Gatling Gears

(Artikel)
Rian Voß, 11. September 2011

Gatling Gears

Dampfmaschinenpanzer, los!

Spätestens seit Geometry Wars sind Twin-Stick-Shooter das Butterbrot der Indie-Marketplace-Gesellschaft. Jeder kennt die Formel und wenn wer nicht, dann lernt er sie in ein paar Sekunden. Natürlich muss jeder Entwickler bei seiner Variante ein bisschen Abwechslung in den Mix stecken, so sorgt Vanguard Games' Gatling Gears etwa für Steampunk-Atmosphäre gepaart mit Elementen aus Shmups wie Touhou. Enter the bullet hell!

Die Helden unserer Geschichte Max Brawley und Julius Steelwell, zwei Testpiloten für die neueste Waffenmaschinerie des Imperiums: die Gatling Gears, auf zwei Beinen laufende Panzer. Na gut, Imperium. Das lässt ja schon mal vermuten, dass die nicht so nett sind, und nachdem das Trainings-Camp von Julius und Max von den sogenannten Freemen angegriffen wurde, sie den Angriff zurückschlugen, dann in die Gegenoffensive gingen und der Vorgesetzte ihnen sagte, sie sollen ein Dorf niederbrennen, merkt Max auch langsam wie der Hase läuft und desertiert. Allerdings nicht ohne Pension, denn er nimmt sein Gefährt mit. Das von Julius, der weiterhin in der Armee bleibt, schenkt er seiner Nichte Zoe. Oder sie bauen sich eine neue Gatling Gear, ich weiß es nicht.


Grafisch fällt Gatling Gears sofort sehr positiv auf: sämtliche Gegner und Objekte in der Welt sind hübsch und deutlich voneinander distinguiert, die Modelle sind simpel gestrickt, aber bei weitem nicht hässlich, und die fünf Kapitel nach dem Prolog unterscheiden sich komplett (ein Wald, ein vereister Pass, eine von Stürmen zerrüttete Landschaft, ein trocken gelegtes Seebett und zu guter Letzt die Hauptstadt des Imperiums) und sind allesamt sehr sehenswert. Wenn mal wieder ein neuer Teil der Wars-Serie herauskommen würde, dann wäre das ein optimaler Grafikstil. Die Musik ist dabei auch nicht übel, klingt teilweise zwar irgendwie von Danny Elfman abgekupfert, aber das ist ja nichts Schlechtes.

Die Walker-Steuerung ist natürlich dem Genre entsprechend denkbar einfach: mit dem einen Stick (oder am PC schätzungsweise mit der Maus) schießen, mit dem anderen laufen. Dann kann man auf einer Taste noch ein Zielvisier aktivieren, um an die entsprechende Stelle Granaten hinzuknallen, und mit einer anderen Taste ballert man aus der Kanone. Diese beiden Spezialwaffen laden ihre Munition stetig auf, so dass man eigentlich ständig damit beschäftigt ist, aus allen Rohren zu feuern, was das Zeug hält. Ich fand es an der Stelle gewöhnungsbedürftig, dass das Fadenkreuz der Granate nicht resettet, denn wenn man Granaten auf Feinde an gegenüberliegenden Seiten des Bildschirms schmeißen möchte, nimmt der Prozess schon ein paar Sekunden in Anspruch. Mit der Zeit kommt man dahinter, wie man die gegebenen Waffen am besten einsetzt, aber bis dahin kann schon das halbe Spiel um sein.
Außerdem nervte es mich sehr stark, dass die Kamera ihren eigenen Kopf hat und einen partout nicht in bereits betretene Gebiete zurücklassen will. Sieht man gerade noch aus dem Augenwinkel, wie ein sammelbarer Gegenstand von der Kamera verschlungen wird, dann ist der jetzt halt weg und man kriegt ihn erst wieder zu Gesicht, wenn man das Level neustartet. Das ist mir nicht nur einmal passiert.
Ein bisschen was Besonderes ist da noch die Spark Bomb - dieser kleine Allesvernichter zerstört sämtliche feindlichen Objekte auf dem Bildschirm, lässt sich aber nur einmal pro Mission verwenden, zudem kostet einen der Einsatz der Bombe in der Endwertung ganze 10.000 Punkte.

Wie bei einem wahren Bullet-Hell-Spiel ist aber natürlich das Schießen nur sekundär, die wahre Aufgabe liegt im Ausweichen von roten Geschossen. Meistens sind das Raketen, manchmal Lenkraketen und bei Bossgegnern (allesamt groß, eindrucksvoll und spannend zu bekämpfen) auch mal ganz was Anderes. In den ersten Kapiteln geht das ja noch, aber später kommt man doch schon reichlich ins Schwitzen, wenn man nicht rechtzeitig die Gegneranzahl dezimiert und einem auf einmal der Lebensraum ausgeht. Am fiesesten sind da noch die Flammenwerfer-Heinis, die sieht man so schwer und wenn sie vor einem stehen, kriegt man auf die Mütze. Das ist nicht nur schlecht, weil man Lebenspunkte verliert, sondern weil mit jedem Treffer der Multiplikator runtergeht, den man sich mühevoll aus den verbliebenen Zahnrädern verblichener Feinde zusammensammelt. Mit einem höheren Multiplikator bekommt man mehr Punkte und je höher die Punkte, desto mehr Erfahrungspunkte erhält man. Wobei die Belohnungen, die man durch EXP erhält, eigentlich nur optischer Natur sind, sozusagen nette Gimmicks. Die wahren Upgrades kriegt man im Tausch für Goldbarren, davon gibt es pro Level meist drei. Glücklicherweise gibt es so einen Überschuss an Gold, dass man bis zum letzten Level locker alle Upgrades freigeschaltet hat.


Und was das für Upgrades sind! Am Anfang war die Explosionsausfuhr ja noch relativ mau, aber später ist es wirklich ein befriedigendes Erlebnis, wenn man mit einer Salve aus feingranularen Clustergranaten in Konjunktion mit einer Kanonen-Barrage jeden noch so fetten Panzer mit einem lauten Kabumm vom Schlachtfeld räumt. Ganz besonders bizarr wird es, wenn man temporäre Upgrades einsammelt - da verwandeln sich die Granaten in kleine Atombomben, die Kanone wird zur Raketenshotgun und unser stationäres Maschinengewehr macht als Minigun Überstunden.
Das ist zwar alles ganz schön und nett und auch ganz unterhaltsam, aber am Spielprinzip ändert sich nach dem allerersten Level nicht mehr sonderlich viel abgesehen von der Anzahl Gegner auf dem Bildschirm. Man hat sehr schnell im Grunde alles gesehen und es wäre schön gewesen, wenn das Gameplay genauso viel Farbe gehabt hätte wie das Leveldesign.

Neben einem Arena-Modus, in dem man sich wellenweise gegen Computergegner behaupten muss, liegt das Hauptaugenmerk auf dem Ko-Op-Spiel. Leider konnte ich im Vergleich zur Solo-Kampagne keinerlei Unterschiede feststellen. Man läuft halt mit zwei Charakteren herum, mehr ändert sich eigentlich nicht.

Der interessanteste Teil von Gatling Gears ist da wohl der oberste Schwierigkeitsgrad in Verbindung mit Online-Highscore-Schwanzvergleich. Wer schafft die Level mit dem größten Multiplikator ohne Lebensverlust oder Einsatz der Spark Bomb? Wer auf so etwas steht, der wird bei Gatling Gears garantiert seinen Spaß finden, allen anderen empfehle ich das doch ein bisschen abwechslungsreichere Geometry Wars 2 oder Schizoid

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