Blades of Time

(Artikel)
Rian Voß, 03. April 2012

Blades of Time

Schätze jagen und Knöpfe hauen

X-Blades ist nicht gerade in die Videospielegeschichte eingegangen - wenn doch, dann höchstens für seine kompromisslose Mittelmäßigkeit. Daher ist es ein bisschen verwunderlich, dass Schatzjägerin Ayumi im geistigen Sequel namens Blades of Time eine zweite Chance bekommt, sich durch Häckseln, Rätsellösen und dem Missbrauch von der Zeit im Generellen einen Platz an der Sonnenseite zu erkämpfen. Großes D-Pad-Bonusfeature: Das exklusive Blades-of-Time-Hörspiel!

Ich bin mir an dieser Stelle nicht ganz sicher, was ich zur Geschichte erzählen soll. Ayumi bricht mit ihrem Kollegen Zero, der aussieht als wäre er mit dem Charakter-Editor von Soul Calibur 4 erstellt worden, in eine Gilde ein, wo sie dem Gildenmeister den Schatzkompass klaut und eine Sphäre benutzt, um ins sagenumwobene Dragon Land zu kommen. Später wird sie dort vom Gildenmeister angeschnackt und auf einmal sind sie wieder beste Kumpel. Vielleicht war das Intro nur ein Missverständnis? Wie auch immer, einmal angekommen ist Ayumi vollkommen planlos, will eigentlich zum Schatz, andererseits auch einfach nur weg. Dann gibt es dort noch Drachen und Feuer-Ayumis und sprechende Altare mit fragwürdigen Hintergedanken und es findet sich in dieser ultrageheimen Welt ein ganzes Lager voller Schatzsucher (die offensichtlich entweder eng miteinander verwandt sind oder geklont wurden) und es herrscht ein Chaos-Lord und man muss die Ordnung wiederherstellen und Zero und und und. Es ist das reinste Tohubawohu!
Ayumi legt zudem auf ihrer Suche nach dem Schatz von Dragon Land ein fast unglaublich eindimensionales, generisches Wesen an den Tag. Das geht über die ganzen äußerlichen, östlichen Stereotypen (ihr wisst schon: Katanas, viel nackte Haut, wobbelnder Vorbau, überall Gürtel - es fehlt eigentlich nur noch der Cowboyhut zur Onechanbara) noch weit hinaus, denn trotz vieler in-game-Audioaufnahmen und Momenten, an denen man irgendwie Charakteraufbau hätte betreiben können, labert die Frau einfach nur leeres Gewirr. Und sie labert viel davon! Und man versteht nicht, warum sie wirklich ALLES kommentieren muss! In der Tat sind die ersten paar Minuten so vollgetopft mit innerem Monolog, dass ich mir vorkam, als würde ich eine Folge Bibi Blocksberg hören. Daraufhin habe ich ein kleines Hörspiel zusammengeschnitten.


Nur die Sprach-Tonspur stammt wirklich aus dem Spiel, alle sonstigen Sounds kommen von freesound.org
Vielleicht hat Gaijin Entertainment Bastion gespielt und dachten sich, dass ein Voice-Over ihrem Projekt voll die künstlerisch-tiefe Note verleiht? Vielleicht wäre das auch was geworden, aber wenn man der Protagonistin die Hälfte der Zeit beim Jammern und die andere Hälfte beim Reißen schlecht geschriebener One-Liner zuhören muss, dann ist jegliches Potenzial verzockt. Die Synchronsprecher haben ja nicht einmal große Schuld an diesem Übel, denn der Text ist einfach nur Müll.
Nicht nur, dass man als Spieler jeden von Ayumis Gedanken notgedrungen miterleben muss, sondern der Charakter trifft auch teilweise ein paar sehr fragwürdige Entscheidungen. Da stößt man auf ein Lager von gestrandeten Menschen, die sich ein Luftschiff bauen, um zu verschwinden, und einen Nordbereich absperren, weil die Anführerin da absolut niemanden haben will - Betreten bei Strafe verboten. Anstatt zumindest mal mit ihr zu reden, geht Ayumi an den Wachposten vorbei, diese greifen sie an und im Anschluss löscht die Protagonistin das gesamte Camp aus. Ganz zu schweigen davon, dass anscheinend jeder Zweite das Verbot bereits übergangen hat, denn jenseits der Grenzen finden sich Unmengen an Menschen, die aus demselben Klonlabor stammen.

Nun ja, ok. Ihr habt es verstanden: Ayumi ist ein Witz. Da könnte ich mich noch stundenlang drüber aufregen, aber dafür gibt's andere Stellen. Wie etwa mein Kopfkissen, in das ich regelmäßig hineinschreie. Ab zum Gameplay!


