PS4 "Revealed"

(Artikel)
Haris Odobašic, 23. Februar 2013

PS4 "Revealed"

Eine Analyse

Eine erste Reaktion zu Sonys PS4-Event konntet ihr schon unserem semi-Liveblog entnehmen, aber im Eifer des Gefechts hat man natürlich nicht den Weitblick, alles in den richtigen Kontext zu setzen. Und damit ihr euch nicht noch mal die vier Amigos von Bungie, die alte Square-Enix-Techdemo oder den Typen mit dem Unreal-3-Engine-Gesicht live anschauen müsst, haben wir uns die Mühe gemacht, die Details hinter dem Event aufzustaffeln, das ganze PR-Geschwaffel zu dechiffrieren und euch zu präsentieren, was wirklich wichtig war.

Das Erste, was man aus dem Ankündigungsevent herauslesen konnte, ist, dass Sony endlich aus alten Fehlern gelernt hat. Egal, wie viel theoretische Kraft die PS3 mit ihrem Cell-Chip hatte, für Entwickler war die Architektur dahinter nicht optimal. Spiele, die diese theoretische Power auch in die Praxis umsettzen und damit einen Unterschied zur Xbox 360 aufzeigten, sind quasi an einer Hand abzuzählen. Und noch schlimmer: ein Großteil der Multiplattformspiele in dieser Konsolengeneration sehen auf der schwächeren Plattform besser aus. Mit dem Wechsel auf einen AMD-Prozessor mit x86-64-Architektur ist eine gewisse PC-Nähe gegeben, die neben einfacheren Portierungen vor allem für Entwickler ein Segen sein wird, was im Umkehrschluss für uns Spieler nur gut sein kann.

Und während vieles, was sonst präsentiert wurde, entweder schon vorher geleaked wurde oder keinen großen Impact hatte -- Sequels zu Killzone[url] oder [url=/tag/infamous]inFamous stellten keine Überraschung dar -- hatte Sony doch ein kleines Highlight im Angebot: 8 GB GDDR5-RAM. Die Wochen vorher aufgetauchten Hardware-Daten, die sich als 99% korrekt herausstellten, sprachen immer von 4 GB, wovon ein gewisser Teil fürs Betriebssystem reserviert worden wäre. In der Praxis hätten sich 4 GB schon nach kurzer Zeit als Flaschenhals erwiesen und man hätte sich ziemlich sicher sein können, dass, wenn die nächste Xbox stattdessen 8 GB geboten hätte, Entwickler schnell Microsofts Konsole favorisiert hätten und man wieder viele mehr oder weniger schlechte PS3-Ports zu erwarten gehabt hätte. Aber 8 GB GDDR5 sind eine echte Hausnummer. Da es sich um unified RAM handelt, sprich: sowohl für CPU als auch GPU zur Verfügung steht, können selbst aktuelle PC-Grafikkarten nicht wirklich mithalten. Entwicklerreaktionen von Teams wie Crytek oder Naughty Dog, Leuten die wissen, wie man fantastische Grafiken auf den Bildschirm zaubert, waren dementsprechend sehr positiv.

Doch vielleicht am Interessantesten an der Ankündigung war das, was nicht besprochen wurde. Gebrauchtspiele, nach unzähligen Gerüchten ein absolutes Sorgenthema für alle Spieler, wurden überhaupt nicht erwähnt und in einem Interview kurz nach dem Event äußerte sich Shuhei Yoshida auch eher uneindeutig zu diesem Thema. Denn zwar wurde bestätigt, dass die Konsole definitiv gebrauchte Spiele abspielen wird, aber die Art und Weise, wie diese Bestägigung zustande kam -- nach einigem Zögern und Rücksprache mit einem Berater -- lässt darauf schließen, dass irgendwo ein Haken versteckt ist. Zu diesem Zeitpunkt ist wohl am wahrscheinlichsten, dass man irgendwie für ein gebrauchtes Spiel noch mal zahlen müssen wird, vielleicht mit einer Erweiterung des Online-Pass, die sich auf das komplette Spiel bezieht. Etwas schade, aber das ist eine Entwicklung, die klar abzusehen war.

Auch der Preis wurde noch nicht bekannt gegeben, was aufgrund des last-minute crammings von Sony kein großes Wunder ist. Mit 8 GB DDR5-RAM scheint ein Erscheinungspreis von unter 400€ in weite Ferne gerückt, alleine schon weil eine große Subsidierung seitens Sonys unwahrscheinlich ist. Der japanische Konzern ist nämlich schon seit einigen Jahren finanziell angeschlagen und kann es sich nicht leisten, ein paar Jahre lang mit jeder verkauften PS4 große Verluste zu fahren.

