Batman: Arkham Origins

(Artikel)
Benjamin Strobel, 11. November 2013

Batman: Arkham Origins

Das Prequel im Test

Mit der Arkham-Reihe haben Rocksteady Studios Superhelden-Videospiele wieder salonfähig gemacht. Liebe zur Figur und eine seltene Exzellenz bei der Umsetzung der Spielelemente lassen die Reihe am Gaming-Himmel glänzen. Das 2009 erschienene Batman: Arkham Asylum wurde bislang nur durch seinen Nachfolger, Batman: Arkham City, übertroffen. Beide halten über 90 Punkte auf der Review-Aggregation-Site Metacritic. Das gerade erschienene Batman: Arkham Origins und der neue Entwickler WB Montréal müssen hier große Fußstapfen füllen.

Bei einer derart guten Vorlage tut man sich leicht, so wenig wie möglich an der erfolgreichen Formel zu verändern. Eine Verlockung, der WB Montréal voll und ganz nachgegeben haben. In der Tradition der Vorgänger werden die Geschehnisse in Arkham Origins an einem einzigen Abend abgehandelt. Dieses Mal schlägt Bruce Wayne unter dem Umhang des Dunklen Ritters sich die Weihnachtsnacht um die Ohren. Das Prequel erzählt von einem jungen Batman, der, gerade zwei Jahre im Amt, die Unterwelt Gothams gegen sich aufgebracht hat. Superschurke Black Mask hat keine Kosten und Mühen gescheut, zahlreiche Kopfgeldjäger auf den Batman zu hetzen. Es treibt sich also allerhand lästiges Gesocks in der Open World von Gotham City herum.
Außer in der Größe hat sich im Vergleich zum Vorgänger nicht viel verändert. Die Straßen sind mit Schlägern geflutet, von Gothams Bürgern keine Spur. Die bekannte Formel auf das neue Szenario anzuwenden ist für das Spielprinzip völlig okay, nur inhaltlich macht es keinen Sinn: warum kümmert sich die Polizei nicht um die bewaffneten Schläger? Warum gibt es keine normalen Menschen in dieser Stadt? Eine plausible Erklärung bleibt aus und so bleibt dem Spieler nur, das Ganze einfach hinzunehmen.


Die Mechaniken der Vorgänger wurden im Wesentlichen übernommen: Freie Bewegung durch die Stadt mit massig Sammelitems und Ablenkung durch ein paar Nebenmissionen wechseln sich mit den Hauptaufgaben in kleinen und großen Story-Arealen ab. Kämpfe mit dem bewährten Free-Flow-System finden sich ebenso wieder wie die Jägerräume, in denen Batman eine Reihe von Schlägern leise und schleichend ausschalten muss. Im Vergleich zum Vorgänger wirkt der Mix allerdings etwas roher und lässt den Feinschliff früherer Spiele deutlich vermissen. Die Areale sind insgesamt kleiner und erscheinen uninspirierter, manchmal sogar etwas langweilig. Außerdem wurden mehr Räume mit Kämpfen gefüllt und weniger Areale zum Schleichen eingebaut. So ergibt sich ein leichtes Ungleichgewicht und die Lust auf Kämpfe wird gedämpft, zumal es in der offenen Spielwelt immer wieder zufällige Grüppchen von Schlägern gibt, die man hier und dort vermöbeln kann. Die Welt selbst ist etwa anderthalb Mal so groß wie Arkham City. Leider hat das Spiel die anstrengende Angewohnheit, neue Missionsziele an maximal entfernten Orten anzusiedeln. Die Laufwege werden allerdings durch ein neues Quick-Travel-System kompensiert; hier darf Batman sein Batwing herbei rufen und in einer - warum auch immer ruckelnden - Zwischensequenz an feste Schnellreisepunkte auf der Karte fliegen. Diese müssen wiederum freigeschaltet werden, indem man von Edward Nigma (lies: Riddler) besetzte Funktürme befreit. Das ist ein bisschen wie in Far Cry 3, allerdings viel zu einfach und überhaupt nicht kreativ. Die übrigen Aufgaben des Rätselknackers in spe sind leider auf dieselbe Weise langweilig. Richtige Rätselaufgaben, bei denen man bestimmte Orte finden muss, fehlen völlig.

