Metro: Last Light

(Artikel)
Daniel Fink, 26. Mai 2013

Metro: Last Light

Außerdem: Geister

Metro hat eine interessante Entstehungsgeschichte, denn 4A Games war ursprünglich ein Teil des S.T.A.L.K.E.R.-Entwicklerstudios. Innerhalb des Teams entstand ein Konflikt – ein Teil wollte, dass das Spiel ein linearer und cineastischer Shooter im Stil von Half-Life wird, der andere Teil wollte jedoch eine ambitionierte Open-World-Erfahrung entwickeln, die für S.T.A.L.K.E.R. kennzeichnend wurde. Aus diesem internen Konflikt gingen Metro 2033 und auch letztendlich Metro: Last Light hervor.

Der Teil, der die Vision eines linearen Shooters vertrat, verließ das Studio und nahm sich eine Vorlage, die S.T.A.L.K.E.R sehr ähnelte – das Buch Metro 2033 von Dmitri Gluchowski. Die Parallelen sind kaum zu übersehen: Mutanten, Anomalien und eine ungesunde Portion Radiation.
Im März 2010 wurde Metro 2033 unter dem Banner von THQ veröffentlicht und stieß sowohl bei der Presse als auch bei der breiten Masse aufgrund des unverbrauchten Settings, der makellosen Atmosphäre, grafischer Finesse und nicht zuletzt dem soliden Gameplay auf sehr positive Resonanz. So ziemlich genau drei Jahre später wurde der Nachfolger Metro: Last Light von Deep Silver herausgegeben und knüpft storytechnisch direkt an den Vorgänger an, ohne sich an eine direkte Buchvorlage zu halten.

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Der Held, Artyom, wird zu Beginn des Spiels von dem altbekannten Charakter Khan in dem Bunker D6 aus einem Alptraum gerissen. Vor etwa einem Jahr löschte Artyom das Nest der sogenannten "Schwarzen" mit einem Raketenangriff aus, in der Hoffnung sie auszurotten und das Fortbestehen der menschlichen Rasse zu sichern. Khan informiert ihn darüber, dass er am Nest einen überlebenden Schwarzen ausmachte. Bei den meisten, so auch Artyoms Vorgesetzten, lässt das die Alarmglocken läuten, Khan sieht hier jedoch die Erlösung der Menschen, wobei man wieder den moralischen Konflikt aus dem ersten Spiel aufgreift. Sind die Schwarzen wirklich die Bösen oder gibt es etwas, was wir Menschen schlichtweg nicht verstehen?

So politisch unkorrekt das mit den Schwarzen auch klingen mag, kann ich euch versichern, dass im Verlauf des Spiels deutlich mehr Nazis und Kommunisten zu Schaden kommen als sonst eine Personengruppe!
Artyom bekommt den Befehl den letzten Überlebenden zu finden und ihn mit Hilfe der Scharfschützin Anna als Rückendeckung zu eliminieren. In typischer Videospiel-Manier geht bei der Mission alles schrecklich schief, was dazu führt, dass Artyom sich in Gefangenschaft der Nazis wiederfindet. Im Verlaufe seiner Flucht und der anschließenden Rückkehr stößt man auf viele Informationen und Details, die auf eine weitere, schreckliche Gefahr hindeuten. Diese Erkenntnisse gilt es so schnell wie möglich den Befehlshabenden zu berichten.

Die Rahmenhandlung von Last Light ist meiner Meinung nach sehr robust, jedoch hatte ich das Gefühl, dass es etwas lange dauert, bis sie wirklich ins Rollen kommt, weil man zunächst einen Handlungsstrang rund um den Schwarzen hat und dann auf eine Fährte um eine Verschwörung gelenkt wird, was den Spieler leicht desorientiert lässt. Sobald dann aber nach etwa einem Drittel der Spielzeit beide Handlungsbögen wirklich präsent sind, wird das Spiel fesselnd, denn wenn auch die Story an sich nicht die komplexeste ist, sind die aufgegriffenen, tieferen Motive wie Rivalität und Vergebung sehr motivierend und auch erfüllend. Außerdem ist die Verbindung beider Handlungsbögen äußerst gelungen und resultiert in einem sehr epischen Finale.

