Betrayer

(Artikel)
Rian Voß, 02. September 2013

Betrayer

Verrat ist eine Frage des Datums

Anfang des 17. Jahrhunderts war es in der Welt alles andere als ruhig: Als Teil des Achtzigjährigen Krieges gegen die spanische Krone hat sich auch England gut mit dem Herkunftsland der Conquistadoren gekabbelt. Dieser Krieg wurde natürlich nicht nur in Europa ausgetragen, sondern auch die Kolonien wurden miteinbezogen - darunter die amerikanischen. Zu Beginn von Blackpowder Games' Betrayer wird man samt den Trümmern des britischen Versorgungsschiffes, auf dem wir bequem anreisen sollten, an der Küste einer solchen Kolonie angespült. Wir bemerken schnell, dass das nicht das einzige ist, was derzeit schief gelaufen ist, denn es gibt einen Verräter in den britischen Reihen.

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Blackpowder Games: Die Entwickler dieses Studios sind bekannt für ihre Arbeit an No One Lives Forever, F.E.A.R. und Gotham City Impostors.
Das erste, was einem an Betrayer auffällt, ist die Grafik: Sie ist schwarzweiß. Denkt man zumindest. Folgt man dem einzigen inländischen Pfad, begegnet man einem in Rot eingehüllten Mädchen, welches uns über Pfeilnachrichten mit Hinweisen und Waffen versorgt. Mysteriös. Auch mysteriös ist das monströse Auftreten herumlungernder Spanier, die eine rötliche Aura ausstrahlen und animalische Laute von sich geben. Da bleibt man lieber im Schatten und erledigt sie hinterrücks mit dem Bogen, Musketen, Pistolen oder Tomahawks oder umgeht sie lieber gleich.

Im nächsten Gebiet entpuppt sich der Gameplay-Rahmen als offenes Weltchen: auf freiem Feld können wir uns umschauen, Wegen folgen, auf Hügel klettern oder durch das hohe Gras schleichen. Trotz der Farbentsättigung wirkt das Spiel unglaublich schön. Das liegt nicht nur an der richtigen Balance zwischen den eingesetzten Grafikfiltern und einigen hervorstechenden Rotsprenkeln, sondern vor allem daran, dass die Natur zu leben scheint - Ich musste vor Schreck stehen bleiben, als ich ein herangrollendes Rauschen vernahm und dann bei den vielen sich wiegenden Ästen und Gräsern realisierte, dass das nur der Wind war.

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Insofern geht das größte Atmosphärelob deswegen gar nicht mal an die Grafiker, die schon einen verflucht guten Job gemacht haben, sondern an die Sounddesigner. Betrayer ist ein Spiel, das man mit guten Kopfhörern spielen muss. MUSS. Der erste Grund ist purer Genuss: Jedes Geräusch der Umwelt scheint aus einer bestimmten Richtung zu kommen - sei es nun die Grille im Gras, der lungernde Spanier im angrenzenden Tal, ein zwitschernder Vogel im Baum oder die nächste Bö. Man kann die Augen schließen und fühlt sich, als stünde man im Wald. Der zweite Grund ist Gameplay.
Schnell entdecken wir das erste Lager der Briten: Fort Henry. Die Eingangstore öffnen sich von selbst, wir gehen hinein und was wir vorfinden ist keine Willkommensfeier mit gekochtem Wildschwein und lauwarmem Bier, sondern vollkommene Desolation - wenn man die gruseligen Aschefiguren nicht mitzählt. Wir streunern ein bisschen umher, können aus verschiedenen Hinweisen, die ihren Weg in die "Clue"-Sektion unseres Notizbuches finden, schließen, dass ein Indianerangriff stattgefunden hat und finden eine Glocke. Die hängen wir auf. Und läuten sie. Mit einem Kanonenstoß verändert sich die Welt - hell wird dunkel, dunkel noch dunkler. Das Glockenecho tönt unablässig durch unseren Schädel. In dieser Schattenwelt finden wir das Phantom des Kommandeurs von Fort Henry, der uns damit beauftragt, andere gejagte Seelen aufzuspüren. Wie finden wir die? Indem wir zuhören.

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Ich liebe die Zuhören-Funktion: Drückt man eine Taste, hört man Gewisper in der Luft und muss dessen Ursprünge finden. Das ist wesentlich spannender als jeder visuelle Questmarker und man achtet viel mehr auf seine Umgebung, weil man sich immer mal wieder hinstellen und seine Ohren neu ausrichten muss. Die Geräusche der Verdammten führen uns zu vielerlei interessanten Punkten: korrumpierte Totems, verborgene Silberschädel oder eben verirrte Phantome. Häufig werden wir beim Finden dieser Orte von bösen Geistern überrumpelt, die mit einem markerschütternden Schrei aus dem Boden schießen - auch hier wieder ein Lob an die Sounddesigner, diese gottverdammten Penner.

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Merklicher Einfluss durch die Souls-Serie: In der Schattenwelt halbiert sich die Lebensleiste und wenn man stirbt, verliert man sein Geld, es sei denn, man kehrt unbescholten zum Ort des letzten Ablebens zurück.
Aber auch wenn viel über das Audio läuft, so funktioniert das Spiel nicht vollständig ohne HUD: An der Oberkante befindet sich ein Kompass, der sehr praktisch ist, da die mitgelieferte Karte natürlich nicht unsere aktuelle Position anzeigt. Des Weiteren waren sich die Entwickler bewusst, dass man in Schwarzweiß einfach nicht so gut Details sehen kann, darum lassen sich dort einige wichtige Markierungen finden - etwa für heruntergefallenes Loot oder Wasserfässer zur Heilung. Rötliche Färbung hilft auch sehr beim Finden von Hinweisen an den wenigen Tatorten um das Fort herum, die in der Schwarzweiße niemals zu finden gewesen wären, aber auch trotz der Hervorhebung dem Spieler immer noch nicht vollständig auf die Nase gebunden werden.

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Hinweise treiben die Story voran, denn nur allzu schnell wird klar, dass es mindestens einen Verräter unter den Briten gibt, der mit den Spaniern kooperierte. Allerdings stellt sich auch heraus, dass selbst die Unschuldigen keine blütenreine Weste haben - so hat jeder der Phantome in Fort Henry irgendwelchen Dreck am Stecken, der es nachvollziehbar macht, dass sie als Gespenster weiterhin die Erde heimsuchen. Man stelle sich Skyrim ohne Autopiloten, aber dafür mit Krimi-Elementen vor.

Da das Spiel momentan noch ein Early-Access-Titel bei Steam ist, gibt es bis auf das erste Areal mit einer Spielzeit von ein bis zwei Stunden noch nicht viel zu sehen, aber dieses Areal beinhaltet schon viele gute Bausteine eines großartigen Spiels. Bugs raus, mehr Inhalt rein, fertig! Ein echtes Release-Datum gibt es noch nicht, aber online wird mit 2013 für die PC-Version gehandelt. Rian

Kommentare

Rian
02. September 2013 um 20:15 Uhr (#1)
Hohoho, und ihr dachtet wirklich, es kämen endlich Reviews!
Gast
29. März 2024 um 05:51 Uhr
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24. März 2014
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PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.

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