S.T.A.L.K.E.R. Retrospektive (1)

(Artikel)
Daniel Fink, 30. Januar 2017

S.T.A.L.K.E.R. Retrospektive (1)

Part 1: Wie alles begann

Ich denke, dass jeder Gamer ein Spiel oder eine Spielereihe hat, die ihn prägte und die er bis ins Knochenmark liebt. Für den einen ist es Mario, für den anderen Final Fantasy und der letzte salutiert Snake in Metal Gear Solid. Egal, ob die Saga irgendwann sein Ende findet oder bis ins Unendliche fortgeführt wird, man bleibt beim jeweiligen Franchise, auch wenn man versteht, dass die früheren Titel besser waren und der Publisher nur versucht den Fans weiteres Geld zu entlocken.

Das Franchise, welches mich prägte, fand gezwungenerweise im Dezember des Jahres 2011 sein Ende, denn zu dem Zeitpunkt schloss S.T.A.L.K.E.R.s Entwickler GSC Game World seine Tore. In Gedenken an das ehemalige Studio möchte ich ihm in den folgenden Wochen einen kleinen Tribut zollen, indem ich meine Erinnerungen und Erfahrungen aus der verstrahlten Zone hier festhalte. Den ersten Artikel möchte ich jedoch GSC Game World selbst widmen, denn auch wenn ihnen die Expeditionen in die nuklearen Gebiete den größten Erfolg brachten, haben sie ein paar weitere, interessante Spiele im Repertoire, von denen nicht viele gehört haben.

Dieser Beitrag wurde erstmals am 19.10.2012 veröffentlicht.


GSC Game World Logo

GSC Game World wurde von Sergej Grigrojevitsch im Jahre 1995 gegründet und war ansässig in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Die ersten Versuche, sich auf dem Videospielmarkt zu beweisen, begannen im Jahr 1997. Man wollte ein Adventure-Spiel auf die Beine stellen, jedoch scheiterte man bei diesem Vorhaben kläglich, denn dem relativ jungen Entwicklerteam mangelte es an der nötigen Erfahrung, ein erfolgreiches Spiel dieser Art zu programmieren, weshalb man die Arbeit an dem Titel einstellte.

Von diesem Rückschlag ließ man sich jedoch nicht einschüchtern und wechselte seinen Fokus zu Echtzeitstrategie-Spielen, weshalb man mit dem Projekt WarCraft 2000: Nuclear Epidemic begann. Im Kern war es eigentlich nur eine Mod für WarCraft 2, die das Spiel ein bisschen modernisieren sollte. Kommerziell wurde WarCraft 2000 nie veröffentlicht, jedoch wurde das Ergebnis des Projektes ins Netz gestellt und ist bis heute verfügbar. Das Wichtige an WC2000 war jedoch nicht die Tatsache, dass die Abkürzung stark an eine futuristische Toilette erinnert, sondern dass die Grafik-Engine für den ersten Erfolgstitel verwendet wurde: Cossacks.


Cossacks: European Wars

Der Titel Cossacks: European Wars wurde im Jahr 2001 veröffentlicht und verkaufte sich weltweit 2,5 Millionen mal. Das eigentliche Spielprinzip unterschied sich nicht allzu sehr von den damaligen Top-Strategiespielen. Was Cossacks jedoch auszeichnete, war der Fokus auf Realismus. Man befand sich in einem historischen Szenario, in dem man Schlachten mit bis zu 8000 Einheiten ausfechten lassen konnte, was die Kriegsführung im 17. bzw 18. Jahrhundert ganz gut widerspiegelte. Das Spiel bekam zwei Add-Ons und ein eigenständiges Sequel, Cossacks 2: Napoleonic Wars, welches dann ebenfalls mit einem Add-On erweitert wurde. Dabei sollte es jedoch nicht bleiben, denn GSC bestand aus fleißigen Kerlen, die im selben Jahr das Spiel Codename: Outbreak veröffentlichten.