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Was das Spiel wirklich auszeichnet, und auch die Story unglaublich aufwertet, ist die prachtvolle Präsentation und die dichte Atmosphäre. Es ist kein Geheimnis, dass Metro mehr als nur hübsch aussieht: die meisten Außenareale sind wirklich atemberaubend. Hinzu kommt die Detailverliebtheit der Entwickler. Dutzende Kleinigkeiten gestalten das Spiel überaus immersiv: Spinnweben, die bei Kontakt mit dem Feuerzeug verbrennen, das kleine Kind, das seinen Teddy verloren hat, oder der Raum im Tunnel, der keinen nennenswerten Zweck erfüllt, sich jedoch bei genauer Untersuchung als ein "Geisterhaus" entpuppt und somit nur da ist, um den Spieler zu erschrecken und zu verstören. Es gibt einfach zu viele solcher Elemente, die das Spiel durchgehend erinnerungswürdig machen. Aus diesem Grund mutet es sehr komisch an, Metro wirklich als nur einen Shooter zu bezeichnen. Es ist mehr als nur ein Shooter, es ist eine Erfahrung. Das Konzentrationslager, das Sumpfgebiet, die Station Venedig oder das Lazarett, alles sind absolut verschiedene Facetten des Spiels, die Last Light zu mehr machen.

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Und auch jenseits aller Atmo, nämlich im spielerischen Bereich, braucht es sich nicht zu verstecken, denn das Gameplay ist von Grund auf solide.
Die Waffen fühlen sich gut an – wohl einer der wichtigsten Faktoren in einem Shooter. Auch das Arsenal stellt zufrieden. Von einem schlichten Revolver über Schrotflinten bis hin zu schweren Maschinengewehren, für jeden Spieler ist etwas dabei. Die neu eingeführten Waffenupgrades helfen dem Spieler noch mal seine spezielle Nische zu finden, wobei Schalldämpfer möglicherweise die einzigen Upgrades darstellen, die die wertvolle Vorkriegsmunition wert sind. Die verschiedenen Zielvorrichtungen, wie Leuchtpunktvisiere, versperren eher die Sicht und Laser-Sights sind nur auf dem Ranger-Hardcore-Schwierigkeitsgrad sinnvoll und selbst da würde ich darauf verzichten, weil die Verwendung mehr irritierend als tatsächlich nützlich ist. Später im Spiel gibt es ebenfalls Magazinvergrößerungen, diese ist zum Beispiel auf der Schrotflinte Saiga richtig gut, aber insgesamt hätte man sich dieses Upgrade in früheren Stadien des Spiels gewünscht.

Schalldämpfer sind das nützlichste Upgrade, weil Stealth in Metro ganz groß geschrieben wird. Aber auch wenn es es sehr viel Spaß macht, sich wie Solid Snake oder Sam Fisher zu fühlen, lässt sich leider nicht vertuschen, dass Stealth overpowered ist.
Wenn man im Schatten ist, dann ist man unsichtbar. Selbst wenn der Gegner ein Meter weit weg steht und Artyom anstarrt - solang das im Dunkeln geschieht, wird man von einem Alarm verschont. Und falls keine Schatten vorhanden sind, so kann man ganz leicht welche kreieren, indem man Glühbirnen zerstört, ausschraubt oder das Licht schlichtweg an einem Schalter abstellt. Hinzu kommt, dass Wurfmesser Insta-Kill sind. In Metro 2033 konnten die Wurfmesser von zum Beispiel Helmen oder der getragenen Rüstung abprallen, in Last Light hingegen zerbersten Wurfmesser alles. Das macht manche Passagen deutlich einfacher als sie sein sollten.

