Ys: The Oath in Felghana

(Artikel)
Haris Odobašic, 16. März 2012

Ys: The Oath in Felghana

Der Rollenspiel-Underdog

Kennt ihr Adol Christin? Wahrscheinlich nicht, doch der Rotschopf rettet schon seit über 20 Jahren die Welt in der eigentlich nur in Japan bekannten RPG-Reihe Ys. Ihren Anfang auf Plattformen wie dem nur in Japan verfügbaren PC88 findend, erschienen die Spiele um Adol Christin auf vielen gängigen als auch obskureren Plattformen der späten 80er und 90er, nur eben so gut wie nie im Westen. Ys: The Oath in Felghana ist dabei der dritte Teil der Serie, welcher erstmals 1989 auf dem NEC PC-8801 und dem NEC PC 9801 sein Debüt feierte, damals unter dem Titel Ys III: Wanderers from Ys. 2005 erschien ein Remake, nur für den PC, welches jahrelang nur mithilfe einer Fan-Patches außerhalb Japans genossen werden konnte - bis Xseed Games diese Übersetzung lizenzierte und die schon 2010 erschienene PSP-Version letztes Jahr in die USA und nach Europe brachte.

Remake ist hier dabei wörtlich zu verstehen: Wanderers from Ys war eine reine 2D-Angelegenheit im Stile von beispielsweise Zelda II. Die Parallelen enden dort nicht, denn genauso galt der dritte Teil von Ys eben auch als schwarzes Schaf der Serie, sowohl perspektivisch als auch qualitativ. Zwei Umstände, die von den Entwicklern so nicht hingenommen werden konnten.

Oath in Felghana lässt die Originalgeschichte in ihren Grundzügen unangetastet. Adol landet mit seinem guten Freund Dogi in dessen Heimatstadt Redmont, die er vor acht Jahren verlassen hat. Mittlerweile hat sich einiges verändert: im nahen Valestein Castle hat ein böser Tyrann die Macht übernommen, der das Volk mit hohen Steuern und drakonischen Edikten peinigt, während gleichzeitig aber auch mehr und mehr Monster das Land durchstreifen und unschuldige Menschen anfallen.
Doch ab diesem Punkt ist in Oath in Fehlghana einiges anders. Einerseits wurde die Geschichte in vielen Aspekten erweitert und zusätzlich mit einer ganz guten Synchronisation versehen. Andererseits ist Oath in Felghana kein reiner Sidescroller mehr, sondern bewegt sich nun per Iso-Perspektive und Pseudo-3D auf traditionelleren Action-RPG-Pfaden. Das hat also nicht nur eine Auffrischung der benutzten Grafiken zufolge - Charaktere werden mit schönen 2D-Sprites dargestellt, für die Hintergründe auf 3D gesetzt wurde - sondern auch eine komplette Neugestaltung für alle Gebiete des Spiels.
Dabei teilt sich die Erfahrung in gelegentliche Rätsel sowie Sprungsequenzen auf, gepaart mit genauso eingängigem wie spaßigem Hack’n’Slay. Mit einem Knopf könnt ihr euch durch die Monsterhorden schneiden, wobei ihr diesen Schlag dann auch bis zu sechs Mal für eine nette Kombo aneinanderreihen könnt. Außerdem gibt es noch ein paar kontextsensitive Attacken, die davon abhängen, ob ihr gerade springt oder fallt. Später lernt ihr mithilfe spezieller Armreifen auch rudimentäre Magie einzusetzen.

All diese Elemente sind an sich einfach zu beherrschen, müssen aber in den anspruchsvollen Bosskämpfen geschickt kombiniert werden. Denn die Endgegner haben es echt in sich, so dass bei der ersten Begegnung euer Tod eigentlich immer unvermeidlich ist. Ihre Attacken haben es nämlich nicht nur in sich, sie variieren sie auch gerne mal. Kaum denkt ihr, den Boss durchschaut zu haben, packt er gerne eine komplett neue Attacke aus oder fordert euch mit einer härteren Variante seiner bisherigen Angriffe. Daher läuft es am Ende vor allem auf zwei Sachen hinaus: das Auswendiglernen der Bewegungsmuster der Bosse und natürlich eure Fähigkeiten als Spieler, um den teilweise schon an Bullet Hell erinnernden Angriffen auszuweichen. Der knackige Schwierigkeitsgrad sollte euch aber nicht abschrecken, denn gerade diese Kämpfe sind das absolute Highlight des Spiels. Die Befriedigung nach dem Besiegen eines dieser harten Brocken zählt zu den schönsten Gefühlen, die ihr in eurer Videospielerkarriere haben werdet.

