Battlefield 3

(Artikel)
Haris Odobašic, 07. November 2011

Battlefield 3

Und ich flieg mit meinem Jet nach Sarajevo

Ich muss etwas gestehen: ich habe Battlefield nie wirklich im Multiplayer gespielt. Die ersten zwei Battlefield-Spiele, 1942 und Vietnam, gab es nicht für Konsolen, weswegen sie gar nicht auf meinem Radar auftauchten, während Battlefield 2: Modern Combat von mir einfach ignoriert wurde. Bei den beiden Bad-Company-Teilen hingegen war ich jeweils zu sehr im Bann des genialen Gameplays von Modern Warfare bzw. Modern Warfare 2, als dass ich viel Begeisterung für den Multiplayer dieser Spiele aufbringen konnte. So gesehen betrete ich also bei Battlefield 3 absolutes Neuland -- und bin als eingefleischter Modern-Warfare-Fan hin und weg!

Veteranen werden sich gleich zurechtfinden, denn an der üblichen Battlefield-Formel hat sich wenig geändert. Noch immer steht der Conquest-Modus im Vordergrund, der sich als hoch-taktisches Deathmatch präsentiert. Zwei Teams treten gegeneinander an mit einer festen Anzahl an Respawn-Tickets, die, wie der Name es schon andeutet, mit jedem Wiedereinstieg verbraucht werden. Gleichzeitig sind auf der Karte mehrere eroberbare Zonen verteilt, in der Regel drei oder vier, die, wenn man mehr als die Hälfte kontrolliert, dafür sorgen, dass das gegnerische Team ebenfalls nach und nach Respawn-Tickets abgezogen kriegt. Damit ist man quasi gezwungen, auf Konfrontationskurs zu gehen, da man auch ohne zu Sterben die wertvollen Tickets verlieren kann.

Gleichzeitig sorgt aber genau dieser Umstand für die hohen taktischen Anspruch der Battlefield-Reihe. Wer wie ein wildes Huhn herumrennt, stirbt schnell und kostet seinem Team ein Fahrkarte nach dem Anderen. Stattdessen ist es um einiges effektiver, sich mit anderen Spielern in Squads, die aus bis zu vier Mitgliedern bestehen, zusammenzuschließen und eine ruhigere Vorangehensweise vorzuziehen. Gleichzeitig gilt es natürlich wichtige Entscheidungen zu treffen. Gibt man vom Heli aus Feuerschutz und konzentriert sich auf das Dezimieren der Gegner oder versucht man lieber einen der gegnerischen Stützpunkte zu erobern?

Das Spielen im Team wird auch dadurch unterschwellig herbeigeführt, dass es insgesamt vier Klassen gibt, bei der eine gute Mischung essentiell ist, um zu bestehen. Spielt man nämlich als Sturmsoldat, der neben einer Vorliebe für Sturmgewehre in der Lage ist Kameraden zu heilen oder wiederzubeleben, wird man spätestens beim ersten Kontakt mit einem Panzer ins Wimmern kommen: das Maschinengewehr und Granaten kratzen die Panzerung nicht mal an und Boarding à la Halo ist aus logischen Gründen nicht möglich. Da wünscht man sich einen Pionier herbei, der meist einen fetten Raketenwerfer im Gepäck hat und so in der Lage ist, Luft- und Landfahrzeuge schnell mal fahruntauglich zu gestalten. Gleichzeitig ist diese Klasse auch die einzige, die Fahrzeuge reparieren kann. Gerade als Helipilot wird man sehr froh sein, wenn man einen Pionier mitschleppt, der im Flug jederzeit mit seinem Reperaturkit sicherstellt, dass man auch nach schweren Treffern nicht mit dem Fallschirm abspringen muss.

Die Support-Klasse ist in der Lage Munition zu verteilen und kann außerdem dank des starken Maschinengewehrs, welches diese Krieger mit sich schleppen, Feinde unter Druck setzen. Das heißt im Klartext, dass, auch wenn der Supporter den Gegner nicht direkt trifft sondern nur seine Deckung unter Beschuss nimmt, der andere Spieler damit zu kämpfen hat, dass ein Blur-Effekt seinen Bildschirm verwischt und er dewegen unter einer verschlechterten Treffergenauigkeit zu leiden hat.
Als viertes und letztes im Bunde gibt es dann auch noch die Aufklärer, die einerseits als einzige Zugang zu Scharfschützengewehren haben und andererseits viele nützliche Tools besitzen, um Feinde aufzuspüren. So können sie eine Drohne starten oder eine Aufklärungssonde platzieren, die alle Feinde in einem bestimmten Umkreis markiert.

Ein richtig cooles Feature ist die Möglichkeit Gegner zu markieren. Seht ihr zum Beispiel einen Scharfschützen auf weiter Distanz, dem ihr mit euren Nahkampfwaffen nicht unbedingt in sein Verderben stürzen könnt, bietet sich die Möglichkeit an ihn einfach zu markieren. Dann wird per Funkspruch jeder im Team darauf aufmerksam gemacht, außerdem erhält der Gegner für einige Sekunden eine für jeden Kameraden sichtbare Markierung über dem Kopf. Ihr könnt euch sicher sein, dass der Scharfschütze in solchen Fällen nicht mehr lange sein Unwesen treibt.
Etwas schade nur ist die etwas unglückliche Tastenbelegung. Wird auf dem PC per Q-Taste markiert, was kein Problem darstellt, muss man auf den Konsolen per BACK- bzw. Select-Taste die Beweglichkeit seiner Finger zur Schau stellen. Das erklärt dann auch, wieso es im Gegensatz zum PC auf Konsolen um einiges weniger Sichtungen online gibt.

