Quis Origins

(Artikel)
Rian Voß, 26. November 2012

Quis Origins

Glück im Unglück

Dass der DPad-Tower letzten Monat in sich zusammengestürzt ist, hat eigentlich niemanden so richtig gewundert. Wir hatten Undead vor nicht allzu langer Zeit aus dem Bauarbeitertrupp rekrutiert und wenn seine Kollegen auch nur ähnlich schwächliche Arbeit am Rest des Gebäudes geleistet haben, wie an der Wand, hinter der sie Undead einmauerten, dann war der Einbruch des Daily-Pfuschtowers ja nur eine Frage der Zeit. Weiter wild war das natürlich nicht, da wir einfach kurzerhand ein neues, verbessertes Hauptquartier mit Zinnen und Ornamenten und so einem Schickimicki hochgezogen haben. Allerdings begab sich am Tag nach dem Einsturz eine äußerst ungewöhnliche Begegnung.

Das Titelbild wurde bereitgestellt vom Flickr-Nutzer The U.S. Army
Wir waren gerade mit Bergungsarbeiten beschäftigt. In dem Haufen Schutt war zwar nicht damit zu rechnen, dass irgendeine Konsole mit einem Baujahr nach '99 überlebt hat, aber ich wollte immerhin meinen Game Boy wieder haben und Jozus Super Nintendo würde sich wohl auch noch irgendwo finden lassen. Außerdem hatten wir Undead seit dem Ereignis nicht mehr gesehen, aber meh. Prioritäten.
Zu dem Zeitpunkt waren nur Jozu und ich auf dem Geröll. Nex hatte sich ein paar Tage unerlaubt freigenommen und war nicht zu sehen (seine automatische E-Mail-Antwort sagte nur: "Halo 4, suckers!"), Evil war auf Fortbildung ("Ja, äh, ich habe da dieses Seminar zur... äh, Analyse von Plasma-, Laser- und ballistischen Waffen in Science-Fiction-Spielen mit Hands-on-Testing. Werde ich ganz bestimmt einen Artikel drüber schreiben!") und Undead war, naja, wer weiß wo. Jozu und ich pickten also lustlos Steine vom Boden, unter denen wir uns dann kurz umsahen, und legten sie dann wieder zurück. Aufräumen sollten schließlich Gastarbeiter, die morgen kommen würde - dafür würden sie schließlich bezahlt werden. Es wurde kalt, ungemütlich und in unserem Zweitquartier würde der brennende Kamin auf uns warten, also waren wir schon drauf und dran, Zelda und Mario auf ewig begraben zu lassen, als ein Schemen in der Ferne zwischen zwei größeren Brocken verschwand, die einmal die Ziersäulen vom Atrium dargestellt haben mussten. Ich drehte mich zu Jozu und fragte: "Ich glaube, das war nur eine Katze." Danach herrschte ein paar Sekunden gruselige Stille, in der ich Jozus Gesicht betrachtete. Seine Augen hatten sich in blitzende Sterne verwandelt und sein Mund verzog sich zur Form einer liegenden Drei. Er sah mich aus diesen unheimlich gleißenden Sternenaugen an und verschwand dann wie ein Blitz in Richtung der Säulen. Mir war zu dem Zeitpunkt nicht danach, ihn von seiner kleinen Leidenschaft abzuhalten, also begab ich mich zum Rande des Steinbruchs, suchte mir einen einigermaßen bequem aussehenden Trümmer und beschloss, die Sache auszusitzen. Währenddessen steckte ich mir eine Zigarette an.

