Symphonic Odysseys

(Artikel)
Rian Voß, 10. Juli 2011

Symphonic Odysseys

Homage an Nobuo Uematsu

Erstaunlich! Ich dachte eigentlich immer, ich wüsste bescheid, wenn irgendein Videospielkonzert in Deutschland läuft, aber die zweistündige Aufführung von Symphonic Odysseys - eine Ansammlung weltneuer Arrangements der Musik von Nobuo Uematsus, der unter anderem die charakteristischsten Melodien der Final Fantasy-Serie komponiert hat - wäre mir beinahe entgangen. Glücklicherweise kam ich doch noch rechtzeitig genug auf den Trichter, um zum Livestream hinzuzuschalten.

Der Knilch

Den Auftakt machte ein Knilch. Wirklich, es war ein Knilch. Er kann von Glück sagen, dass seine Einleitung zum Konzert in der Warteschlange vor dem Saal "nur" im Internet zu sehen war und die Zuschauer des WDR4 von peinlichen Darbietungen wie das uninformierte Befragen von Fans zu Final Fantasy (Uematsu hat ja auch zu keinem anderen Spiel was gemacht, neeeein) verschont geblieben sind. Zwei Highlights: der Knilch zeigt auf ein Bild von Kaim Argonar aus Lost Odyssey und meint, das wäre der Held eines Final Fantasy-Spiels. Später macht er sich an den Autogramme-schreibenden Uematsu ran, lässt sich ein Pamphlet signieren und läuft "Ich habe es!" rufend an einer ganzen Schlange gebeutelter Fans herum, die nichts mehr signiert bekamen, weil Uematsu sich kurz danach selbst aufgemacht hat. Naja, der Knilch wurde auf der Bühne immerhin wesentlich besser und hat später unter Gelächter der Zuschauerschaft gemerkt, dass Kaim aus einer ganz anderen Serie kommt. Immerhin hat er seine Souveränität noch auf wundersame Weise retten können.

Aber zum Konzert an sich: Insgesamt wurde das Konzert von 4000 Menschen besucht, davon 2000 am Nachmittag und weitere 2000 am Abend. Geleitet und dirigiert wurde es von Arnie Roth, einem Veteran unter der Videospiel- und Final Fantasy-Konzertleitung. Mit seinem Taktstock kontrollierte er das WDR-Rundfunk-Orchester Köln sowie den Rundfunk-Chor. Des weiteren diente das Konzert auch zur Spendensammlung für das Japanische Rote Kreuz.

Benyamin Nuss

Das Konzert begann mit einer Nuss - Benyamin Nuss, dem Pianisten des Abends. Das Klavier hat seit langer Zeit eine starke Affiliation mit Nobuos Musik, obwohl das Instrument meines Erachtens nach doch eher selten in den für die Spiele komponierten Themen vorkommt. Nichtsdestotrotz lassen sich viele Stücke hervorragend für das Tasteninstrument umsetzen, so dass Benyamin Nuss ganz klar die erste Geige spielte (haha), vor allem in der ersten Hälfte des Konzertes, wo vor allem Stücke älterer Generationen gespielt wurden.
Ich musste schon früh bemerken, dass das Konzert für die absoluten Nobuo-Hypernerds gedacht ist, da meine Lieder-Erkennungsfähigkeit sehr schnell abgehängt wurde. Die Eröffnungsfanfare wurde eigens für das Konzert geschrieben, von daher war ich an der Stelle noch fein raus. Ich konnte auch das klassische Final Fantasy-Thema, welches wundervoll umgesetzt wurde und mir eine kleine Träne in die Augen kullerte, sowie Aeriths Thema heraushören. Ich kann mich auch täuschen, aber ich glaube, dass ganz kurz Laharls Thema von Disgaea reingeschummelt wurde.

Es folgte ein kurzer Einschub, in dem Benyamin Nuss die Bühne verließ und Arnie Roth gefragt wurde, welcher FF-Charakter er gerne sein würde. Es gibt natürlich nur eine richtige Antwort: ein Chocobo.
Es wurde ein bisschen von den schwierigen Anfängen der FF-Serie und deren Namensgebung erzählt (Final Fantasy war das absolute make-or-break-Projekt vom damaligen Squaresoft). Ich finde es ein bisschen schade, dass Hironobu Sakaguchi mit keinem Wort erwähnt wurde, aber naja. Es war ja nicht sein Abend.

Arnie Roth

Weiter ging es auf halbobskure Weise, bei der zum ersten Mal der Chor auftrat: bei den Themen von King's Knight, einem Spiel von grauer Vorzeit, eröffneten die Sänger und Sängerinnen mit Kazoos, was vollkommen schräg aber passend klang. Danach wurde Chrono Trigger-Musik angekündigt, worauf ich mich sehr freute. Die Freude verging ein wenig, weil bei der Auswahl von großartigen Liedern gerade die Dungeon-Mucke Silent Light herausgepickt wurde. Da das Stück allein für den Chor arrangiert wurde, machte die Entscheidung zwar irgendwie Sinn, aber ich hätte mir doch irgendwie lieber Frog's Theme, das World Theme von 600AD oder End of Time gewünscht. Seufz.
Als letztes Stück vor der Pause blieb noch Fleeting Dream aus Final Fantasy X übrig. Man sage über das Spiel, was man will, aber es hat gute Musik. TO ZANARKAND!

Die zweite Hälfte des Konzerts war ein wenig übersichtlicher: Sie begann mit dem Lied Spread Your Wings aus dem 2012 in Europa erscheinenden The Last Story. Interessanterweise wurden Nobuos erste Konzepte eines Soundtracks für dieses Spiel abgelehnt, allerdings scheint ja nach mehreren Versuchen doch alles prima geklappt zu haben. Es folgte ein Thema aus Final Fantasy XIV, welches ich leider überhaupt nicht zuordnen konnte. Den Abschluss vor dem Finale des Abends machte Blue Dragons Waterside, welches angeblich auch in Uematsus Badezimmer laufen soll.

Der Meister selbst! Und zur Linken sein Scherge.

Und dann bin ich explodiert, weil ein zwanzigminütiges Arrangement von Lost Odyssey-Musik stattfand. HURRRRRRDURRRRRRRHURDURHURHURRRRRRRRR. Lost Odyssey ist gut, hurdurhur. Leider habe ich das Weltreise-Thema vermisst. Hrmpf.

Und natürlich gab es dann noch Zugaben, zwei an der Zahl: das Final Fantasy X Ending Theme und - es geht nicht ohne - das Final Fantasy VII Battle Theme in einer stark an Advent Children angelehnten Version mit kleinen Schlenkern zu One-Winged Angel.

Ich fand das Konzert letzten Endes nicht so bombastisch wie Events im Maßstab der Video Games Live (vor allem weil ich wohl gerade so die Hälfte der vertretenen Spiele gezockt habe, und weniger als ein Viertel mit solcher Sucht, dass ich die Themen auch wiedererkannt hätte), allerdings wäre ich doch gerne genug da gewesen, da das Erleben eines Videospielekonzerts noch einmal auf einem ganz anderen Blatt steht als das Mitverfolgen über Lautsprecher. Rian

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