Red Orchestra 2

(Artikel)
Daniel Fink, 03. November 2011

Red Orchestra 2

Es ist keine Musiksoftware!

Der Krieg ist rau, brutal und gnadenlos. Das amerikanische Entwicklerstudio Tripwire Interactive scheint das nicht vergessen zu haben und bringt uns mit Red Orchestra 2: Heroes of Stalingrad einen Shooter, der genau diese Aspekte in den Vordergrund stellt und das 2. Weltkriegs-Szenario wieder aufleben lässt.

Tripwire Interactive begann als ein kleines Modding-Team, welches an einer Unreal Tournament 2004-Modifikation namens Red Orchestra werkelte. Red Orchestra zeichnete sich vor allem durch Realismus und den damit verbundenen, hohen Schwierigkeitsgrad aus, aber auch Features wie Vehikel und gigantische Maps machten die Modifikation für wagemutige Spieler sehr interessant.
Als Tripwire dann bei einem Wettbewerb von nVidia eine Lizenz für die Unreal Engine 2.5 und die Lizenz für ein Spiel auf der Unreal Engine 3 gewannen, beschlossen sie Red Orchestra zu einem eigenständigen Spiel zu machen und so entstand Red Orchestra: Ostfront 41-45. Später entwickelte Tripwire den beliebten Zombie-Shooter Killing Floor, ebenfalls auf der Unreal Engine 2.5.

Die Unreal-Engine-3-Lizenz benutzen sie für Red Orchestra 2: Heroes of Stalingrad. Widmen wir uns nun den interessanten Merkmalen dieses ambitionierten Titels.

Auch wenn Red Orchestra ein reines Multiplayer-Spiel war, bietet Red Orchestra 2 einen Singleplayer. Das Interessante an diesem ist, dass eine Kampagne aus deutscher Sicht verfügbar ist, was den Singleplayer jedoch nicht unbedingt spielenswert macht. In ihm kriegt man im Grunde nur die Multiplayer Maps mit hirntoten Bots zu sehen. Ein wenig vergleichbar mit Brink. Vor jeder Mission bekommt man ein kleines Briefing von einem Mann mit einem lustigen Akzent und dann geht es los. Ich würde jedoch trotzdem empfehlen, die Kampagne anzuspielen, um Gefühl für die Waffen zu kriegen und mit den Spielmechaniken vertraut zu werden.


Kommen wir zum Kernstück dieses Spiels: dem Multiplayer.

Hier wird das Spiel erst richtig interessant. Es gibt drei Spielmodi: Territory, Firefight und Countdown.
Territory ist eine Mischung aus Battlefields ureigenen Spielmodi Conquest und Rush. Ein Team stellt die Angreifer dar, die anderen sind die Verteidiger. Zu Beginn der Runde stehen den Angreifern mehrere Angriffspunkte, die sie einnehmen müssen, zur Auswahl. Wenn sie es schaffen, schalten sie weitere Punkte, die sie einnehmen sollen, frei. Das geht so lange, bis die Angreifer den letzten Punkt eingenommen haben. Währenddessen tickt der Lockdown Timer, der sich durch das Einnehmen von Punkten verlängern lässt. Falls der Timer abläuft, verlieren die Angreifer. Außerdem besteht die Möglichkeit durch stupides Töten die Tickets eines Teams auf null zu bringen und sich somit den Sieg zu sichern.
Firefight ist typischer Team Deathmatch ohne Klassenbegrenzungen. In Red Orchestra 2 gibt es diese Grenzen, die verhindern sollen, dass zum Beispiel zu viele Leute den Scharfschützen oder den Sturmsoldaten spielen können, was nicht nur aus balancetechnischen Gründen sinnvoll ist, aber auch aus der Sicht des Realismus.
Countdown ist ein Spieltyp, den man mit Counter Strike oder Search and Destroy von Call of Duty vergleichen könnte... Nur ohne das ganze "Destroy". Sowohl die Russen als auch die Deutschen haben ein Angriffsziel, welches sie einnehmen sollen. So soll verhindert werden, dass die Spieler auf den riesigen Maps zu weit auseinander laufen. Hier muss bedacht werden, dass man nur ein Leben hat und nur ein Schuss meistens den Tod bedeutet. Dadurch entsteht ein sehr intensiver und spannender Kampf.

