Street Fighter X Tekken

(Artikel)
Benjamin Strobel, 26. Juli 2012

Street Fighter X Tekken

Zwei Welten, eine Kloppe

Nirgends schlagen Beater-Herzen höher als bei einem Crossover. Außer bei Puristen, die haben da einfach Pech gehabt. Aber die Vorstellung, dass zwei der größten Beater-Parteien mit erhobenen Fäusten aufeinanderprallen, ist einfach unheimlich befriedigend. In Capcoms Street Fighter X Tekken bitten die besten Kämpfer der Tekken- und der Street Fighter-Franchises zur Keilerei. HADOUKEN!

Ich habe den ersten Absatz nicht zufällig mit einem HADOUKEN! beendet. Auch nicht, um die Tekken-Fanboys unter euch zu ärgern (wirklich nicht!). Viel mehr möchte ich damit auf den höheren Street Fighter-Anteil hinweisen. Das äußert sich nicht im Charakter-Gleichgewicht - beide Parteien stellen gleichgroße Roster bereit. Sondern es ist das Street Fighter-Universum, in dem sich die Schläge in diesem Spiel abtauschen, was auchh das Street Fighter-Kampfsystem beinhält. Die Kämpfe spielen sich vollständig in 2D ab (wenn auch mit vollwertigen 3D-Modellen und 3D-Hintergründen wie bei Street Fighter IV). Die Eingabe-Befehle für Special-Moves beschränken sich im Wesentlichen auf Altbekanntes: halbe und Vierteldrehungen, Dragonpunch und dann eine von drei Schlag- oder Tritttasten. BAM!


Und wie wir es von den Street-Fighter-Vorgängern schon kennen, gibt es verstärkte Special-Moves und die richtig harten Super-Angriffe. Neu im Straßenkämpfer-Reich sind dafür die Kämpfe im Tag-Team. Während des Kampfes kann man im richtigen Moment (und wenn man Pech hat auch im falschen Moment) auf seinen zweiten Charakter wechseln. Ausgewechselte Kämpfer können in der Zwischenzeit einen Teil ihrer Energie regenerieren, was glücklicherweise recht schnell vonstattengeht. Dieser Vorteil kommt jedoch zu einem Preis: Wird ein Kämpfer von beiden besiegt, hüpft nicht der zweite in den Ring und macht weiter. Man verliert die ganze Runde. Hart aber wahr. Denn wenn ihr Street Fighter kennt, wisst ihr, dass man mit ein oder zwei Combos so eine Energieleiste in Windeseile zu einem Stummel herabschrumpft.

Worauf kommt es also bei Street Fighter X Tekken an? Auf das richtige Timing, sowohl beim Angriff als auch der Verteidigung. Geducktes Blocken mag oftmals mächtig sein, da es niedrige Angriffe abwehrt und hohe über einen hinweg segeln. Mittlere Angriffe dagegen sind ein Problem. Stellt man sich dann hin, muss man um seine Füße fürchten. Nicht selten wird man Opfer von Unten+Kick-Spammern. Die sind übrigens fast so schlimm wir Projektil-Spammer. Ich hasse Projektil-Spammer! Aber wir sind hier bei einem Capcom-Beater, also was erwarte ich? Außerdem schweife ich ab. Ich möchte auf etwas hinaus: Street Fighter X Tekken macht dem Spieler an dieser Stelle besonders klar, dass er nicht Opfer dieser Lame-Ass-Taktiken ist. Er ist Opfer seiner selbst, denn wenn man von verdammten Projektil-Spammern in die Pfanne gehauen wird, beherrscht man das Spiel nicht! Selbst wenn man alle Kombinationen und Regeln beherrscht, kann man deshalb noch lange kein Street Fighter (X Tekken). Ja, es ist wirklich ein bisschen wie beim Schach.


Aber wie beim Schach treffen hier nicht nur die Spielfiguren aufeinander, sondern letztlich auch sehr verschiedene Spieler zweier Lager. Als Street-Fighter-Spieler hat man hier ein Heimspiel. Über Generationen hinweg hat man sich das Recht und seine Fähigkeiten erkämpft, in dieser Sparte dabei zu sein. Ein Geburtsrecht, das selbst in diesem Crossover einen großen Vorteil bedeutet. Kommt man aus der Tekken-Sparte, muss man sich den Weg durch Street Fighter X Tekken hart erkämpfen. Der Flow eines Street Fighter unterscheidet sich sehr stark von Tekken. Nicht nur ist es völlig in 2D, sondern es ist letztlich schneller, erfordert erheblich mehr Reaktion und unerbittliche Präzision bei Kombos. Es läuft ein Angriff meistens darauf hinaus, seinen Gegenspieler in eine gute Position zu kicken, so dass er einen folgenden Super-Agriff nicht mehr abblocken kann. Trifft man solche Kombinationen, kann eine Runde schnell vorbei sein. Tekken dagegen habe ich meist als ein Spiel erlebt, das voller Comebacks steckt und in dem sich selbst innerhalb einer Runde viel tun kann. Ich denke, dass Tekken-Spieler in diesem Titel einer größeren Unnachgiebigkeit gegenüber stehen und letztlich auch einem ganz anderen Kampfsystem, in das sie sich erst einarbeiten müssen, während sie gleichzeitig das Genre vom 3D- und 2D-Beater transzendieren. Wenn man es sich so überlegt, muss man wirklich sagen, dass Tekken und Street Fighter eigentlich wenig gemeinsam haben.