Mit den häufigen Kampfsequenzen kehrt Arkham Origins leider nicht seine Schokoladenseite hervor. Wer aus den Vorgängerspielen noch ein belohnendes Flow-Erlebnis mit hohen Combozahlen ziehen konnte, wird sich bei Origins häufig fragen, warum die Kämpfe irgendwie immer schief laufen. Insgesamt scheint ein anderes Timing bei den Schlägen nötig zu sein, aber das ist nicht die große Krux. Zu oft schlägt der dunkle Ritter ins Leere und beendet ohne Verschuldung des Spielers die Combo. Eine andere Veränderung in den Kämpfen ist zudem absonderlich nervenzehrend: die Verfolgungsfaust der Feinde. Befindet man sich im Free Flow Combat, so springt man mit Batman von einem Feind zum anderen und kontert, wenn ein Schlag auf die Flederrübe droht. Bislang konnte Batman sich aber durch einen Angriff auf weiter entfernte Feinde vor herannahenden Angriffen in der Nähe retten. No more! Hat ein Gegner seinen Schlag bereits ausgepackt, verfolgt die Faust den Spieler quer über den Bildschirm. So ein Angriff lässt sich nicht kontern, weil man bereits den nächsten Feind attackiert und diesen Prozess auch nicht mehr abbrechen kann. Der Flow ist oft massiv gestört, das System wirkt daher oft unfair und frustrierend, insbesondere im direkten Vergleich.

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Das Schleichen in Batman: Arkham Origins funktioniert unverändert gut. Leider gibt es zu wenig davon. Die vorhandenen Areale sind aber gewohnt verspielt und bieten dem Spieler viel mehr Möglichkeiten, seine Feinde auszuschalten, als er nutzen kann. Brüchige Wände und Böden, viele verwinkelte Gänge und mehrere Etagen, die mit Lüftungsschächten verbunden sind. Ob über den Köpfen der Gegner oder unter ihren Füßen, der Spieler darf sich stets wie Batman fühlen, der den Schlägern immer einen Tritt voraus ist. Wenn man hier Kritik anlegen möchte, dann vielleicht, dass die meisten Stealth-Abschnitte zu einfach sind. Schuld daran ist das supercoole, aber absolut unfaire Gadget Remote Claw. Hiermit kann Batman zwei Feinde oder Objekte markieren und sie anschließend zueinander hinziehen. Mit einem Upgrade ist es sogar möglich, Schläger auf große Entfernung an Wasserspeiern aufzuhängen. Die armen Kerle wissen gar nicht mehr, wo oben und unten ist. Davon hätte ich gern mehr gesehen!

Etwas ausführlicher präsentiert Arkham Origins die Detektivarbeit der Fledermaus. Tatorte werden ausführlicher gestaltet und von Batman mit Monologen untermalt. Das tatsächliche Gameplay beschränkt sich zwar nur darauf, markierte Stellen zu scannen und Batman bei seinen Kombinationen zu lauschen, aber dennoch spürt man einen Stimmungs-Zugewinn durch diese Passagen. Man erlebt den Dunklen Ritter nicht mehr nur als Rächer, der nachts Kriminelle mit bloßen Fäusten zu Brei schlägt. Stattdessen sieht man den Detektiv, den feinsinnigen Intellektuellen, unter der Maske des Batman. Man genießt die Präsentation, die man beinahe im Kinoformat geboten bekommt. Diese Momente, sei es bei der Detektivarbeit oder anderen Stellen im Spiel, stellen sich als Stärke von Arkham Origins heraus. Wann immer der World's Greatest Detective zu Erklärungen und Beschreibungen ausholte, lehnte ich mich zurück und genoss die Sequenz. Wenn man auch spielerisch nicht profitiert, dann zumindest aber in der Atmosphäre, die stellenweise auch dunkler und erschreckender ausfällt als in den Vorgängern. Das gilt auch für die surrealen Passagen, die traditionell einen wichtigen Platz in den Spielen der Arkham-Reihe einnehmen. Eine zweite Vogelscheuche kann man wohl nicht erwarten, aber vor der Kreativität der Entwickler ziehe ich gerne meinen Hut; Arkham Origins hat ein paar richtig gute Abschnitte - so gut, dass ich nichts davon verraten möchte. Nur so viel sei verraten: der Joker ist wieder dabei und ob das nun gut ist oder eher ausgelutscht, die Performance ist fast überall erstklassig. Die großartigen Sprecher liefern eine exzellente Show und die musikalische Untermalung gefällt mir fast besser als in Arkham City.