Gedankenverloren saß ich also auf dem Stein und zündete eine Kippe nach der anderen an, da rumpelte es in der Nähe, als ein paar Steinchen zur Seite geschoben wurden und sich eine kleine Katze aus dem Schutt zwängte. Als sich die Katze vollständig von Mörtel und Staub befreit hatte, merkte ich erst, dass sie etwas merkwürdig aussah, denn ihr Fell glänzte rot in allen Farben des Regenbogens. Ich weiß, dass das keinen Sinn macht, aber das ist ja auch unwichtig. Jedenfalls guckte sie mich daraufhin überrascht an, als wenn ich gar nicht hier sein sollte, und fragte mich: "Warum verbrennst du Zigaretten ohne sie zur rauchen?" Ich sah auf die Aschehaufen am Boden. "Ach", sagte ich. "Ich mag Zigaretten eigentlich nicht, aber wenn ich sie verbrenne, kann sie niemand mehr rauchen." Ich hob meinen Blick kurz zu den Wolken, bevor ich zurück zur Katze schaute und hinzufügte: "Jedes bisschen hilft." Die Katze rührte sich einige Sekunden nicht und starrte mich nur an. Ich glaube, sie versuchte die Augenbrauen zu rümpfen. "Das ist dumm", sagte sie. "Deine Mudda", entgegnete ich lahm. Ich hatte gerade echt keine Lust mit einer Katze zu argumentieren. Von meiner ausgefeilten Kontraposition war sie zwar anscheinend nicht beeindruckt, aber sie ließ weitere Nachfragen und fing an sich zu putzen. Das wertete ich als Sieg nach Punkten.
Nach einer Weile war meine Zigarettenschachtel alle und mir war kalt am Po, also stand ich auf und streckte mich etwas. Danach wandte ich mich ganz leger an die Katze, die immer noch mit sich selbst beschäftigt war. "Hast du Dan da unten gesehen?" fragte ich. Wir nannten Undead meistens Dan, weil sonst jeder immer denkt, wir würden über das Mensapersonal des Towers sprechen. "Ja, dem geht es gut", meinte sie ohne aufzuhören. "Er hat den Game Boy gefunden und versucht deinen Tetris-Highscore zu besiegen." "Blödsinn", blaffte ich. "Das Ding hat kein Backlight, ohne Flutlicht ist das Teil nur ein Briefbeschwerer." "Er meinte, er würde Ultraschall benutzen, wie eine Fledermaus." "Das funktioniert ja mal so gar nicht!" "Sag das ihm. Naja, ich glaube, er hat eine Gehirnerschütterung. Das wird schon wieder." Danach war es erst mal eine Weile still, nur die rhythmische Berührung von Zunge auf Fell war zu hören. In der Ferne rief jemand: "Ich hab' sie!" Gefolgt von: "Ew, nein, doch nicht." Jozu war immer noch auf Katzensuche.
"Was willst du eigentlich?" fragte ich barsch. Die Katze öffnete die Augen weit und sah mich erschrocken an. "Ach ja!" maunzte sie. "Klar, da war noch was!" Mit ein paar geschickten Hüpfern erklomm sie einen Fels, von dem sie zu mir runtergucken konnte, warf sich in Schale und proklamierte: "Rian! Weil Jozu immer artig Futter auslegt für arme, streunende Katzen wie mich, will ich dir einen Wunsch gewähren!" "Wieso mir?" fragte ich. "Geh doch zu Jozu." Die Katze ließ sich nicht beirren: "Nein, der ist da hinten, du bist hier und ich bin faul. Also, was wünscht du dir? Ich kann bestimmt Dan aus seinem Grab befreien, wenn du das möchtest." Ich überlegte kurz, ganz überwältigt von dieser Situation. Aber was wünscht sich ein Mann, der schon alles hat? Ich fragte: "Kriegst du Evils Akzent weg?" "Was, ernsthaft?" "Nein, ich überlege nur." "Lass dir Zeit."
Fünf Minuten später war ich immer noch nicht schlauer. Eigentlich war's mir auch egal, also fragte ich: "Sag mal, kannst du Artikel schreiben?" Die Katze guckte entsetzt. "Was, ich? Ich... keine Ahnung? Glaube schon, ja, aber warum..." "Kay, dann gehörst du jetzt zum DPad, herzlich willkommen." Die Katze schaute ein wenig verdattert, aber da konnte man jetzt auch nichts mehr machen.

Quis, so hieß die Katze, wie sich herausstellte, schreibt also seit November für uns. Nex kam von seinem Urlaub zurück, war erst einmal schockiert, was denn mit dem HQ los sei, aber war schnell wieder erleichtert, als wir ihm sagten, dass wir seinen N64 bergen konnten und der Unsinn mit dem Flash-Samstag endlich aufhörte. Evil kam von seinem Seminar zurück und bekam sein NGage wieder, das er vor Jahren verloren glaubte. Es dauerte keine drei Sekunden, da war der Handheld auf wunderbare Weise schon wieder unauffindbar. Diesmal vielleicht für immer. Dan hat sich irgendwann eigenständig aus dem Schutt hervorgekämpft, als die Batterien des Game Boy alle waren. Ich weiß immer noch nicht, wie er in totaler Dunkelheit meinen Highscore geknackt hat. Jozu hat mit seiner Katzensuche derweil immer noch nicht aufgegeben. Gerüchten zufolge hält er sich derzeit in Kasachstan auf. Uns ist das ziemlich egal, solange er weiter pünktlich Artikel zur Verfügung stellt. Tja, Ende gut, alles gut. Rian

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