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Mich überraschte, dass es dieses mal Bosskämpfe gibt. Aber nicht nur riesige Mutanten, es gilt nämlich auch ein paar menschliche Bosse zu bezwingen. Die Kämpfe gegen die Mutanten sind zwar sehr cool inszeniert, doch vom Prinzip sind sie sehr ähnlich. Nur der letzte Mutant weicht etwas von der Grundformel ab. Die menschlichen Bosse hingegen sind nicht unbedingt schwerer, aber definitiv interessanter gestaltet - vor allem die finale Schlacht war unglaublich.

Außerdem gibt es auch dieses Mal zwei verschiedene Enden, die an das Karma-System geknüpft sind. Es ist schwer nachzuvollziehen, wie das Karma-System funktioniert, weil es im Spiel keine Anzeige gibt, die den momentanen Stand anzeigt. Wer also bei dem ersten Playthrough das gute Ende bekommen will, sollte sich definitiv zuerst anschauen, welche Kriterien dafür erfüllt werden müssen.
Ich muss aber sagen, dass das negative Ende schon beeindruckend ist. Es passt sehr gut zum Setting und hinterlässt den Spieler nicht nur mit einem Gefühl von Trauer sondern auch mit einem Gefühl von Glück.

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Zu guter Letzt muss ich nun den Ranger Hardcore-Schwierigkeitsgrad ansprechen - wohl der einzig wirklich enttäuschende Schwachpunkt des Spiels. Normalerweise würde ich mich nicht über so etwas Banales beschweren, jedoch gab es diesen Schwierigkeitsgrad entweder als Preorder-Bonus oder man muss ihn für fünf Euro als DLC kaufen.
Dieser Schwierigkeitsgrad versteckt das HUD, um die Erfahrung immersiver zu gestalten, macht Ressourcen knapper und erhöht den Schaden, den man sowohl einsteckt als auch austeilt. Leider wird das "HUD verstecken" etwas zu wörtlich genommen, denn jedes grafische Interface innerhalb des Spiels wird unsichtbar. Jedes. In der Theorie ist das in Ordnung, jedoch wird dem Spieler zu keinem Zeitpunkt angezeigt, wie viel Munition er aufsammelt und wie viel Munition er momentan vorrätig hat. Normalerweise kann man per Tastendruck ein Menü aufrufen, in dem man Übersicht über seine Vorräte hat, doch auch dieses ist unsichtbar. Dieser Modus auf Ressourcen-Management ausgelegt, jedoch fällt das Management sehr schwierig aus, wenn man keine Informationen über seine Ressourcen hat.
Aber wisst ihr was? Ich habe das Spiel auf dem regulären Hardcore-Schwierigkeitsgrad durchgespielt. Nachdem das nicht besonders hardcore gewesen ist, habe ich noch paar Stunden im Ranger Hardcore-Modus verbracht, und ich habe in der gespielten Zeit vielleicht nur drei oder vier Schüsse abgegeben. Passagen gegen menschliche Gegner kann man zum größten Teil ohne zu töten durchspielen und in Teilen des Spiels, bei denen man einen Gefährten an die Seite bekommt, machen sie die ganze Drecksarbeit. Nur Levelabschnitte, in denen man ausschließlich gegen Mutanten kämpft, können fordernd werden, doch selbst da gibt es nichts, was eine Schrotflinte nicht regeln kann.

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Es ist Zeit das Fazit zu ziehen. Metro: Last Light ist ein hervorragendes Spiel, anders lässt es sich nicht sagen. Die einzigen Schwächen liegen im Balancing, speziell sind es die Probleme, die mit Stealth verknüpft sind. Insgesamt ist aber das neue Abenteuer rund um Artyom mehr als gelungen über überzeugt auf ganzer Linie. Vorallem die vielen Kleinigkeiten und Details bleiben dem Spieler im Gedächtnis. Absoluter Muss für jeden Shooter-Fan! - Dan

Metro: Last Light

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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RELEASE
17. Mai 2013
PLATTFORM
PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
Playstation 3
Plattform
Xbox 360
Plattform

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