In der letzten Episode von Telltales The Walking Dead Season 2 haben wir Clementine in einer ziemlich misslichen Lage zurückgelassen. Überrascht das noch jemanden? Ist schließlich The Walking Dead - würde hier ein Kapitel freundlich enden, dann wären Schweine Himmelsstürmer. Auch die zweite Episode, A House Divided, ist von Friede, Freude, Sonnenschein weit entfernt, doch es gibt auch lichte Momente. Und ein Wiedersehen mit alten Freunden.


A House Divided ist vor allem eins: dialoglastig. Wo All That Remains noch eine spannende Hausdurchsuchung auf das Story-Zugpferd sattelte, rückt hier wirkliches Gameplay in den Alibi-Hintergrund und bringt es auf keine zehn Minuten. Das Höchste der Gefühle sind ein paar kurze, simple Quick-Time-Events und ein knappes Durchstreunern des Bruchteils einer Skihütte.


Statt mit Fingerakrobatik und Entdeckungswut zu prahlen, fährt die Episode alle Entscheidungsgeschütze auf. In All That Remains wirkten die meisten Wahlmöglichkeiten konsequenzenfrei, fast schon belanglos. A House Divided nimmt die nun etablierten Charaktere und stellt den Spieler maschinengewehrartig vor einen ganzen Haufen Loyalitätsentscheidungen. Wem vertraut man, wen verrät man? Und noch wichtiger: Wenn ein fremder, bewaffneter Mann zur Tür des Gruppenverstecks rein kommt und Clem quasi allein überrascht - wie geht man mit der Situation um? Was verrät man ihm? Wie wird man ihn los ohne mit einer Kugel im Kopf zu enden?

Ist man den Fremden los, wird der Spieler mit neuen Hintergründen der Gruppe vertraut gemacht: Anscheinend gehörte die Bande vom smarten Anführer Luke früher zu einer größeren Gruppe eines Mannes namens Carver. Und der macht schon seit geraumer Zeit Jagd auf die Ausreißer. Bei dem Typen, der Clementine überraschte, konnte es sich nur um Carver handeln - es wird Zeit für einen neuen Road Trip.


Einen Road Trip mit einer unerwarteten, emotionalen Spitze: Wir begegnen Kenny. Der alte Redneck hat es, nachdem Lee damals gebissen wurde, irgendwie aus Savannah heraus geschafft, eine neue Gruppe gefunden und wohnt mit ihnen nun komfortabel in einem Ski-Ressort. Ich muss sagen: Mir stand da doch schon ein bisschen das Wasser in den Augen, als ich den bärtigen Choleriker wiedersah. Natürlich hielt das Glück nicht lange vor, aber lange genug, um es ein wenig genießen zu können.

A House Divided ist eine gut durchstrukturierte Episode, die spannende und ruhige Momente gut auslotet. Statt ausschließlich grausam dunkler Momente können Clem und der Spieler endlich wieder etwas aufatmen, doch natürlich nicht ohne die eine oder andere kleine Katastrophe auf dem Weg. Und die Entscheidungen, die die Episode dem Spieler abverlangt, werfen für die nächsten Episoden große Schatten. Allerdings hoffe ich, dass ich in der nächsten Episode auch mal den linken Analogstick ein wenig benutzen darf. Rian