durchhalten. Die Aufteilung in Leveln lässt da schnell die Überraschung schwinden und bewirkt, dass der Spieler die "Gefahr des Tages" erwartet.
Reißende Fluten - tödliche Gefahr.
Trotzdem ist dieses System an sich eine fantastische Idee, um Emotionen zu wecken - jederzeit könnte etwas aus dem Unterholz brechen und unsere Kinder verschlingen. Doch selbst wenn mal etwas passiert, fehlt es an einem emotionalen Klebstoff für die Beziehung zwischen Spielern und Welpen, damit die eigentlich schrecklichen Konsequenzen wirklich haften. Als in meinem Spiel eines der Dachskinder von einer garstigen Welle gegen einen Stein geklatscht wurde und es nach einem kurzen Aufjaulen verschwunden war, dachte ich mir zwar: "Shit." Ein mulmiges Gefühl trat aber dennoch nicht auf. Das liegt daran, dass die Welpen - abgesehen von unterschiedlichen Markierungen auf dem Pelz - in etwa so viel Persönlichkeit besitzen wie die Luftballons in Mario Karts Battle Mode. Würden die kleinen etwas eigenständig agieren, vielleicht einmal gedankenverloren einem Schmetterling folgen oder selbst versuchen, etwas zu jagen - es hätte die Bindung wesentlich glaubhafter gemacht. Wird ein Welpe vom Adler entführt, dann ist es weniger ein schmerzlicher Verlust als das Gefühl, nicht mehr die Maximalpunktzahl erreichen zu können. Das ist sehr schade. Auch dass die Dachsmutter nie selbst etwas fressen muss, zehrt an der Glaubwürdigkeit der Simulation.
Und dann: Ein Waldbrand.
Shelter durch? Unter Extras findet sich der "Nurture"-Modus. Die Dachsmutter muss einen Monat lang jeden Tag ausziehen, um Futter zu den Welpen in der Höhle zu bringen. Sonst sterben sie.
Zwei technische Probleme fielen mir außerdem auf. Die sind zwar eigentlich kaum der Rede wert, aber bei einem Spiel, das nur etwa zwei Stunden in Anspruch nimmt, muss man auch mal auf Kleinigkeiten herumreiten: Seine Dachskinder zu füttern ist schwierig, denn legt man ihnen das Futter direkt vor die Füße, reagieren sie manchmal nicht - und dann kommt das Geschwister gelaufen und futtert dem verhungernden Kind den Apfel weg. Und zum anderen ist die Kamera… unhandlich. Bei all den Bäumen und Zweigen und Höhlen und Ästen und Blättern hängt die Ansicht in irgendwelchen Baumkronen fest, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann. Etwa wenn ein Adler gerade die Klauen ausfährt.Ich mag Shelter, aber ich würde es gerne noch mehr mögen. Die Stimmung des Spiels gefällt mir sehr, auch die auf Gefahr abgestimmte Musik macht ihren Job sehr gut. Das Spiel, so kurz es ist, ist sehr abwechslungsreich, auch wenn man das über den Abstand zwischen den Spannungsspitzen nicht behaupten kann. Das Problem an Shelter ist, dass es eine Geschichte erzählen und Emotionen wecken möchte. Das tut es nicht gut. Es sieht hübsch aus und spielt sich simpel und nett. Das Konzept ist gut, das Potenzial ist da, allerdings wird es nicht wirklich ausgeschöpft. Rian
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