Auf manchen Maps im Territory-Spieltyp sind Panzer verfügbar. Der deutsche Panzer IV und der russische T-34 sind im Spiel vorhanden, die Entwickler versprechen aber noch mehr Panzer und Vehikel mit Patches nachzureichen. Die Panzer sind von innen sehr detailgetreu modelliert. Falls man sich im Panzer umschaut, sieht man nicht nur viele lustige Hebel, sondern auch den Rest der Panzer-Crew, inklusive der Typen, die die Kanone nachladen. Was hier wirklich furchterregend ist, ist die Situation, wenn man von einem AT-Soldaten oder einem anderen Panzer beschossen wird. Falls dieser einen Schwachpunkt in der Panzerung trifft, kann es sein, dass ein Crew-Mitglied stirbt und es ist wirklich kein schöner Anblick, wenn man der Fahrer ist und neben sich die blutüberströmte und kopflose Leiche des MG-Schützen sieht.


Die Ballistik der Waffen ist sehr nah an der Realität gehalten. Wie vorher schon erwähnt: ein Schuss bedeutet meistens den Tod, die Waffen sind auf lange Entfernungen sehr genau und das wirklich Auffällige ist die Möglichkeit, die Entfernung zum Gegner auf der Waffe einzustellen. Immer, wenn man einen Gegner tötet, wird die Kill-Distanz angezeigt, damit man ein Gefühl für die Entfernungen auf den Maps bekommt. Nehmen wir an wir haben die Mosin Nagant und sehen einen Gegner auf 200 Meter Entfernung. Normalerweise müsste ich etwas weiter nach oben zielen, um den Gegner zu töten. Hier ist das ebenfalls möglich, jedoch kann man seine Iron Sights auf 200 Meter stellen und direkt auf den Gegner schießen, so wie es auch im echten Leben funktioniert. Das Ganze macht man ganz intuitiv mit dem Mausrad.

Da die Waffen so tödlich sind, ist Deckung extrem wichtig. Hierfür hat man ein First Person Cover-System. Wenn man sich an einer Wand befindet, an der man Deckung nehmen kann, drückt man "Strg" und Charaktere drückt sich an die Wand, vergleichbar mit Gears of War, nur dass das Ganze aus der Ego-Perspektive geschieht. Auch wenn es komisch klingt, funktioniert dieses Prinzip ziemlich gut und sogar Blindfeuer ist hier wirklich Blindfeuer und nicht perfektes Snipern.

In diesem Spiel muss immer bedacht werden, dass man kein Supersoldat ist. Auch wenn man einen Streifschuss überleben kann, gibt es hier keine sich selbst regenerierende Gesundheit. Das HUD ist ebenfalls sehr minimalistisch, das ist jedoch serverabhängig. Wenn man auf der höchsten Realismusstufe spielt, gibt es gar kein HUD. Um zum Beispiel die Anzahl der Patronen im Magazin herauszufinden, hält man "R" gedrückt und der Charakter wiegt das Magazin in der Hand, um zu gucken ob es voll, halbvoll oder fast leer ist. Mit T lässt sich aber eine taktische Ansicht aufrufen, die einen über die Position der einzunehmenden Punkte, den Timer und die verbleibenden Tickets informiert.

In Red Orchestra 2 gibt es auch ein Level-System mit Unlocks. Das Level-System hängt auch mit dem Moralsystem zusammen, auf welches ich etwas später eingehe.
Durch das Töten von Gegner, Assistieren bei Kills und das Einnehmen von Punkten bringen einem Erfahrungspunkte, durch die man levelt. Auch die Waffen lassen sich leveln durch das Töten mit diesen. Dadurch schaltet man zum Beispiel Bajonetts, größere Magazine oder Zielfernrohre frei. Auch einzelne Klassen lassen sich aufwerten, so kann man zum Beipiel als Deutscher russische Waffen benutzen oder kann weitere Waffen freischalten.
Der einzige Kritikpunkt wäre ist, dass das Unlock-System keinen Sinn macht und die Voraussetzungen bei dem Leveln von Waffen sind unglaublich fies. Die PPSh-41 wurde fast ausschließlich mit dem Trommelmagazin benutzt, hier spielt man jedoch zuerst mit einem normalen Magazin und muss erst das Trommelmagazin erwerben. Vom Design her mag es Sinn machen, wenn man aber jedoch so auf Realismus fixiert ist, dann sollte man auf solche Details achten.

