Runner2

(Artikel)
Rian Voß, 04. März 2013

Runner2

Commander Video lässt die Puppen tanzen

Charles Martinet ist ein vielbeschäftigter Mann. Vermutlich. Als die offizielle Stimme von Nintendos berühmtesten Maskottchen kommt er mit seinem italienisch angehauchten Falsetto wohl den ganzen Tag nicht drum herum, sein charakteristisches "It's-a me, Mario!" und "Wahoo!" ins Mikrofon zu rufen. Aber irgendwo war dann doch noch ein bisschen Freizeit vorhanden, denn bei jedem Start von Gaijin Games neuestem Titel stellt er sich mit einem erheblichen Maß an Stil vor: "My name is Charles Martinet and now it's time for Bit.Trip presents Runner2: Future Legend of Rhythm Alien." Ein bewusst merkwürdiger Anfang für ein bewusst merkwürdiges Spiel.

Das reaktions- und musiklastige Jump 'n' Run um unseren rennenden Helden, Commander Video, hat sich seit 2010 merklich weiterentwickelt. Abgesehen vom wichtigen Kerngameplay, denn das ist ähnlich intensiv und rein geblieben wie eh und je: Der Commander, oder eine der sechs anderen Spielfiguren, läuft von links los und es ist die Aufgabe des Spielers, im richtigen Moment die richtige Taste zu drücken, um ihn ins Ziel zu bringen. Ob nun springen, kicken, ducken oder das Aktivieren von Sprungplattformen - jede Aktion geht mit Soundeffekten überein, die sich rhythmisch in die fetzige Chiptunes-/Synthie-/Rock-Musik eingliedern. Rennt man in ein Hindernis, wird man zum Start oder zum letzten Checkpoint zurückgeschmissen und darf frei nach dem Ansatz "Learning by failing" den Abschnitt noch einmal spielen.
Um nun aber nicht den Runner-Veteranen zu langweilen, hat der Commander ein paar neue Moves gelernt. So kann er jetzt auch im Springen zwischen stehender und liegender Position wechseln, um durch fies gelegte Engstellen zu flutschen. Zum freiwilligen Einsatz ruft dagegen die Dance!-Taste auf. Ein Druck lässt den Commander kurz eine heiße Sohle auf's Parkett legen, was sämtliche anderen Aktionen blockiert, während er stur weiterrennt. Warum sollte man das tun? Für Punkte, natürlich!

Inzwischen reicht es nicht mehr aus, nur einen perfekten Durchlauf zu schaffen. Alle Goldbarren sammeln? Pf. Dafür schaltet man gerade mal die Möglichkeit frei, am Ende des Levels unseren Protagonisten auf eine Zielscheibe zu schießen - für einen Treffer ins Schwarze gibt es dann das Perfect+. Reicht das? Nein! Die Online-Highscoretabelle will geknackt werden! Also heißt es Level analysieren, gute und knappe Tanzmöglichkeiten ausfindig machen, in kleinen Level-Minigames die maximale Punktzahl erhaschen, sämtliche Checkpoints überspringen (das gibt mehr Punkte, aber bei einem Fehler landet man wieder ganz am Anfang), kein Sammelobjekt verpassen, immer die schweren Routen nehmen und am Ende das Bullseye bloß nicht verfehlen. Und das alles für ein bisschen Internet-Glorie!


Wer sich nicht in den Wettkampf mit Unbekannten stürzen möchte, hat trotzdem eine Menge zu tun, den im Gegensatz zum Vorgänger ist kaum noch ein Level linear. Es gibt immer wieder ein oder zwei Stellen, an denen der Spieler die Wahl zwischen der schwierigen und der einfachen Route hat, wobei erstere öfter eines von vielen quirligen Kostümen bereithält und mehr Punkte verspricht, aber eventuell beherbergt der leichte Weg auch seine Geheimnisse. So sind 25 Zugänge zu harten Retroleveln versteckt, die entdeckt und gemeistert werden wollen. Und manchmal muss man ganze Level erst finden, in denen ein neuer, freispielbarer Freund auf einen wartet. Wie etwa der Mann mit dem Burgerkopf, Whetfart Cheesebörger, oder der gewürzgurkige Uncle Dill.
Das alles lässt sich aber nicht in einer Tour von vorne nach hinten erledigen, sondern an einer Stelle einer Welt gibt es immer den Tresor-Level. Hat man diesen geknackt, werden in anderen Leveln Schlüssel sichtbar, die man einsammeln kann, um so versperrte Wege zu öffnen. Was eine an Mario-World-Spiele angelehnte, nett erscheinende Idee ist, wird im Nachhinein leider zu entdeckungslosem Frust, da man erst in gut zehn Leveln an den markierten Goodies vorbeilaufen muss, bevor man die Schlüssel freischalten kann, um dann wieder zurückkehren zu müssen. Da lohnt es sich beim ersten Mal gar nicht, auf einen guten Score zu spielen, wodurch das Spiel stellenweise ein künstliches Intensivitäts-Loch schafft.

Das hängt unter anderem mit dem Schwierigkeitsgrad zusammen: Der ist anders. Es mag sein, dass ich wegen meines Runner-Trainings vielleicht noch gut im Flow bin, aber mir kam Runner2 leichter vor. Das macht unter anderem aber auch Sinn, denn die neue 3D-Grafik, die stark an Twisted Pixels 'Splosion-Spiele erinnert, lässt natürlich keine pixelgenauen Sprünge zu und die zusätzliche Dimension sowie sich leicht verändernde Kameraperspektive erschwert das Abschätzen von Distanzen. Da kann es gut sein, dass entwicklerseitig einige Herausforderungen abgeschwächt wurden. Es passierte jedenfalls häufiger, dass ich auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad eher in den Freitod gelaufen bin, weil ich ein Objekt verpasste, als dass ich wirklich Schwierigkeiten mit den Hindernissen gehabt hätte. Für Perfektionisten - und jeder Bit.Trip-Spieler ist einer - hat sich der Schwierigkeitsgrad so aber nur verlagert, nicht verringert, also von daher kein Grund zur Sorge.


Was mich persönlich ein bisschen enttäuschte, war die Musik. Sie ist immer noch gut, keine Frage, auch das klassische Bit.Trip-Thema erfreut gleich im Hauptmenü, aber die Stücke von Petrified Productions haben wesentlich weniger grandiose Chiptunes-Einflüsse und auch weniger Wumms. Kleine Techtelmechtel im Glitchcore- oder Electro-Rock-Bereich werden bei weiter eingesammelten Punktemultiplikatoren schnell wieder zugunsten von vertrauten Synthesizer-Tönen aufgegeben. So klingen die Level in einer Welt, aber auch zwischen den fünf Bereichen, oft stark aneinander angeglichen und ich war mir an mehreren Stellen nicht mehr so ganz klar darüber, ob ich dieses eine Stück nun schon ein paar mal gehört habe oder nicht.

Etwa neun Stunden dauert es, bis alle Charaktere, Kostüme und Level freigeschaltet sind. Was dann noch vom Runner2 übrig bleibt, ist die erwähnte Highscorejagd und die Möglichkeit, sich über drei Schwierigkeitsgrade hinweg zum Triple-Perfect+ in allen Leveln hin zu arbeiten.

Bit.Trip presents Runner2: Future Legend of Rhythm Alien ist die logische Erweiterung seiner Vorgängers: Es hat mehr Features, mehr zu tun und eine längere Spielzeit, während der Kern unverändert geblieben ist. Wer von Commander Video also nicht genug kriegen kann, der darf sich den zweiten Teil ohne Bedenken zu Gemüte führen. Rian

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