Agentin auf Unterholzwegen

(Artikel)
Kristin Riedelsberger, 19. Dezember 2012

Agentin auf Unterholzwegen

Louisiana: Das Geheimnis der Sümpfe

Als ich die Beschreibung zu Deep Silvers neuem Adventure Louisiana: Das Geheimnis der Sümpfe las, war die Vorfreude groß: Die Formulierungen "einmaliges Südstaatenflair" und "innovatives Detective-Points-System", vor allem aber die Aussicht auf ein "ausgefeiltes Dialog-System mit Einfluss auf das Verhalten der Figuren im Spiel" veranlassten mich dazu, mir ausgiebig alle zehn Finger zu lecken, bevor das ersehnte Testexemplar endlich eintrudelte. Mit verschrumpelten Fingerkuppen entfernte ich die Plastikfolie, öffnete die Hülle, legte die DVD ins Laufwerk – und stellte wieder einmal fest, dass man manchmal besser damit fährt, erst einmal vom Schlimmsten auszugehen.

Um erst einmal mit den trockenen Fakten zu beginnen: Ihr schlüpft in die Rolle der F.B.I.-Agentin Katie, ihres Zeichens beste Ermittlerin im New Orleans des Jahres 1902. Eure Aufgabe ist es, eine Reihe brutaler Morde aufzuklären. Doch kaum habt ihr euch auf den Weg gemacht, um umfangreiche Nachforschungen anzustellen, da findet auch schon das nächste Attentat statt: Vor dem Hotel Bermont, in welchem ihr die letzte Nacht verbracht habt, liegt eine Leiche. Naheliegend, den Täter im Umfeld des Hotels zu suchen. Ist es die verschrobene Miss Kennard oder vielleicht der Hauswart? Und von wem stammen die seltsamen Schuhabdrücke auf den Gehwegplatten?

Vier Hebel, ein Tor.

So weit, so mysteriös. Louisiana ist aber trotzdem eher mäßig spannend. Das stellte ich schon fest, als ich im Prolog auf die erste Zwischensequenz stieß: Mein Kutscher steht vor meiner Zimmertür im Hotel, klopft entspannt an, wippt von einem Bein auf das andere. Ich komme an die Tür, öffne sie einen Spalt breit, dann ganz, reibe mir in den Augen. Schweigen. Und dann – woah!– hebt der Kutscher beide Arme und sagt: "Miss Katie, Miss Katie! Es gab einen Mord!" Ich hatte eigentlich erwartet, dass er mir nur mein Frühstücksei vorbei bringt, so gelassen, wie er vor mir stand...

Aber gut, damit hätte ich ja noch leben können. Auch mit der etwas unzeitgemäßen Grafik und der holprigen Steuerung. Doch es gibt bei Louisiana ein paar Dinge, die – zumindest meiner Meinung nach – einfach gar nicht gehen.

Vier Hebel, ein (un)überbrückbarer Sumpf.

Da waren zunächst einmal die groben logischen Schnitzer. Damit meine ich einerseits die zum Teil an Idiotie nicht mehr zu überbietenden Lösungswege ("Das Gefängnis ist nicht so gut gesichert, wie man meinen könnte – bring mir einfach eine Haarnadel!"), andererseits aber auch massive Fehler in der Erzählreihenfolge: Wenn ein Spiel schon damit wirbt, dass es unterschiedliche Lösungswege gibt und verschiedene Pfade, die sich verfolgen lassen, wieso sind mir dann plötzlich Menschen bekannt, die ich eigentlich noch gar nicht kenne und später dann kennenlerne, als hätten wir uns noch nie getroffen? Und warum muss ich in einer abgelegenen Waldhütte im Sumpf noch aus der hintersten Zimmerecke ein Brett einstecken, um eine Kiste beiseite zu hebeln, obwohl ich doch noch zwei Bretter aus einem Kapitel zuvor mit mir herumschleppe?

Und dann waren da noch die vielen absolut unkreativen Pippifax-08/15-Knobelspiele, von denen der absolute Klassiker ("Du hast vier Hebel, betätige sie in der richtigen Reihenfolge") gleich drei Mal vor kam. Das ist doch... Also... Eigentlich weiß ich gar nicht, was ich dazu sagen soll.

Uh, ein babyeierleichtes Logik-Steckspielchen! Schwerer wird es rätseltechnisch nicht, es sei denn...

Aber mein persönliches Highlight ist der Spielabsturz, der einen ereilt, wenn das Inventar voll ist. Es gibt nämlich nur begrenzte Slots, sowohl für die Speicherstände als auch für die Dinge, die man mit sich herumträgt. Sind diese einmal belegt, verabschiedet sich mein Louisiana mit dem heißgeliebten Blackscreen. Da Gegenstände, die man einmal eingesammelt hat, nicht mehr verschwinden (und wenn doch, dann nur auf eine dubiose, nicht logisch nachvollziehbare Weise – manche Sachen sind auch für ein Kapitel verschwunden und tauchen dann unverhofft wieder auf) musste ich Louisiana leider, leider, leider kurz vor dem Finale ad acta legen.

...man begreift es als Rätsel, dass dieser Stein, der scheinbar random in der Gegend herumliegt, tatsächlich deshalb dort ist, damit man einen rostigen Nagel an ihm zu einem Haken verbiegen kann.

Bleibt also Folgendes festzuhalten: Hinter Louisiana stecken durchaus einige interessante Ideen: Unterschiedliche Lösungswege, verschiedene Ansatzpunkte die Geschichte aufzurollen, ein Punktesystem, das einen für eine besonders schnelle Kombinationsgabe belohnt, Charakterbildung mit Hilfe von guten oder bösen Punkten während des Spielverlaufs (Faible-ahoj!)... Es hätte ein wirklich gutes Spiel werden können, vielleicht sogar eine Art Meilenstein, hätten die Entwickler ihre Ideen auch tatsächlich umgesetzt. Aber so ist Louisiana leider nicht mehr als ein echt fieser kleiner Möchte-Gern, der viel verspricht und wenig hält.

Quis

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