Nintendos gute Pressekonferenzen sind sehr leicht von Nintendos schlechten Pressekonferenzen zu unterscheiden: wenn sie mit einer Homage an Mario, Zelda oder einen anderen In-house-Titel beginnen, ist es eine gute Pressekonferenz - ansonsten nicht. Glücklicherweise begann Nintendos PK der diesjährigen E3 mit einem orchestralen Arrangement von Zeldaliedern, also ließ sich, zusammen mit der erwarteten Ankunft der neuen Spielekonsole, bisher nur inoffiziell bekannt unter dem Namen Project Café, nur Gutes erhoffen.

Wir wussten es zwar schon vorher, aber das Wichtigste zuerst: der eShop ist endlich online. Also endlich mit dem 3DS online gehen und Sachen kaufen! Und in der folgenden Woche kommen dann auch noch Browser und Virtual Console, super!
Ich erspare euch dann erst mal das ganze Zelda-Yadda-Yadda, welches (zugegeben rührend) von Miyamoto und seinem nerd-korrekten White Noise-Hemd hervorgebracht wurde, sondern gehe gleich zu den harten Zeldafakten über, denn dieses Jahr gibt es, während man sonst immer am totalen Link-Hungertuch nagen muss, gleich vier Titel:
Link's Awakening, der alte Game Boy-Titel, wird im eShop käuflich sein.
Ocarina of Time 3D kommt nächste Woche für den 3DS (keine Überraschung).
Four Swords, das Vier-Spieler-Zelda voller Neid und passiver sowie aktiver Gewalt um den größten Rupien-Score, releast im September für DSi und, haltet euch fest: es ist gratis!
Und natürlich kommt Skyward Sword um Weihnachten herum für den Wii, zuzüglich einer goldenen Wiimote als Bonus.

Wenn das noch nicht an Zelda-Zeug reicht, dann gibt es auch noch zwei neue Musik-CDs und außerdem tourt die Legend of Zelda 25th Anniversary Symphony orchestral über den ganzen Globus im Herbst, also haltet bloß die Augen auf nach einem Deutschlandtermin, denn die Karten dafür werden innerhalb von Minuten vergriffen sein.

Nachdem sich die ersten paar Japaner dankend vor den Zelda-Fans verbeugt haben, betritt Nintendo-Chef Iwata die Bühne. Ich hatte ja die Vermutung, dass es endlich Neuigkeiten zum heißersehnten Vitality Sensor gibt, aber wurde leider enttäuscht. Vielleicht auf der Gamescom?
Jedenfalls macht Iwata die gesamte Zuschauerschaft mit ein paar vorgelegten Phrasen, wie dem Zusammenführen von Casual- und Core-Spielern und dem Auflösen von mentalen Grenzen zwischen Spielergruppen, richtig heiß auf die neue Konsole, gibt den zweifach aufrecht sitzenden Anwesenden aber die kalte Dusche und zögert die Ankündigung noch heraus. Fuckin' tease!

Unser guter Freund Reggie-Kong betritt die Bühne und sagt etwas, was bei Nintendo (und insgeheim vielen anderen Publishern) schon seit langer Zeit Firmenpolitik ist, aber ich nicht gedacht hätte, dass jemand aus der Industrie tatsächlich den Mumm aufbringt, es auszusprechen, denn Reggie adressiert die gesammelte Spielerschaft mit den Worten: "You want, what you always wanted, but also something new."
Das ist so wahr und erinnert mich an den schönen Scheibenwelt-Roman "Die Volle Wahrheit", wo der Patrizier nur meinte, dass die Leute in der Zeitung eigentlich keine Neuigkeiten lesen wollen, sondern nur neue Altigkeiten.
Wie dem auch sei, 3DS-Titel!

Mario Kart: Es ist Mario Kart. Es hat Paraglider, um durch die Luft zu schweben, Amphibienfahrzeuge für Unterwasser, einen Karts-Editor, bei dem man Teile der Gefährte ersetzen kann, wird lustigerweise mit Musik unterlegt, die von Sonic-Komponist Jun Senoue hätte geklaut sein können, und kommt gegen Weihnachten raus.
Star Fox: die Flugzeuge lassen sich mit Schwenkungen des 3DS steuern, die Kamera der Konsole arbeitet Gesichter und Stimmen direkt ins Spiel ein, man kann Barrel Rolls machen und es kommt im September.
Super Mario: orientiert sich etwas mehr an Galaxy und 64, man spielt aber trotzdem noch recht viel in Seitenansicht. Was mich ein bisschen gestört hat, ist die relativ minderbemittelte Grafik, viele Landschaften sind recht leer und die Texturen sind so gut wie nicht vorhanden. Hat mehr N64-Niveau, dafür ist aber der Waschbär-Anzug wieder zurück!
Kid Icarus Uprising: das Spiel sieht immer noch verdammt gut aus, sei es Rail-mäßig in der Luft oder action-häckselig am Boden, aber jetzt hat das Spiel auch noch einen kampflastigen 3 vs 3-Multiplayer bekommen! Und mit Augmented Reality lassen sich Trading Cards sammeln, die man dann gegeneinander antreten lassen kann. Ich sag euch, der 3DS wird in zwei Jahren mit Tradings Cards das meiste Geld verdienen.
Luigi's Mansion 2: Damit habe ich jetzt mal überhaupt nicht gerechnet. Das Spiel sieht ganz lustig aus, aber ich glaube wirklich, dass es nur entwickelt wurde, weil den Nintendo-Leuten Luigi Leid tut.

