Pen & Paper-RPGs

(Artikel)
Rian Voß, 11. Juni 2010

Pen & Paper-RPGs

Verschenktes Potenzial

Ich male mir immer geschmackvoll aus, wie meine bewusst provokant gewählten Titel vollkommen random bei irgendwelchen Leuten spontanes Bluterbrechen herbeiführen, bis sie sich dann den Artikelinhalt genauer angucken. In diesem Sinne: Nein, ich denke nicht, dass RICHTIGE Rollenspiele verschenkte Zeit oder Mühe sind, sondern dass ich Zeit damit verschenke, mich mit Rollenspielen zu beschäftigen. Das klingt jetzt auch nicht viel besser, aber die Erläuterung folgt natürlich auf dem Fuße.

Beginnen wollen wir mit einer kleinen Selbst-Anekdote: Ich war und bin immer noch begeisterter Terry Pratchett-Fan, wobei ich nicht nur die berühmten Scheibenweltromane verinnerlichte, sondern auch sehr gerne seine anderen Werke wie die "Nur du"-Trilogie oder "The Dark Side of the Sun" gelesen habe - inzwischen leider weniger wegen Zeitmangels. Auf dem Hoch meines damaligen Fanboyismus bin ich durch unseren lokalen Fantasy/Anime/Comic-Laden gelatscht und konnte meinen Augen nicht trauen, als ich ein großes, fettes Buch mit einem Artwork vom rockenden Tod, gezeichnet von Paul Kidby, gefunden habe. Da stand zwar noch was von GURPS drauf, aber das habe ich einfach mal ignoriert - innen drin waren schließlich weitere Bilder von Kidby und das Buch hat nur zwanzig Euro gekostet. Da ich weder Kettenraucher noch alkoholischer Schwerenöter war, lag das gut in meinem Budget drin.

Wie könnte man es nicht kaufen?!

Beim heimischen Schmökern dieses Buches, das neben Bildern noch gespickt war mit tollen Informationen über die Scheibenwelt, welche ich vorher noch nirgendwo gelesen hatte, fiel mir dann auf, dass es sich hierbei um ein Rollenspiel-Erweiterungsbuch des Generic Universal Role-Playing Systems handelte. Das habe ich vor allem daran gemerkt, dass ich häufiger mal kein Wort von dem verstand, was da geschrieben wurde. Diese ganzen Zahlen, Seitenverweise, Gewichtsklassifizierungen, Attribute und so weiter... das war mir alles fremd. Das kannte ich höchstens aus Baldur's Gate, aber als ich BG2 spielte, wusste ich ja nicht mal, dass das Teil auf einem Pen & Paper basierte!
Gepackt von der Lernwut paukte ich die Kurzanleitung zu GURPS im hinteren Teil des Buches und befand, dass das nicht ausreichen würde, um eine Rollenspielsession abzuhalten. Also rannte ich, so schnell mich meine Füße und der Bus tragen konnten, zurück zum Lädelchen, kaufte mir das noch fettere Basisbuch und fing an zu büffeln. So sehr habe ich dann ja nicht mal für's Abi gelernt!

Wie dem auch sei, nachdem ich mit dem Lesen fertig war, kannte ich die meisten Regeln des Spiels und war bereit, in fremde Welten einzutauchen! Nur... irgendwie hatte ich verplant, mir Leute zu suchen, die das Gleiche wollten. Ich kannte da so einen Kerl, der auch ein GURPS-Buch zu Hause hatte, aber irgendwie hat der nie großes Interesse an einer Session gezeigt.

...Joa....

Die Jahre zogen ins Land und mit der Einführung der vierten Edition von Dungeons & Dragons keimte meine Hoffnung zum RPGen auf. Diesmal war ich allerdings nicht so naiv: Es gab ja das Internet! Habe mir auch gleich jemanden zum Spielen rausgepickt, das Buch gekauft, angefangen zu lernen, dann kam die Klausurphase und dann...

...Joa...

Vor ein paar Monaten dachte ich mir: So kann das ja wohl nicht angehen! Es muss doch irgendein handliches Rollenspielsystem geben, das man fix lernt, ein paar Kumpels beibringen kann und somit mal kreativ einen lauschigen Nachmittag rumschlagen könnte. Und da fiel mir Savage Worlds in die Hände: Din A5-Größe und die meisten der Regeln liegen intuitiv beim Spielleiter in der Hand und die Settings können kreativ und flugs an die Wünsche der Spieler angepasst werden. "Das ist es! Heureka!" rief ich und stürmte mit nichts bekleidet außer einem Handtuch und meinem Laptop aus dem Badezimmer. Buch bestellt, gekauft, gelesen, Magierhut gekauft, Freunde informiert und begeistert...

...Joa...

Es stand "Gentleman's Edition" drauf. Ich musste es haben.

Die Schnellanleitung zum Einstieg liegt bei mir auf dem Desktop, aber irgendwie... ist das ja alles aufwändig. Da muss man ja erst mal Leute durchjagen und lernen und auf einen Nenner kommen und für die richtige Atmosphäre sorgen... *seufz*
Und so trägt es sich eben zu, dass ich inzwischen mehr oder weniger mit drei verschiedenen Rollenspielsystemen vertraut bin und über 80 Euro für Bücher ausgegeben habe, viel Zeit in Pen & Paper reingesteckt habe und bisher nie etwas raus bekam. Leute! Ich wette, Pen & Paper-Spiele sind tolle Sachen! Aber findet jemanden, der euch da reinzieht! Oder habt viel Disziplin! Ich meine, wir spielen ja nicht mal wirklich Sleep is Death, obwohl es geil ist, aber man muss da ja doch immer was vorbereiten und unsere Generation ist eher auf sofortige Erfolgserlebnisse geeicht und so... Das ist dann wohl auch die Moral von der Geschichte: Überlegt euch gut, was ihr mit eurer Zeit anfangt, denn davon habt ihr niemals unendlich.
...ABER EINES TAGES! DA TROMMELE ICH SPIELER ZUSAMMEN UND DANN WIRD SPAß GEHABT! JAWOHL! Rian

Kommentare

Ischade
Gast
14. Dezember 2022 um 02:32 Uhr (#1)
Schönen guten Abend.
Ich hab das absolute Glück, dass mein Sohn begeisterter Gamemaster ist und wir regelmäßig zu dritt mit meiner Tochter spielen. D&D, Eis und Feuer, Lovcraft und seit kurzem DragonAge. Eigentlich bin ich auf Deinen Artikel gestoßen, weil ich wissen wollte, wie das Scheibenwelt RPG ist... ich wünsche Dir echt, dass Du noch wen zum spielen findest. Mein Sohn hat inzwischen auch ein paar Leute im Internet gefunden. Es gibt schon spielwütige da draußen.
Gast
28. März 2024 um 14:38 Uhr
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