Ein netter Kniff hält euch aber selbst bei einfacheren Kämpfen auf Trab: die Feinde lassen neben Geld und Heilitems auch Statusverbesserungen fallen. Diese machen euch stärker, wirken aber nur einen kurzen Zeitraum. Wer also möglichst effektiv Horden an Gegner exterminieren will, geht schnell vor. Dies wird dann auch noch zusätzlich mit einem Erfahrungsbonus belohnt. Nicht, dass es was bringen würde rumzustehen und zu warten. Heilen könnt ihr euch nur an Speicherpunkten und von dem, was die Gegner liegen lassen. Pause machen ist nicht. Ein Umstand, der vielleicht abschreckend klingt, aber durch die fairen Rücksetzpunkte am Anfang eines jeden Levelabschnitts ausgeglichen wird. Selbst wenn man stirbt dauert es meist nur eine halbe Minute, bis man zum Ort des Todes zurückgekehrt ist.

Der ein oder andere könnte es schade finden, dass der Rollenspielanteil etwas zu kurz kommt. Man hat zwar die Möglichkeit seinen Charakter zu leveln sowie das Equipment grundsätzlich zu verbessern, aber am Ende muss man resümieren, dass die Action klar überwiegt. Daher beschleicht einen beim Spielen auch immer wieder das Gefühl, hier das uneheliche Kind von Super Metroid beziehungweise Castlevania: Symphony of the Night und Secret of Mana vor sich zu haben. Neu erlernte Fähigkeiten, die es euch ermöglichen in altbekannten Gebieten neue Pfade zu beschreiten, auflockernde Sprungsequenzen und gerade die großartigen Bosskämpfe sind ein klares Indiz für den Einfluss, welchen die erstgenannten Spiele hier hatten.
Leider wird euch die neugewählte Perspektive gelegentlich ein leichter Dorn im Auge sein. Sie bietet zwar genug Übersicht, macht es aber etwas schwierig die Position von in der Luft schwebenden Elementen genau einzuschätzen. Klappen die Plattform-Sequenzen noch ganz gut, werdet ihr euch öfter dabei beobachten können, um fliegende Gegner wie ein kleiner Junge in einem Bienenschwarm herumzuhüpfen, in der Hoffnung mal irgendwas zu treffen. Zum Glück finden sich aber später effektivere Attacken, die keine solche Präzision bei der Abschätzung der Luftlinie zwischen euch und dem Feind erfordern, um diesem Manko zumindest den Frustfaktor zu nehmen.

Nostalgie-Freaks wird die Möglichkeit freuen, das Spiel optional mit den Soundtracks der PC88-Version oder der X68k-Version spielen zu können.
Weit entfernt von dem üblichen Klischee-Sound, den man von japanischen RPGs erwarten würde, kommt der Soundtrack von Oath in Felghana überraschend rockig daher – und ist zudem richtig, richtig gut. Die Ys-Serie war schon immer für ihre Musik bekannt, aber diese eben mit richtigen Instrumenten in ordentlicher Qualität dargeboten zu kriegen, statt nur per Soundchip emuliert, ist ein Genuss sondergleichen. Am ehesten vom Sound vergleichbar mit den Kompositionen Daisuke Ishiwataris für die Guilty-Gear-Spiele, stecken selbst die besten Tracks dieser Serie, sowas wie „Holy Orders (Be Just or Be Dead)“, das Thema von Ky Kiske aus dem 2D-Beat 'em Up, weit hinter dem zurück, was Ys bietet.

Für viele Spieler dürfte The Oath in Felghana der erste Kontakt mit Ys überhaupt sein. Und man könnte sich keine bessere Initialbegegnung wünschen: die Entwickler von Falcom Nihon haben das einstig hässliche Entlein in das Prunkstück der Spieleserie verwandelt. Durch den Verzicht auf einige Idiosynkratien der früheren Ys-Spiele – wie das Fehlen eines Schlag-Knopfes – und einer Vielzahl an Schwierigkeitsgraden dürften sich auch Einsteiger schnell zurechtfinden, während fortgeschrittenere Spieler sich vor allem an den knackigen Boss-Kämpfen den Kopf auf eine schöne Art und Weise zerbrechen werden. Dabei mag das dritte Abenteuer von Adol Christin sicherlich weder von der Story noch der Atmosphäre mit Spielen wie Bastion mithalten, aber bei Gameplay und Spielspaß kann es sich locker mit dem Allerbesten messen, was man aus dem traditionsreichen Genre der Action-RPGs gewohnt ist. Und gerade der reduzierte Preis von 9,99 € im PSN-Store sollte dieses Highlight der Playstation-Portable-Bibliothek zu einem absoluten Pflichtkauf machen. Und wer keine hat, wartet einfach bis zum 19. März, wenn die PC-Version endlich offiziell im Steam-Store verfügbar sein wird. Evil

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