Amokläufe

(Artikel)
Daniel Fink, 18. Januar 2013

Amokläufe

Und man fragte sich: Warum?

Am 14. Dezember 2012 ereignete sich an der Sandy Hook Elementary School in der amerikanischen Stadt Newtown ein weiterer Schulamoklauf in der US-Geschichte. Der Täter schaffte es innerhalb kürzester Zeit 20 Schulkinder im Alter von sechs bis sieben Jahren zu ermorden. Hinzu kommt noch die Mutter des Täters, die er zu Hause erschossen hat, sechs Angestellte der Schule und der Mörder selbst. Die Gesamtzahl der Opfer beläuft sich auf 28. Somit ist es ein Amoklauf mit dem zweithöchsten Todeszoll, einzig das Virginia-Tech-Massaker im Jahr 2007 übertrifft die Zahl der Gefallenen.

Aus diesem Anlass möchte ich mir die
Erstellt hat das Header-Bild Miguel Mendoza
Freiheit nehmen über Schulamokläufe zu schreiben. Dieses "Phänomen" fasziniert mich, seitdem ich das erste Mal von Columbine gehört habe. Ich beschäftigte mich sogar einen Monat lang intensiv mit diesem Thema, da ich meine Facharbeit in Englisch über dieses Massaker verfasst habe.
Immer fragt man sich, weshalb diese Gräueltaten geschehen, doch in den meisten Fällen richten sich die Schützen am Ende selbst, sodass das Erfragen der Motivation äußerst schwer fällt. Deshalb müssen Sündenböcke herhalten, seien es Filme, Spiele, Musik oder Waffengesetze.

Speziell thematisierte ich in meiner Facharbeit den Einfluss von Unterhaltungsmedien auf die Schulamokläufe. Ich analysierte, wie Musik, Filme und Spiele auf die Täter wirken.
Als ich mich mit der Materie auseinandersetzte, bemerkte ich, dass ich genauso gut ein Amokläufer sein könnte. Ich bin schließlich Russe, ich habe aus echten Waffen geschossen, ich höre Metal und spiele gewaltverherrlichende Videospiele. Mein damaliger Klassenlehrer dachte sich wohl auch, dass dieses Profil zu gut auf mich passt, und rief nach dem Amoklauf von Winnenden bei mir an, um sicherzustellen, dass ein solches Blutbad nicht in seiner Umgebung stattfindet. Doch auch wenn ich der perfekte Amokläufer wäre, würde ich nie andere Menschen töten wollen.

Nach der langen Recherche konnte ich feststellen, dass Unterhaltungsmedien durchaus einen Effekt auf den Konsument üben, dieser dauert aber nur eine kurze Zeit an. Falls man einen aggressiven Metal-Song hört oder ein Spiel spielt, kann es durchaus vorkommen, dass die Aggressivität des Individuums gesteigert wird. Aber dieser Einfluss ist, wie schon erwähnt, nur temporär. Langzeitauswirkungen auf die Konsumenten solcher Medien wurden nicht hinreichend nachgewiesen.

Sicher spielt auch der leichte Zugang zu Waffen in den USA eine Rolle und macht es ziemlich einfach, ein Blutbad anzurichten, sobald man sich dafür entschieden hat, aber das passierte auch in Deutschland, einem Land mit sehr strikten Waffengesetzen. Ist das wirklich der ausschlaggebende Faktor?

Ich glaube, ich werde mit meiner Ansicht einige Leute empören, aber ich gehe davon aus, dass unsere Gesellschaft selbst Schuld an solchen Taten ist. Ich bin der Ansicht, dass jeder Mensch ein Produkt seiner Umwelt ist. Folglich ist der Mörder nur die Reflexion seiner Erfahrungen. Wir schaffen diese Monster.
Sobald sich ein Amoklauf ereignet, geht ein massiver Shitstorm los. Die Medien sind wochenlang mit dem Gesicht des Mörders zugepflastert, er ist überall, jeder kennt ihn und je mehr Tote er auf dem Gewissen hat, desto dramatischer ist seine Geschichte.
Dabei ist der Amoklauf nur ein glorifizierter Selbstmord. Wenn ein Mensch beschließt eine Schule zu stürmen und versucht, so viele Menschen mitzunehmen wie nur möglich, hat er mit seinem Leben abgeschlossen. Er hat schlichtweg nichts zu verlieren.
Er will sich an denen rächen, die ihn mental peinigten, ob direkt oder indirekt, aber viel wichtiger ist, dass er die Aufmerksamkeit möchte, die er nie bekommen hat. Er will sich mit seiner letzten Tat verewigen.

So hart es klingt, wir brauchen nicht Hass gegen solche Leute, sondern Empathie für sie. So schwer es ist, jemanden zu verstehen, der 20 Grundschulkinder erschossen hat, muss man versuchen, die Weltsicht der Person zu erfassen. Es steht nicht zur Debatte, dass die Person geistig krank ist, doch heißt es nicht, dass wir ihre Qualen früher erkennen sollten? Es ist teilweise unfassbar, wie wir uns anderen Menschen gegenüber verhalten. Selbst wenn man jemanden nicht besonders leiden kann, heißt es nicht, dass man sich dieser Person gegenüber respektlos verhalten sollte. Ist es denn so schwer auf eine Person zuzugehen und freundlich zu fragen, ob alles in Ordnung ist? Warum sehen wir uns so distanziert zu anderen?

Diesen Problemen kann man leider nicht entgehen. Das Verhalten, welches wir ausüben, ist in uns eingebrannt und es würde wohl Generationen dauern, die "Closed Society" aufzulösen, die wir über die letzten Jahrzehnte aufgebaut haben. Jeder ist auf sich selbst fixiert.
Das Einzige, was mir als eine sinnvolle Neuerung in den Sinn kommt, ist die Einführung einer Schulpsychologenpflicht. Dadurch könnte man relativ früh psychische Probleme feststellen und den Fehlentwicklungen entgegenwirken. Ich möchte nicht sagen, dass es die Universal-Lösung ist, denn auch hier kann eine Person sich vollkommen verschließen, dennoch könnte es das Leiden einiger erleichtern.

Die, die sich etwas mehr mit dem Thema auseinander setzen möchten, können gerne meine Facharbeit hier herunterladen und meine erarbeiteten Ergebnisse lesen. Englischkenntnisse sind erfordert!

Am Schluss bleibt nur noch zu sagen: Seid all ein bisschen netter! :)

Bis dahin,
Undead

Kommentare

Rian
18. Januar 2013 um 21:42 Uhr (#1)
Seid netter! Ich finde, das ist ein guter Ratschlag. Wenn wir uns um all unsere Mitmenschen kümmern könnten und würden, würden wir wesentlich weniger dramatische Probleme haben. Aber wer hat schon die Zeit, ich meine, ich muss ja erst mal duschen und dann zur Arbeit fahren und Essen machen und mein Gedärm entleeren und ...
Gast
19. April 2024 um 11:44 Uhr
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