Und andere Sachen, die angekündigt wurden, mussten im Nachhinein etwas abgeschwächt werden. So viel Zeit Sony damit verbrachte, die vielen Sozial- und Cloud-Features ihrer neuesten Konsole hervorzuheben, in einem Interview mit Forbes sprach Jack Tretton davon, dass wohl nicht alles davon auch vom ersten Tag an verfügbar sein wird, genauso wie Sony sich bisher bedeckt hält bei Fragen zu einem möglichen kostenpflichtigen Online-Service. Hier steckt wohl das größte Potential der neuen Konsole versteckt, aber gleichzeitig auch eine Möglichkeit, sich ins eigene Bein zu schießen. Alleine schon die Rückwärtskompatibilität könnte ein Knackpunkt sein: alte Spiele werden nicht auf der Konsole laufen -- aber durch einen Streaming-Dienst trotzdem verfügbar sein. Wenn man hier plötzlich für all seine PSN-Käufe und Disc-Spiele noch mal zur Kasse gebeten wird, könnte das Kunden stark abschrecken. Wenn man sich aber im Gegenzug vorstellt, dass das Streamen von alten Spielen zu einem akzeptablen Festpreis pro Monat angeboten wird, hätte Sony ein echtes Killerfeature zu bieten, das es auch klar von den anderen Konsolen differenzieren würde.

Sony hat es, im Vergleich zum ersten Auftritt der Playstation 3, geschafft, geschickt allen Fettnäpfchen auszuweichen und gleichzeitig nicht den Ken Kutaragi zu machen -- leere und unrealistische Versprechungen wurden nicht gesichtet. Dieser neue Realismus und die Bescheidenheit tun Sony gut und so konnte der Event definitiv anfixen, wenn auch nicht direkt durch die gezeigten Sachen, sondern eher durch die ganzen Fragen, die aufgeworfen wurden. So kann sich Sony aber zumindest einer großen Aufmerksamkeit sicher sein, wenn bei der E3 eine etwas informationsstärkere Präsentation folgt -- hoffentlich dieses Mal auch mit Konsole.
Auch Microsoft muss interessiert zugeschaut haben, denn einen Tag nach dem Event hat sich die Redmonder-Maschine in Bewegung gesetzt, um Domains für ein eigenes Event zu registrieren. Panikreaktion oder eine gewitterte Chance? Die Zeit bis zur E3 dürfte unheimlich spannend werden. Evil

Kommentare

Heiler
24. Februar 2013 um 11:15 Uhr (#1)
Interessante Einschätzung Evil. In den nächsten Monaten werden mich wohl gerade drei angerissene Themen beschäftigen. Die Verfahrensweise zum Zocken von Gebrauchtspielen, etwaige Kosten für den Onlinedienst und in wie weit sich das Streamen bereits gekaufter PSN Titel zu Buche schlägt. Sony kann hier noch ne ganze Menge an die Wand fahren, in den nächsten Monaten wird sich zeigen, wie kundenfreundlich der Walkmanerfinder ist.
Heiler
24. Februar 2013 um 11:46 Uhr (#2)
Ich muss durchaus gestehen, dass mir Sonys Präsentation gefallen hat. Da ich die ersten 20 Minuten der "Show" verpasste, entschloss ich mich, sie am darauffolgenden Tag auf You Tube zu schauen. Meine Freundin, welche den Stream zumindest bis zu Minute 30 sah, war nicht wirklich begeistert. So sah ich die Präsentation mit ihren Worten: "naja, das klingt jetzt nicht so rosig" im Hinterkopf und war schonmal negativ eingefärbt.

Die zahlreichen Gerüchte der letzten Wochen und Monate gingen mir irgendwann so sehr auf den Keks, dass ich sie mehr oder weniger ignorierte, was ich dann in der Präsentation sah, war also wirklich überrachend für mich. Watchdogs kannte ich natürlich schon, genau wie einige Schnipsel von Squares Techdemo, aber den Rest fand ich beinahe durchweg überraschend und interessant.

Der DualShock 4 behält traditionelle Konturen,
für mich als Sony Fan seit Riiiiiidge Raaaaaaceeeeeer, eine ganz wunderbare Erkenntnis, da ich im Prinzip sonst nur noch auf Sega Konsolen spielte und mir ne andere Tastenbelegung gar nicht mehr merken könnte, verkalkt wie ich bin.

Der starke Fokus auf Spiele seitens Sony ist ebenfalls sehr beruhigend, dass extra bei einer Videospielkonsole hervorzuheben ist zwar schon beinahe traurig, aber wenn ich da über den großen Teich schaue, kriege ich langsam das kalte Grausen. Der ganzen Social-Gedöns-Kram, der Punkt der meine Freundin stutzig werden ließ, ist offenbar optional, deswegen stört mich das weniger. Die Videoshare Option ist sogar recht findig, dass wird den Lets Player Pool mal ordentlich durchmischen, was hoffentlich nicht nur schlecht wird. *lacht*

Ich bleibe bis zur E3 auf Deep Down, den Preis der PS4, oben angesprochene Themen und auf den Release hier in Deutschland gespannt, dass Design der PS4 ist mir im Grunde egal, so lang die Kiste leise ist und nicht im Dunkeln leuchtet.
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25. April 2024 um 11:49 Uhr
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