Persona 4: The Animation

(Artikel)
Haris Odobašic, 06. Februar 2013

Persona 4: The Animation

Erst gezockt, dann geschaut

Und ihr dachtet, nach dem Monster von letzter Woche hätte ich nichts mehr zu Persona zu sagen! Tja, so kann man sich irren. Denn mit dem neuesten Teil ist die Persona-Franchise ziemlich angewachsen. Nicht nur durch den grandiosen Vita-Port und den Beater-Ableger Persona 4 Arena, sondern auch gleich in Form einer kompletten Anime-Serie mit 25 Episoden. Diese wurde letztes Jahr in Japan ausgestrahlt und ist mittlerweile auch im amerikanischen Raum durch. Normalerweise muss man sich bei Animes zu Spielen wenig Sorgen machen, ganz anders als wenn es um Filme geht, aber kann der Persona-Anime der hohen Qualität von Persona 4 gerecht werden?

Die Story entfernt sich dabei kaum vom Spiel: es geht noch immer um das beschauliche Städtchen Inaba, mysteriöse Morde und eine Welt hinter den Fernsehern sowie die andere Seite in jedem Menschen. Das führt dazu, dass der Anime quasi vollständig aus den größten erzählerischen Stärken Personas profitieren kann: eine spannende Story mit vielen überraschenden Wendungen sowie interessanten Charakteren, die, wenn man die Anime-üblichen Übertreibungen ausblendet, sehr realistisch und glaubwürdig daherkommen.

Was aber die vielleicht größte Stärke, insbesondere für Fans, ist, dass der Anime unverkennbar Persona ist. Nicht nur wegen den Geschichte und der Thematik, sondern auch weil die Macher hinter den Spielen sehr stark involviert waren und deswegen sicherstellen konnten, dass beispielsweise der köstliche Humor der Spielreihe zu großen Teilen erhalten blieb. Aber auch sonst wird immer mal wieder dem Original Homage gezollt, beispielsweise in Form der Musik, die natürlich von Shoji Meguro, dem Komponisten aller Persona-Soundtracks, stammt. Und auch wenn er viel neue Musik in den Anime einbringt, ist zu jedem Zeitpunkt klar, dass das hier Persona-Musik ist, zum Beispiel weil altbekannte Vokalisten eingesetzt werden. Und natürlich wird auch immer mal wieder das ein oder andere Stück vom Spielsoundtrack benutzt, was gerade für Fans immer ziemlich besonders sein dürfte.

Gleichzeitig werden die Stärken eines indirekten Mediums gut ausgespielt, gerade weil man als Spieler nicht die Fäden in der Hand hat. Das ermöglicht es, in gewissen Situationen neue Perspektiven zu bieten. In einer speziellen Folge wird zum Beispiel das Handeln des Hauptcharakters aus der Perspektive einer anderen Figur gezeigt. Handlungen, die eigentlich ziemlich seltsam wirken, so aber im Spiel auch auftauchen. Erst durch die Auflösung gegen Ende der Episode, in der man noch mal alles aus den Augen der Hauptfigur sieht, entsteht ein amüsanter Aha-Effekt, der es ermöglicht, auch ein bisschen das Geschehen im Spiel zu reflektieren.

Lobenswert ist auch, dass quasi alle Änderungen, die gemacht wurden, absolut nachvollziehbar sind. Dungeon Crawling und Persona-Sammeln sind zwar Hauptspielelemente, aber nur schwerlich im Rahmen einer einstaffeligen Anime-Serie unterzubringen. Daher fallen diese Aspekte fast vollkommen weg: Statt sich mehrere Episoden lang mit einem Dungeon aufzuhalten, wird solches Vorgeplänkel gerne nur komprimiert dargestellt.
Andererseits nimmt sich der Anime Zeit dafür, andere wichtige Elemente des Spiels darzustellen, wie beispielsweise die Aktionen außerhalb des roten Fadens. Die Story wird nicht strammgeprügelt durchgezogen, sondern es gibt immer mal wieder Folgen, die sich auf die Beziehungen zwischen den Charakteren konzentrieren, was einfach perfekt in das Konzept der Reihe passt.

Netter Touch: die Sprecher beider Sprachvarianten(Japanisch & Englisch) wurden komplett für den Anime gewonnen.
Der Anime hat eigentlich nur ein großes Problem: Yu Narukami. Denn das Spiel hat einen stillen Hauptcharakter, immerhin trifft der Spieler alle Entscheidungen und ist damit quasi die Hauptfigur und diktiert ihre Persönlichkeit. Die Macher der Animeumsetzung mussten also eine Entscheidung treffen -- und beschlossen, sich so nah wie möglich an das Spiel zu halten. Klingt eigentlich gut, bedeutet aber, dass Yu eben keine Persönlichkeit hat. Er zeigt keinerlei Eigeninitiative, ist in Dialogen so gesprächig wie eine angemalte Kokosnuss und wirkt meistens nur wie ein peinlich-berührter Zuschauer. Die Story wird quasi durchgehend von den anderen Figuren angetrieben und manchmal hat man den Eindruck, man könnte sämtliche Auftritte von Yu herausschneiden und es würde dennoch nicht auffallen. Da aber natürlich, er ist immerhin der Hauptcharakter, alles, was auch nur entfernt wichtig ist, ihn irgendwie involviert, macht das aus dem Persona-Anime eine ziemlich eigenartige Seh-Erfahrung, zu der mir kein Vergleich einfällt.

Die Animeumsetzung von Persona 4 ist so gut gelungen, dass man den Anime sowohl normalen Anime-Fans ans Herz legen kann, die kein Interesse am Spiel haben, als auch den Leuten, die das Spiel schon durchgespielt haben. Qualitativ ist zwar durchaus ein Unterschied zum Spiel vorhanden und wer Interesse am Spiel hat, sollte den Anime aus eigenem Interesse vorerst meiden. Es wird viel gespoilert und man würde sich quasi eine wunderbare Spielerfahrung etwas verderben zugunsten eines guten, aber eben nicht überragenden Animes. Dennoch ist Persona 4 sehenswert und das größte Lob, was ich dem Anime wohl aussprechen kann, ist, dass er auch ohne die Spielreihe eine Daseinsberechtigung hätte. Der Anime ist mittlerweile für den geneigten Importeuer sowohl als Blu-Ray als auch DVD erhältich. Evil

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