Codename: Outbreak

Codename: Outbreak, auch bekannt als Venom, spielt im 21. Jahrhundert und hat einen leicht futuristischen Vibe. Storymäßig siedelt sich das Spiel nach einem Meteorschauer an, bei dem eine parasitäre Lebensform auf die Erde gelangt, welche in den Wirt eindringt und die Kontrolle über den Körper übernimmt.
Auch bei diesem Spiel wird viel Wert darauf gelegt, für die damaligen FPS-Konventionen realistische Umsetzungen zu suchen. Zum Beispiel war es zu der Zeit üblich, viele verschiedene Waffen zu tragen - in Venom wird das Realismus-Problem mit einer Universalwaffe gelöst, die auf verschiedene Munitionstypen und Modi umgestellt werden kann. Außerdem muss man für anstehende Missionen auch seine Ausrüstung selbst zusammenstellen, um möglichst problemlos durch diese zu gelangen.

Ungefähr zur selben Zeit begannen die Arbeiten an dem Spiel Firestarter und Obilivion Lost. Ersteres wurde im Jahre 2003 auf den Markt gebracht und war mehr oder minder ein Quake-Klon, letzteres war der Titel, aus dem später S.T.A.L.K.E.R. entstehen würde.

Obilivion Lost sollte ursprünglich ein Sci-Fi-Spiel werden, welches auf einem fremden Planeten spielt, jedoch wurde der Schauplatz des Geschehens nach einem Besuch in der echten radioaktiven Zone von Tschernobyl zu jener geändert. Von hier an folgten die Bilder und Videos, die wir von dem Spiel kennen. Doch so schön diese auch waren, gaben sie keine Hinweise auf die Probleme, die den Entwickler bei der Arbeit an dem Spiel traf. S.T.A.L.K.E.R. war nämlich ein sehr ambitioniertes Spiel, welches Artefakt-Crafting, eine offene Welt mit großen Arealen, eine freie und lebendige KI und viel Handlungsfreiraum bieten sollte. Wie man sich denken kann, sind diese Features nicht leicht zu realisieren. Wegen der ganzen Schwierigkeiten im Entwicklungsprozess wurde das Veröffentlichtungsdatum immer weiter in die Ferne geschoben. Wenn es nach GSC gegangen wäre, wäre der Titel ein Jahrzehnt in der Entwicklung geblieben, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Der Publisher THQ war jedoch anderer Meinung und setzte ein Ultimatum. Aus diesem Grund kamen viele Features und einige Areale gar nicht ins Spiel oder wurden in einer vereinfachten Form ins fertige Produkt eingebracht, da die Zeit schlichtweg nicht reichte.

Letztendlich befand sich S.T.A.L.K.E.R. ganze sechs Jahre in Entwicklung und kam definitiv anders auf den Markt als geplant, geplagt von Bugs und Stabilitätsproblemen, die zwar später gepatcht wurden, aber dennoch keinen besonders guten Ersteindruck hinterließen. Trotzdem hat S.T.A.L.K.E.R. nun eine riesige Fan-Gemeinde hinter sich, die das Spiel über alles liebt. Woran liegt das? Das erzähle ich im nächsten Teil!

Bis dahin,
Undead

Kommentare

Bisher hat dieser Artikel keine Kommentare. Sei der erste, der einen Kommentar veröffentlicht!
Gast
25. April 2024 um 18:43 Uhr
GASTNAME
E-MAIL (nicht öffentlich)
      
SICHERHEITSFRAGE
Mit wie vielen "d" schreibt sich "dailydpad"?
ANTWORT

Themen

Bericht
Sparte - Event-Reportagen, Abhandlungen, Zusammenfassungen und alles, was sachlich informiert. Also eher der Ausnahmezustand als die Regel.
Retrospektive
Sparte - Wir werfen einen Blick zurück in graue Vorzeit. Oder, wenn es nicht ganz so weit sein soll, in sepiafarbene Vorzeit. Vor kurzem Geschehenes wäre dann rot-übersättigte Vorzeit.

Gefällt dir unser Artikel?

Ähnliche Artikel