Die breite Kämpferriege aus dem Tekken-Universum fügt sich dennoch als vorzügliche Ergänzung zum Street-Fighter-Roster ein. Haihachi gegen Ryu? Kein Problem. Kuma gegen Akuma? Jederzeit. Natürlich besitzen alle Kämpfer ihre charakteristischen Angriffe (Verdammt, Yoshimitsu hat sich schon wieder das Schwert zwischen die eigenen Rippen gejagt!) und stellen Counterparts ihrer Originale, die sich im Kampfstil schnell wiedererkennen lassen. Und ich finde sogar, dass die Tekken-Charaktere wirklich stark vom Artdesign des Spiels profitieren. Der leichte Touch von Comic-Style haucht den Gesichtern aller Kämpfer eine Seele ein - schon bei der Charakterwahl sieht man die weit aufgerissen Augen, die fletschenden Zähne und gerümpften Nasen. Irgendwie gefallen mir die Chars so deutlich besser als in ihrem vergleichsweise blassen und manchmal zu glatten Tekken-Look. Und letztlich passt es zu dem Spielkonzept, das deutlich lebendiger und schneller ist als das von Tekken.

Die Story nimmt zwar keine große im Spiel ein, erklärt aber sinnvoll, warum die beiden Parteien aufeinander treffen. Der Arcade-Modus präsentiert ein typisches Capcom-Spiel mit leichten Gegnern im ersten Drittel und garantierten Daumenkrämpfen beim Endboss. Immerhin lehrt einem der Offline-Akuma bereits die Spammer-Hölle von Projektil-Charakteren und gleichzeitig gewöhnt es einem das Springen bei Gegnern ab, die einen Dragonpunch beherrschen. Drei Stunden gespielt, Akuma besiegt, wichtigste Lektionen gelernt. Auf die harte Tour, aber immerhin. Und wer auf Schmerzen steht, kann sich jederzeit am Mission-Modus die Zähne ausbeißen, der mit jedem Level härtere Combos abverlangt.
Da man den Aracde-Modus auch zusammen mit einem Freund an einer Konsole spielen kann, wird der hohe Schwierigkeitsgrad durch Couch-Koop etwas aufgelockert. Im Versus-Mode kann man dann sogar zu viert, das heißt zwei gegen zwei, spielen. Das ist sogar sinnvoll, da man auf keinen Fall mehr das rechtzeitige Wechseln vergisst. Schließlich liegt einem der Partner seit dem ersten Treffer im Ohr, dass man ihn besser mal einwechseln sollte. Und er hat ja Recht!


Es gibt leider auch ein Gimmick, das mich mehr genervt hat, als dass es mir nützte: Man kann seine Kämpfer mit Perks ausstatten, die entweder kurzzeitig ihre Attribute verbessern, wenn man bestimmte Aktionen durchführt (z.B. steigt die Angriffsstärke für 10 Sekunden, wenn man mit drei Spezialangriffen trifft) oder mit solchen, die dauerhaft Attribute senken und dafür aber eine Spielerleichterung bringen (z.B. weniger Energie, aber dafür lassen sie Spezialangriffe viel leichter ausführen). Eigentlich eine ganz nette Idee. Aber da man sich seine Sammlung an Perks erst verdienen oder erkaufen muss, muss man sie ständig wechseln und das für jeden einzelnen Charakter. Zwar kann man die Kostüme seinen Chars farblich komplett umgestalten und dann mit den Perks noch weiter individualisieren, aber da man in der Regel eine Reihe verschiedener Chars spielt, wird es mit der Zeit nervig, alle aktuell zu halten und mit neuen Perks zu versorgen. Schließlich habe ich mich auf zwei Kämpfer beschränkt, mich dann aber oft geärgert, dass andere noch nicht meine Customization erfahren haben, als ich sie dann spielen wollte.

Street-Fighter-Spieler kommen um dieses Spiel nicht herum! Durch die Tekken-Kämpfer und Tag-Duelle weht genug frischer Wind durch das Spiel, bietet aber gleichzeitig großen Wiedererkennungswert. Für Tekken-Fans kann dieses Spiel zur Feuerprobe des 2D-Universums werden, lockt aber durch die bekannten Charaktere mit einer großen Versuchung, den Sprung zu wagen. Letztlich sollte man sich auf harte und manchmal unfaire Online-Kämpfe einstellen, aber auch auf den Spaß im lokalen Multiplayer-Modus. Insbesondere im hohen Schwierigkeitsbereich gibt es viel zu tun und zu holen und wenn man auch nur einem der beiden Lager angehört (oder auf Schmerzen steht wie sie einem nur Capcom bereiten kann), sollte man sich diesen Titel ansehen. Nex

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