Kommen wir zu dem Moralsystem. Die Moral der Soldaten sinkt, wenn sie beschossen werden oder Kameraden um sie sterben. Die Sicht wird schwarz-weiß und verschwimmt, somit ist es schwerer zu zielen. Wenn man neben einem Spieler mit einem hohen Level ist, ist dieser ein Held. So ein Held steigert die Moral der Soldaten. Sie werden nicht mehr so leicht von dem Feuer der Gegner unterdrückt und nicht mehr so von dem Tod der Kameraden beeinflusst.

Ich will noch die unglaubliche Atmosphäre des Spiels ansprechen. Selten hat man solch' eine Angst in einem Multiplayer-Shooter. Stellt euch vor ihr liegt in einem Graben, neben euch schlägt Artillerie ein und zerfetzt eure Kameraden und von oben kommt MG-Beschuss. Dazu kommt das wundervolle Sounddesign des Spiels. Die Ausrufe der Soldaten auf dem Feld tragen zur Atmosphäre bei und die Waffen klingen so wie sie klingen sollen. Außerdem fühlt sich jeder Kill absolut zufriedenstellend an.

Red Orchestra 2 ist kein Spiel für Jedermann. Auch wenn die Lernkurve nicht so steil wie im ersten Teil ist und der Einstieg in den zweiten Teil sich weitaus einfacher gestaltet, kann die Red Orchestra-Erfahrung doch sehr frustrierend sein. Nach dem etwas rauen Launch des Spiels wurden alle groben Fehler beseitigt, jedoch sind einige der geplanten Features noch nicht eingebaut wie zum Beispiel Ko-Op.
Wer einen anspruchsvollen Shooter will, ist mit Red Orchestra 2: Heroes of Stalingrad bestens bedient. Auch wenn die Spielerzahlen durch Battlefield 3 etwas zurückgegangen sind, wird das Spiel bald wieder aufleben durch die Inhalte, die Tripwire kostenlos nachliefern will, aber auch durch die aktive Modding-Szene. Es sich schon mehrere Total-Konversationen angekündigt wie Rising Storm, welches das Spielgeschehen in den Pazifik-Theater versetzen wird, und In Country Vietnam wird uns noch ein Mal in den Vietnam-Konflikt ziehen.

Man sieht sich an der Ostfront! -Undead

Kommentare

Dreed
04. November 2011 um 19:20 Uhr (#1)
hört sich sehr interessant an, ich mag realismus in spielen, aber bin eher ein singelplayer spieler...aber das moral sysrem und das mit dem panzer hört sich verdammt cool an^^
Henry
Gast
18. Mai 2012 um 10:53 Uhr (#2)
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht,warum das Unlock-System keinen Sinn machen soll. Meint ihr jetzt, weil man als deutscher Soldat russische Waffen nehmen kann? Denn so war zum Beispiel das ppsh-41 eine sehr beliebte Kriegsbeute.
Rian
18. Mai 2012 um 21:18 Uhr (#3)
Ich glaube, es ging dabei eher darum, dass man bestimmte Waffen zuerst untypisch spielen muss, um die typische Ausstattung freispielen zu können (Beispiel: erst normales Magazin, später Trommelmagazin). Man spielt also mit absichtlich verschlechterten Waffen, die in dieser Weise eigentlich kaum existiert haben.

...aber ich habe den Artikel nicht geschrieben und Undead ist einer unserer Freelancer, aber vielleicht stößt er ja von selbst auf deine Frage und kann sie dir beantworten. :D
Gast
25. April 2024 um 17:42 Uhr
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