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Es heißt zwar, der Ton mache die Musik, aber in Spielen ist das leider nicht alles. Optisch lassen sich kleine Verbesserungen erkennen, insgesamt haut die Grafik aber niemanden aus den Socken. Magenschmerzen bekomme ich dagegen bei anderen technischen Mängeln; zum Launch des Spiels konnte man sich vor Bugs kaum retten. Speicherstandverluste, plötzliche Abstürze und eingefrorene Screens, Gegner, die nicht sterben wollen, und durchlässige Böden, die den Spieler durch das Nichts unter Gotham segeln lassen, sind vermutlich nicht einmal alle Probleme. Mittlerweile gibt es einen Patch, der die meisten Bugs beheben soll. Der Flicken macht einen guten Eindruck, zumindest habe ich seit dem letzten Update keine Probleme mehr gehabt. Das hätte ich mir auch für den ersten Spieldurchlauf gewünscht.

Nach etwa 10 Stunden Spielzeit rollen die Credits über den Bildschirm. Es bleibt danach der klassische Challenge-Modus mit den üblichen Kampf- und Jägerherausforderungen, bei denen man bestimtme Ziele erfüllen muss, um Punkte zu sammeln. Völlig neu ist dagegen der Online-Multiplayer-Modus. Hier treten Spieler in drei Parteien gegeneinander an: die Joker-Gang VS die Bane-Gang VS Batman & Robin. We never asked for this! Aber die Idee ist witzig: die Gangs bekämpfen sich in Third-Person-Manier mit Schusswaffen und Gadgets wie Minen und ferngesteuerten Dronen. Gleichzeitig können sie Punkte sammeln, indem sie bestimmte Punkte auf der Karte halten. Gleichzeig springen Batman und Robin durch die Schatten und versuchen, Gang-Mitglieder beider Parteien unbemerkt auszuschalten. Takedowns funktionieren nur, solange sie unentdeckt sind. Eine einegschränkte Auswahl an Gadgets hilft den Rächern dabei. Sie können gewinnen, indem sie Angst und Schrecken verbreiten und damit die Intimidation-Bar auffüllen. Wird einer der Helden erschossen, sinkt die Einschüchterung wieder und nach dem Respawn müssen neue Takedowns gesammelt werden. Während die Helden sich ohne Probleme steuern lassen, ist die Steuerung der Schläger etwas hakelig. Die Sprintzeit ist sehr kurz und an Kanten bleibt man gerne mal hängen und muss wie ein großer Truck rückwärts rangieren, um weiterzukommen. Einen Quick-Turn der Marke Resident Evil gibt es leider nicht und so wird man im Kampf gegen die Steuerung vom gegenerischen Team einfach über den Haufen geschossen. Auch hier läuft Vieles nicht ganz rund.

Batman: Arkham Origins fehlt es an neuen Ideen, gleichzeitig kränkeln altbewährte Konzepte. Die Atmosphäre ist gut, aber das Gameplay macht Mätzchen. Wer die Arkham-Reihe bisher mochte, wird auch Arkham Origins mögen, aber nicht ohne Wehmut. Mit einem Mangel an Neuerungen, aber ohne den nötigen Feinschliff fällt Arkham Origins spürbar hinter seinen Vorgängern zurück. Ben

Batman: Arkham Origins

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

Kommentare

Nils
14. November 2013 um 22:05 Uhr (#1)
Nun, wir sagten es ja bereits: Man wünscht sich, dass das Spiel ein 'A' wäre. Aber das ist es leider nicht...

Ich muss aber sagen, dass ich nicht der Meinung bin, dass die Musik besser als in AC ist. Ganz im Gegenteil.

Mir fällt allerdings mehr und mehr auf, dass die Bugs - wenn inzwischen auch nicht mehr so gravierend - doch noch immer sehr störend sind. Gerade in den Kämpfen tauchen ständig irgendwelche Probleme auf, die zu Combobreakern werden und es gibt nach wie vor massive Clipping-Fehler, die einfach nicht sein müssten.
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20. April 2024 um 01:08 Uhr
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RELEASE
23. Oktober 2013
PLATTFORM
PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
Playstation 3
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Xbox 360
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