Blades of Time lässt es sich nicht nehmen, in der kurzem Spielzeit von sechs bis acht Stunden mit einer ganzen Menge an Features aufzuwarten. Je mehr desto besser! Der Großteil des Spiels besteht natürlich darin, Gegnerhorden zu vermöbeln und ab und an einem Schalterrätsel zu knobeln. Die Kommunikationsbasis besteht beim Kampf aus dem guten alten Mashen von zwei Tasten, um Feinde mit normalen und starken Angriffen einzudecken. Zur Kombo gesellen sich noch vielfache Späße, etwa das Verwenden und Magie, die man an Altaren geschenkt bekommt (man hat kein richtiges Level-System, sondern kann sich an festgelegten Stellen ein paar Fähigkeiten auswählen, bevor man an anderen Orten den Rest dazunimmt), Ordnungs-Zauber, welche bestimmte Gegner sichtbar machen und einen Schutzbereich um Ayumi aufbauen, um in Chaos-Zonen überhaupt handlungsfähig zu sein, das Wechseln zur Shooter-Steuerung mit Maschinengewehr oder einfacher Flinte, Dashbewegungen, das Aufladen der Kombo-Heilungs-Manaleiste und zu guter Letzt die Erschaffung von Zeitklonen.
Die Masse an Möglichkeiten, die einem das Spiel pro Kampf aufbahrt, ist schon ziemlich einschüchternd. Vor allem, wenn viele unterschiedliche Gegnertypen auftauchen, wird schnell klar, dass Ayumi nicht zum Einstecken gebaut ist - zwei bis drei Treffer bedeuten für sie bereits das Aus und man kann sich nicht aus jeder Situation mühelos herausdashen. Abhilfe schafft die Zeitmanipulation, die sie einfach mal zwischendurch lernt. Man kann nämlich die vierte Dimension ein ganzes Stück zurückdrehen und an dieser Stelle fängt man dann mit seinem aufgenommenen Double wieder an. Das hat den Vorteil, dass man nun entweder zu zweit Schaden austeilt oder die Marionette die Gegner ablenken lässt, während man sich selbst um die Fernkämpfer kümmert, hat aber auch den Nachteil, dass alle bis dahin besiegten Gegner natürlich wieder leben. Das ganz große Chaos tobt, wenn man den Verdoppelungsvorgang mehrfach auf den Plan ruft. Das geht nämlich. Und dann packen alle Ayumis ihre Knarren aus und verwandeln die heranstürmenden Gegnermengen in bleigefüllte Matschepampe, noch bevor sich überhaupt in Nahkampfreichweite kommen.


Wenn man es tatsächlich schafft, bei dem Durcheinander aus eigenen Kämpferinnen, Magie, verschiedenen Gegnertypen und einem immerzu hastigen Blick auf die schwindende Energieleiste den Überblick zu behalten und die Klone sowie die Gegner sich so verhalten, wie sie sollen, dann macht das Kampfsystem wirklich viel Laune. Man wird sehr schnell in diesem Spiel sehr mächtig und die Fülle an gegebenen Mitteln wird nur manchmal künstlich dadurch reduziert, dass einige Gegner nur gegen einen bestimmten Schadenstyp empfindlich sind, was natürlich großartige Strategien im Keim erstickt. Leider wird gerade das Potenzial des sehr vielversprechenden Zeitkampfes nicht vollständig ausgenutzt. Es gibt gegen Ende des Spiels nur noch wenige Bossgegner, bei denen unsere Doppelgänger wesentlich mehr bringen als lediglich eine Feuerkraftverstärkung und die meiste andere Zeit wird die Technik nur für Schalterrätsel verfeuert, die seit Braid und P.B. Winterbottom das Hauptgewicht ihrer Originalität verloren haben. Ein Fokus auf das taktische Planen der Schlachten mithilfe der Zeit-Doubletten hätte das Kampfsystem aus seinem Feature-Kuddelmuddel, welches manchmal Spaß macht und manchmal nicht, wirklich hervorheben können.

Gaijin Entertainment hat sich tatsächlich auch noch die Mühe gemacht, einen Multiplayer-Modus in Blades of Time zu integrieren. Ein löbliches Unterfangen, vor allem weil es kooperative Spiele sowie Versus gibt, bei dem man teambasiert Säulen der anderen Mannschaft zum Einsturz bringen muss. Natürlich findet man aber online so gut wie niemanden, mit dem man auch spielen könnte.


Blades of Time ist, wie der im Vergleich geringere Neukaufspreis bereits zu Release bestätigt, ein Budget-Titel. Ein paar Dinge macht's richtig, ein paar Dinge macht's falsch und das Meiste ist irgendwo dazwischen. Die Sprachaufnahmen leisten ihren Beitrag zur B-Game-Atmosphäre und wenn man das alles nicht zu ernst nimmt, kann man tatsächlich ein paar vergnügliche Stunden haben. Man sollte nur keine direkte Konkurrenz zu Größen wie God of War, Ninja Gaiden oder Bayonetta erwarten. Rian

Kommentare

Bisher hat dieser Artikel keine Kommentare. Sei der erste, der einen Kommentar veröffentlicht!
Gast
16. April 2024 um 15:56 Uhr
GASTNAME
E-MAIL (nicht öffentlich)
      
SICHERHEITSFRAGE
Mit wie vielen "d" schreibt sich "dailydpad"?
ANTWORT

Themen

Hörspiel
Themengebiet
Kreationen
Sparte - Wir malen Bilder, nehmen Ton auf oder erwcken Monster zum Leben.
Review
Sparte - Wenn es nicht bei drei auf dem Baum ist, testen wir es.

Gefällt dir unser Artikel?

Spiele des Artikels

RELEASE
16. März 2012
PLATTFORM
Mac
Plattform
PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
Playstation 3
Plattform
Xbox 360
Plattform

Ähnliche Artikel