Reggie kommt noch mal auf die Bühne und labert über den eShop. Nette Sache: dort heruntergeladene Trailer sind natürlich auch in 3D, also ist das so ziemlich die einzige Zugangsstelle, um ordentliche Trailer für 3DS-Spiele herunterzuladen. Virtual Console wurde zwar schon angekündigt, aber Wiederholung macht anschaulich - es kommen Game Boy- und Game Boy Color-Spiele heraus und für eine kurze Zeit wird es 3D Classics Excitebike gratis zum Herunterladen geben. Naja. Gibt genug Flash-Excitebike.
Aber für Pokénerds ist die Ankündigung des Pokédex 3D natürlich unglaublich wichtig, der sich ausschließlich über den eShop herunterladen lässt und insofern funktioniert, dass... keine Ahnung. Kam nicht wirklich zur Geltung. Aber man soll Karten sammeln und so'n Kram!

Aber kommen wir zum Kern der Sache und weshalb wir alle hier sind: die neue Konsole. Und sie heißt: Wii-U. Das klingt ausgesprochen ungefähr so.

Und aussehen tut sie so:


Wie der Wii vor ihr wird sich die Wii-U auch durch ihren Controller auszeichnen, in diesem Fall sieht er aus wie ein selbstgebauter Handheld-Dreamcast:


Der Trick bei dem Gerät mit dem 6.2 Zoll großen Touch-Bildschirm in der Mitte ist nun aber, dass man bei eingeschalteter Konsole den Spielebildschirm vom TV auf den Controller übertragen kann. Bedeutet: man kann überall in der verfickten Wohnung zocken und muss nicht im Wohnzimmer bleiben, wenn Tanten und Onkel zu Besuch kommen und unablässig darüber reden, wie groß ihre Furunkel seit letztem Jahr geworden sind.
Das bedeutet aber nicht, dass der Wii-U für sich selbst eine portable Konsole ist, sondern wir haben es hier fast ausschließlich mit einer gewieften Streaming-Technologie zutun, mit der man z.B. auch Filme zwischen "Tablet" und Konsole nahtlos hin- und herschieben kann, wobei man sich des Controllers etwa auch zum komfortableren Browsen des Internets bedienen sollte. Stellt euch einfach vor, ihr hättet ein iPad mit Knöpfen und Sticks dran und könntet damit eure Konsole bedienen - das ist eigentlich gar kein so übler Gedanke.

Natürlich hat das Konzept, das wie so oft von Segas vorausschauender Konsolentechnologie abgekupfert wurde, auch gameplaytechnische Vorteile: man kann den zweiten Bildschirm benutzen, um damit quasi als Rahmen auf den Bildschirm zu zielen (der Controller soll dabei leicht genug sein, dass einem nicht die Arme lahm werden), man kann auf dem separaten Bildschirm geheime Sachen machen, um seine Mitspieler im Dunkeln über seine Strategien im Dunkeln zu lassen, oder man kann den kleinen Bildschirm als Minimap missbrauchen. Natürlich ist die Wii-U auch abwärtskompatibel zu allen Spielen und aller Peripherie der Wii, also könnt ihr die alte Nintendokonsole kurz vor Weihnachten verkaufen und dann schön auf die neue Konsole 2012 warten. Ich werde meine Wii jedenfalls baldmöglichst versetzen. Ich frage mich allerdings nur, warum man jetzt eigentlich einen eigenen Controller braucht - kann man nicht einfach den 3DS als Eingabemedium ummodeln? Der müsste das Ganze doch handhaben können. Ach Moment, stimmt ja: ER HAT KEINEN ZWEITEN ANALOGSTICK. HM, KOMISCH, UND DA DACHTE MAN, MAN WÜRDE MIT EINEM ANALOGSTICK PRIMA AUSKOMMEN.

Am Ende kam Robert De Niro John Riccitiello von EA noch auf die Bühne und redete über eine ganze Menge Spiele (Sport und Modern Warfare und so) und lässt damit, wie bei jeder Nintendo-Konsole in den letzten 15 Jahren, die falsche Hoffnung aufkommen, dass es zukünftig ordentlichen 3rd-Party-Support auf Nintendos Hardware geben würde. Rian