JESUS, DOC!!!

(Artikel)
Rian Voß, 19. Juli 2011

JESUS, DOC!!!

Back to the Future: The Game

Die Zeit wird knapp - und wie das immer so ist, ist das bei Zurück in die Zukunft kein Wortspiel. Nachdem Marty und Doc Brown in drei Filmen viele haarsträubende Abenteuer in unterschiedlichen Epochen und Parallel-Strängen der Raumzeit erlebt haben, macht sich langsam bemerkbar, dass die Gegenwart von 1986, die Marty sich so feinfühlig herbeigezaubert hat, leicht durch kleinste Änderungen in der Vergangenheit wieder zunichte gemacht werden kann. Und in Telltales episodischem Adventure Back to the Future: The Game zur weltbekannten Filmserie wird sie das auch.

Den Anfang kennen wir noch. Was hat das zu bedeuten?

Doctor Emmett Brown ist wieder mal in der Vergangenheit verschollen. Nachdem man sich eigentlich dachte, dass der alternde Zeitreisende mit seiner Frau Clara und seinen Kindern Jules und Verne vielleicht doch ein bisschen die Finger von seiner näheren Umgebung lassen würde, musste Doc natürlich aus nicht erklärten Gründen gerade ins Hill Valley der 30er Jahre reisen. Dort wurde er fälschlicherweise wegen Brandstifterei eingebuchtet und Marty soll ihn da rausholen. Soweit so gut, wenn da nicht diese Leute wären, mit denen Marty eigentlich nicht in Kontakt treten. Wie mit dem jungen Emmett Brown, der Schwester des griesgrämigen Schulrektors Mr. Strickland, Martys Großvater Arthur sowie Biffs Großvater Kid.
Das mit dem Herausholen aus dem Knast geht zwar gut, aber alles andere geht sehr schief, so dass wir in den fünf Episoden immer wieder zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin- und herspringen. Die Veränderungen, die Marty dabei ungewollt herbeiführt, sind ziemlich umfangreich und übertreffen selbst den dystopischen zweiten Filmteil noch bei weitem. Bis es aber soweit ist, dass man in einer wirklich verqueren und herrlichen Paradoxon-Storyline drinsteckt, muss man erst einmal die ersten zwei Episoden über sich ergehen lassen. Die sind nämlich recht öde. Hill Valley ist nämlich sehr klein und es gibt dort nicht sehr viel zu tun.

In Ms. Stricklands Wohnung.

Das spiegelt sich auch sehr gut in den Rätseln wider, welche zwar schon im Durchschnitt über das ganze Spiel als simpel beschrieben werden können, zu Beginn aber so gut wie keine Herausforderung darstellen. In Martys unmittelbarer Umgebung gibt es ohnehin immer nur etwa vier oder fünf interaktive Objekte, da ist man selbst mit dem Ausprobieren-Verfahren, falls man mal wirklich nicht weiterwissen sollte, schnell durch alle Möglichkeiten durch. Das Inventar ist auch zu keiner Zeit wirklich voll. Im späteren Verlauf des Spiels werden die Puzzle zwar ein bisschen anspruchsvoller, aber gerade im Vergleich mit einer von Telltales anderen Adventureserien, Tales of Monkey Island, befindet sich Back to the Future auf Kindergartenniveau. Sollte man aber doch tatsächlich mal nicht weiterkommen, lassen sich über ein Menü ausführliche Tipps abrufen.

Jedoch macht das nichts. Zumindest nicht viel. Zumindest nicht für Fans der Serie. Denn im Grunde genommen kauft man sich Back to the Future ja nicht wegen des Rätselgehalts, sondern wegen des Nostalgiefaktors, nicht wahr? Und der ist definitiv vorhanden. Michael J. Fox konnte zwar nicht die Sprechrolle von Marty übernehmen (auch wenn Fox später im Spiel noch eine Gastrolle hat), aber AJ LoCascio klingt Marty verdammt ähnlich. Und Christopher Lloyd gibt sich die Ehre, um seinen eigenen Charakter (Doc) zu sprechen. Das wäre also schon mal geklärt.
Was Homage an alte Filme angeht, so sind sämtliche Running Gags verbaut - vom Ausflug eines Mitglieds der Tannen-Familie in den lokalen Misthaufen bis zu Martys komischer Schlafstellung. Der Grafikstil ist zuerst, vor allem wenn man die Filme noch vor Augen hat, ein bisschen merkwürdig, aber die sehr guten Sprechrollen und netten Animationen lassen einen schnell die Cartoon-Grafik vergessen.

Martys Freundin Jennifer ist in der veränderten Gegenwart... anders.

Das richtige Highlight des Spiels wird wohl erst erreicht, wenn Marty damit beginnt, in Docs Vergangenheit herumzupfuschen und damit ausufernd die Gegenwarte manipuliert. Wenn man es mit den Filmen vergleichen würde, dann sind die ersten beiden Episoden eher BttF3 und danach geht es in den Stil vom zweiten über. Nach der Wende wird man als Fan aber auch nicht enttäuscht: neue Umgebungen, super Atmosphäre und ein Ende, das dem Stil der Serie nicht davonläuft. Ein Wermutstropfen ist da nur, dass der Spieler nicht immer absolut bei der Stange gehalten werden kann. Ein großer Bestandteil des Spiels besteht darin, sich mit den ulkigen Charakteren zu unterhalten, was aber irgendwann auch einfach zu viel werden kann - vor allem weil fast alles, was irgendjemand sagt, nicht relevant zum Lösen einer Aufgabe ist.

Es fällt mir etwas schwer, eindeutige Sachen über das Spiel zu sagen, denn Back to the Future: The Game ergibt sich fast vollständig aus der Geschichte und den Gesprächen. Es hätte dem Spiel im Grunde nicht viel Abbruch getan, einfach nicht interaktiv zu sein, will sagen, dass die Story auch mühelos als vierter Film hätte realisiert werden können. Das sagt leider nicht sehr viel Gutes über das Spiel aus. Es ist witzig, es weckt Nostalgiegefühle und es geht immerhin etwa zehn Stunden; man sollte zum Spielen allerdings in starker Casual- und BttF-Laune sein. Rian

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