Wie wichtig Teamplay ist sieht man auch daran, dass der beste Spieler am Ende einer Runde nicht unbedingt der ist, der die meisten Kills gemacht hat, sondern der mit den meisten Punkten. Und Punkte kriegt man für so ziemlich alles, was dem Squad und dem Team hilft. Sei es, indem man Teamkameraden wiederbelebt, Fahrzeuge repariert oder einfach nur einen Stützpunkt erobert - all das stockt euer Punktekonto auf.

Neben Conquest gibt es aber noch einige andere Modi. Rush ist ebenfalls aus früheren Battlefield-Teilen bekannt und spaltet die Spieler in Verteidiger oder Angreifer. Angreifer haben ein begrenztes Kontigent an Respawns und müssen es schaffen, zwei M-Com-Stationen in die Luft zu sprengen, während die Verteidiger dies verhindern sollen. Eine nette Abwechslung im Vergleich zu Conquest, wo es einen fließenden Übergang zwischen Offensive und Defensive gibt. Weiterhin gibt es auch Team-Deathmatch, was aber ziemlich langweilig ist, sowie die Möglichkeit Team-Deathmatch und Rush in einer Variante mit bis zu vier Teams, alle auf Squadgröße beschränkt, zu spielen.

Protip: Kriegt ihr es nicht hin mit dem Jet-MG irgendwas zu töten, gibt es einen kleinen Trick, wie ihr doch schnell Kills und damit Erfahrung gewinnen könnt -- indem ihr frontal mit euren Gegnern zusammenprallt!
Neu auch für Fans der Serie ist, dass es nun ein Progression System für die unzähligen Fahrzeuge gibt. Stellt euch meine Freude vor, als ich zum ersten Mal in einen Jet kletterte, nur um beim nächsten Beschuss mit einer Zielsuchrakete festzustellen, dass ich ja noch gar keine Flares dabei habe. Diese müssen, genau wie Raketen und Bomben, erst einmal freigeschaltet werden. In der Standardausführung hat ein Jet nämlich nur ein läppisches MG an Bord.
Einerseits ist es eine logische Weiterführung des Konzepts, was man auch schon bei den Waffen und separat für alle vier Klassen sieht, aber andererseits kann es gerade für Neulinge frustrierend sein, die begeistert mit dem Jet ein bisschen was kaputtbomben wollen und dann erst mal mühselig eine Art Shooter-World-of-Warcraft mit zeitaufwändigem Fahrzeuggrinding über sich ergehen lassen müssen. Gerade bis man den Jet halbwegs kampftauglich gelevelt hat können schon ein paar Stunden voller ärgerlicher Momente vergehen.

Einzig und alleine die Engine macht einem gelegentlich einen Strich durch die Rechnung. Das lockere Überspringen von Hindernissen oder der wagemutige Sturz aus dem Fenster scheitert nämlich manchmal einfach am Unvermögen des Spiels. Denn es wird zwar die richtige Animation abgespielt, aber der Charakter schafft es trotzdem nicht, sein Ziel zu erreichen. Meist klappt es bei einem zweiten Anlauf, aber ich bin auch schon einige Male gestorben, weil mein Recke nicht sofort über die Mauer gehüpft ist, damit ich in Deckung gehen konnte.

Außerdem muss man sich wirklich Fragen, was sich die Entwickler dabei gedacht haben, dass man am Ende einer Partie das Spiel nicht verlassen darf. Man kann nämlich nur während einer laufenden Runde raus, im Bildschirm mit der Ergebnisübersicht zwischen zwei Karten hat man keine andere Wahl als zu warten. Und wehe, man macht dann einfach die Konsole aus, während die nächste Karte lädt: bei mir bedankte sich Battlefield 3 damit, dass es meine Spielstände korrumpierte. Hat zwar keinen Einfluss auf den Multiplayerfortschritt, aber hätte ich zu dem Zeitpunkt nicht schon die Kampagne durchgespielt, wäre ich wohl sehr unglücklich gewesen.

Für all die Leute, denen aber die Action mit 24 menschlichen Spielern (auf Playstation 3 und Xbox 360) bzw. gigantischen 64 Spielern dann doch etwas zu viel ist, hat Battlefield 3 auch einen Ko-op-Modus eingebaut. Dieser kann nur online jeweils zu zweit gespielt werden und orientiert sich teilweise an den Einzelspielerkarten. Der Name ist hier übrigens wirklich Programm: anders als in vielen anderen Spielen mit Ko-Op, wo man eigentlich nur zufällig auf demselben Schlachtfeld gelandet ist und auf die gleichen Feinde feuert, kann man bei Battlefield 3 alleine teilweise gar nicht überleben. In einer Mission sitzt man beispielsweise zu zweit im Heli: einer am MG und den Raketen, der andere mit dem Steuerknüppel in der Hand. Wenn man sich hier nicht abspricht und ergänzt, ist die Mission eigentlich unschaffbar.

Das letzte Mal, dass mich der Mehrspieler-Modus eines Militär-Shooters so begeistert hat, war 2007, als Modern Warfare die Zockerwelt im Sturm eroberte. Battlefield 3 schafft es endlich, die Call-of-Duty-Serie von ihrer Vormachtstellung im Onlinebereich abzulösen. Perfekt getrimmtes Gameplay, unheimlicher Tiefgang im Progression System und abwechslungreichen Karten, kombiniert mit dem Suchtfaktor der altbekannten Battlefield-Multiplayer-Modi, sorgen dafür, dass man dieses Jahr einfach nicht an Battlefield 3 vorbeikommt, wenn man auch nur ein kleines bisschen auf Multiplayer-Spektakel steht. Evil

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