Deadlight

(Artikel)
Haris Odobašic, 14. September 2012

Deadlight

Schöne Zombie-Apokalypse ohne Substanz

Jeder Summer of Arcade wurde bisher von einem Spiel dominiert, welches aufzeigte, wie man auch mit geringen Mitteln großartige Spielerfahrungen schaffen kann, die durch ihre Individualität den Vergleich vor großen Titeln nicht scheuen müssen. Braid, Shadow Complex und das letztes Jahr erschienene Bastion sind stolze Vertreter der letzten Jahre. Und nach den ersten Trailern hätte man erwarten können, dass Deadlight sich mühelos dazugesellen würde. Interessanter und eigener Grafikstil, sehr atmosphärisch und eine ansprechende Grundidee. Für mich stand schon seit der Ankündigung des Spieles Anfang dieses Jahres fest, dass es ein absoluter Hit wird. Und leider lag ich damit komplett falsch.

Denn Deadlight zeigt, dass man selbst mit besten Voraussetzungen nicht automatisch für Größeres bestimmt ist. Das Spiel hat etwas von einem unfertigen Puzzle: Auch wenn nur wenige Stücke fehlen und man erkennen kann, was es darstellen soll, haben die Elemente, die nicht da sind, einen überproportional starken Einfluss auf das Gesamtbild. Und das ist schade, denn das Spiel macht sehr vieles richtig.


Das Konzept, zum Beispiel, ist wunderbar. In der Rolle von Randall Wayne, einem End-Dreißiger, der auf der Suche nach seiner Familie ist, müsst ihr die Konsequenzen einer Zombie-Apokalypse meistern und dabei einem dunklen Geheimnis auf die Schliche kommen. Das ist gerade deswegen so gut, weil die Atmosphäre stimmig ist und man hier gewollt auch mit dunkleren Seiten der menschlichen Psyche spielt. Nicht alle Überlebenden sind euch wohl gesonnen. Und in Krisensituationen muss man weise mit den Mitteln hantieren, die einem zur Verfügung stehen.

Das wird vom etwas minimalistischen Gameplay in dem 2D-Abenteuer bewusst unterstrichen. Denn euer Hauptcharakter wird im Kampf gegen die Untoten weder Karate lernen, noch anfangen mit einer Bazooka zu hantieren. Er wird nicht plötzlich übermächtig werden oder gegen Ende des Spiels den typischen Zombieangriff wie einen Mückenstich auf sich wirken lassen. Stattdessen erwartet euch von Anfang bis Ende purer Überlebenskampf. Die Ressourcen, mit denen er sich zu verteidigen weiß, beispielsweise eine Feuerwehraxt oder ein sechsschüssiger Revolver, sind rar und zeigen gerade im Kampf gegen größere Zombiehorden selten die nötige Effizienz. So verströmt jedes gewaltvolle Zusammentreffen mit einem Untoten eine gewisse Verzweiflung und wenn ihr euch übermannen lassen solltet, sind eure Überlebenschancen gerade bei mehreren Gegnern minimal. Diese Einfachheit sticht positiv heraus, gerade wie sie euren Survivalinstinkt schärft, weil ihr wisst, was eine direkte Konfrontation bedeutet.


Aber leider ist diese Simplizität auch ein Problem, denn das Spiel hat ziemlich wenig Substanz. In manchen Bereichen stört das ja nicht, aber hier und dort hätte man das Gameplay ausschmücken können, um dem Spieler mehr Abwechslung zu präsentieren. Eine ungenutzte Chance, insbesondere angesichts dessen, dass die geplante Abwechslung, der Platforming-Aspekt, durch frustrierende Design-Entscheidungen eine hakelige Angelegenheit ist. Manchmal verschwimmt eine Kante mit dem Hintergrund und dann ist nicht klar, ob der Vorsprung vor einem nun mit einem Sprung erreichbar ist oder nicht. Der Tod ist in solchen Trial-&-Error-Passagen, die gerade den zweiten Akt des Spiels dominieren, einige Male die Folge.

Deadlights größte Stärke ist die Welt, die es erschafft. Das Setting, ein zerstörtes Seattle der 80er-Jahre, kommt sehr lebendig rüber. Zumindest so lebendig, wie eine Stadt nach der Zombie-Apokalypse bloß sein kann. Die Hintergründe mit ihren Details laden ein und man wünscht sich schon fast, ausbrechen zu können aus der starren zwei-dimensionalen Umgebung, um auf Erkundungstour zu gehen. Dazu passend ist auch der etwas eigenwillige Grafikstil des Spiels, in dem alles im Vordergrund -- also alles, was das eigentliche Spiel darstellt -- nur als Silhouette präsentiert wird. Denn wirklich zu Leben erweckt wird die Welt von Deadlight durch das, was abseits des Fokus des Spielerauges passiert: Die vernichteten Existenzen, deren Überreste man wahrnimmt. Desolate Stadtstriche, abgebrannte Autowracks, verwüstete Häuser, die den Eindruck erwecken, in blanker Panik verlassen worden zu sein. All das trägt zu der großartigen Atmosphäre bei, die euch einsaugt und dafür sorgt, dass ihr weiterspielt, dass ihr über die kleinen Macken und das Fehlen eines wirklich herausragenden Gameplayelements hinwegschauen könnt.


Daher ist es auch kein Wunder, dass der zweiten Akt der mit Abstand schwächste ist. Statt nämlich die Überreste der Zombie-Apokalypse zu erforschen, landet ihr in der Kanalisation und sollt euch als Jump'n'Run-Held und Klettermax versuchen. Gleichzeitig ist dieser Abschnitt der längste in dem Spiel. Die Atmosphäre ist weg und damit auch ein Großteil des Spaßes. Zum Glück macht das Spiel dann aber im dritten Akt einiges wieder gut, auch wenn der große Plottwist in der Story dem ein oder anderen aufgeweckten Spieler zu diesem Zeitpunkt schon längst klar sein dürfte.

Deadlight ist ein wunderschönes Kurzabenteuer, das es schafft ein wandelndes Klischee, das der Zombies, in einem angenehm neuen Licht zu präsentieren. Die Einflüsse sind vielfältig und spannen gut zwei Dekaden der Videospielgeschichte. Randalls Animationen erinnern an den ersten persischen Prinzen, die Atmosphäre lässt einen Zurückdenken an Limbo und die grafische Qualität übertrumpft das schon spektakuläre Shadow Complex. Aber am Ende reicht es einfach nicht für den ganz großen Wurf, weil das Gameplay etwas enttäuscht, der Mittelteil arg langgezogen wirkt und die Story sich bemüht, aber in der Ausführung dann doch den ein oder anderen Mangel aufweist. Evil

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